Aus der Zeit  > Zusatzinformationen Teil 1

Kriegsverbrechen der Nazis

(aus Wikipedia)

Verbrechen der Wehrmacht

Als Verbrechen der Wehrmacht werden Verbrechen bezeichnet, die Angehörige der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg begangen haben. Zu ihnen gehören Planung und Durchführung von Angriffs- und Vernichtungskrieg, Massenmorde an Zivilisten und als Partisanen Verdächtigten, Misshandlung und Ermordung von Kriegsgefangenen, Besatzungsverbrechen sowie die direkte und indirekte Teilnahme an Völkermorden, darunter dem Holocaust und dem Porajmos. Die Wehrmachtführung erliess verbrecherische Befehle, die gegen Normen des Kriegsvölkerrechts (Genfer Konventionen, Haager Landkriegsordnung und Gepflogenheiten des Krieges) verstiessen.

Die juristische und politische Aufarbeitung dieser Verbrechen ist bis heute nicht abgeschlossen. In NS-Prozessen seit 1945 wurden nur wenige Verbrechen der Wehrmacht verhandelt. Sie wurden in der Bundesrepublik Deutschland lange öffentlich bestritten oder verharmlost, ihre Strafverfolgung verschleppt und behindert. Wie viele einfache Soldaten an ihnen beteiligt waren, die Opferzahlen und die Motive der Täter sind bis heute umstritten.

Verbrechensbereiche
Verbrechen der Wehrmacht verteilen sich auf die Vorbereitung eines Angriffskriegs, der auf Vernichtung zielte, und tödliche Begleiterscheinungen und Folgen der Kriegführung. Ersteres geschah vor allem in Bezug auf Osteuropa, Letzteres geschah in und nach allen Eroberungskriegen der Wehrmacht, zuletzt auch beim Rückzug deutscher Truppen im „Altreich“.

Die Verbrechen erfolgten hauptsächlich in folgenden Bereichen:

  • als Vernichtung grosser Bevölkerungsteile der Feindstaaten durch die Kriegführung
  • als Ausbeutungspolitik der besetzten Länder
  • als mit „Bandenbekämpfung“ (gemeint waren Partisanen) gerechtfertigte Massenmorde an Zivilisten
  • als Zusammenarbeit mit SS-Einsatzgruppen und Militärverwaltungen besetzter Gebiete beim Aufspüren, Ausliefern und Ermorden verfolgter Gruppen, besonders von Juden
  • als mörderische Behandlung von Kriegsgefangenen, besonders durch systematische Unterversorgung von Rotarmisten
  • als Erschiessungen von „Verdächtigen“ durch die Geheime Feldpolizei
  • als sogenannte Endphaseverbrechen, darunter etwa 50.000 standrechtlich vollstreckte Todesurteile gegen eigene Soldaten.

Sie fanden vor allem in den rückwärtigen Gebieten der Ostfront statt, so dass Besatzungsverbände mit etwa 700’000 Soldaten im Herbst 1943 daran häufiger beteiligt waren als Frontverbände mit etwa zwei Millionen Soldaten. Einheiten wie die Geheime Feldpolizei oder das so genannte Jagdkommando waren durch ihr Aufgabengebiet erheblich stärker an den Verbrechen beteiligt als die restlichen Soldaten ihrer Divisionen.

Struktur und Rolle der Wehrmacht vor Kriegsbeginn

Die Wehrmacht war 1935 aus der Reichswehr hervorgegangen, deren Offizierskorps auch in der Weimarer Zeit grossenteils die konservativen und reaktionären Traditionen des Kaiserreichs fortgesetzt und bewahrt hatte.

Diese Wandlung vollzog sich in mehreren Schritten: Voraussetzung war die Zustimmung zur Wiederaufrüstung ab Herbst 1933, danach folgte die Aufnahme vieler ehemaliger SA- und Polizeiangehöriger nach dem Röhm-Putsch (der indirekt auch auf Betreiben der Wehrmacht ausgeführt wurde, da sie die SA als so genanntes „Volksheer“ und unliebsamen Konkurrenten sah). Neu war sodann der Führereid 1934 sowie die Einführung der Wehrpflicht und Neubildung von Oberkommandos für alle Teilbereiche 1935. So gab die Militärführung die Theorie der zwei Machtsäulen von Partei und Militär schrittweise auf und wurde überwiegend zur Armee des Dritten Reiches ausgebaut.

Im Januar 1938 stürzten der Reichswehrminister Werner von Blomberg und der Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst Werner von Fritsch, über Homosexuellen-Vorwürfe (Fritsch) und Intrigen der SS. Dies öffnete Hitler den Weg, sich selbst als Oberbefehlshaber einzusetzen und NS-treue Generäle in leitenden Dienststellungen einzuführen (Keitel und Jodl). Als Führungsorgan trat das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) an die Stelle des Reichswehrministeriums. Nachdem Hitler das OKW einrichtete und übernahm, war die Wehrmacht eine der tragenden Machtsäulen des NS-Regimes, mit dessen Interessen sie ideologisch und politisch weitgehend übereinstimmte. Mit rund 18 Millionen Angehörigen während des Krieges wurde die Wehrmacht auch militärisches Instrument für die nationalsozialistische Eroberungs- und Vernichtungspolitik.

Aufgrund der Aufarbeitung umfangreicher Dokumente der Wehrmacht ist es unbestreitbar, dass das Heer auch aktiv an Vernichtungsaktionen teilnahm und die Wehrmacht durch aktives Handeln oder Unterlassen an Verbrechen beteiligt war. Besonders die Oberkommandos, aber auch mittlere Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften waren an Massenverbrechen in den besetzten Gebieten beteiligt.

Die Generalität

Ein relativer Konsens besteht über die politische Mitverantwortung der Wehrmachtführung für viele NS-Verbrechen in den von deutschem Militär besetzten und verwalteten Gebieten. Die Kriegsverbrechen der Wehrmacht waren häufig Teil der spezifisch nationalsozialistischen Gewaltverbrechen und ermöglichten diese zum Teil erst in dem ausgeführten Umfang. Sie lassen sich daher historisch nicht klar von den grossangelegten Deportations-, Vertreibungs- und Ausrottungsvorhaben des NS-Regimes trennen. Mitwissen, Zustimmung oder offene beziehungsweise stillschweigende Duldung des Grossteils der Generalität hinsichtlich der Planung und Ausführung der Verbrechen kann als erwiesen gelten. Dies wird durch etliche Befehle und Anweisungen von OKW, einzelnen Generälen und untergeordneten Befehlsstellen deutlich.

Hitler und die Wehrmachtführung bezogen wesentliche Impulse aus der Schrift Erich Ludendorffs „Der totale Krieg von 1934“. In dieser wurde eine optimale Mobilisierung der Gewaltbereitschaft und eine Einheit zwischen ziviler Gesellschaft und militärischer Organisation eingefordert. Wesentliche Elemente nationalsozialistischer Gedanken wurden von Ludendorff vorformuliert. Und obwohl Ludendorff damit Hitler eines der nachhaltigsten Stichwörter der NS-Ideologie geliefert hat, wich dessen Militärstrategie im totalen Krieg doch inhaltlich deutlich von den Überlegungen Ludendorffs ab. Anders als Ludendorff, der basierend auf der Dolchstosslegende dem Militär sämtliche Verfügungsgewalt überlassen wollte, sah Hitler den Krieg als genuin politisch an; dadurch gewann der Krieg an Grausamkeit, die weder der Ideologie Ludendorffs noch seines geistigen Antipoden Clausewitz, dessen Werk Ludendorff als überholt betrachtete, unterlag.

Schon vor Ausbruch des Krieges wurde die Armee durch Erlasse der Führung auf einheitliche ideologische Linie mit dem NS-Staat eingeschworen. Generaloberst Werner von Fritsch, Oberbefehlshaber des Heeres bis 1937, erwartete gemäss Erlass vom 25. April 1936 besonders vom Offizier,

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„… dass er den Anschauungen des 3. Reiches gemäss handelt, auch wenn solche Anschauungen nicht in gesetzlichen Bestimmungen, Verordnungen oder dienstlichen Befehlen festgelegt sind“.

Der Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber des Heeres ab 1938 Walther von Brauchitsch betonte Ende 1938 in einem Erlass über die Erziehung des Offizierskorps:

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„Wehrmacht und Nationalsozialismus sind desselben geistigen Stammes. Sie werden weiter Grosses für die Nation leisten, wenn sie dem Vorbild und der Lehre des Führers folgen, der in seiner Person den echten Soldaten und Nationalsozialisten verkörpert“.

OKW und OKH-Dokumente belegen eindeutig, dass die Entwürfe für den Gerichtsbarkeitserlass Barbarossa und den Kommissarbefehl im Verantwortungsbereich des OKW (Halder, Müller, Jodl, Warlimont u. a.) und der Wehrmacht vorgedacht und ausgearbeitet wurden.

Etliche andere Befehle der Führung forderten von der Truppe ein extrem hartes und teilweise völkerrechtswidriges Vorgehen. Beispiele hierfür sind der Befehl Keitels vom 16. September 1942, ein Befehl des Befehlshabers der Panzergruppe 4, Erich Hoepner, vom Mai 1941 oder Generalfeldmarschall von Mansteins vom 20. November 1941.

Verbrecherische Befehle

Kommissarbefehl
Am 30. März 1941 wies Hitler auf einer Konferenz zur Vorbereitung des „Russlandkrieges“ (Unternehmen Barbarossa) die anwesenden Generäle an, die sowjetischen „Kommissare“ (Parteifunktionäre) nach Kriegsbeginn zu töten. Dieser Absicht folgend formulierten das OKW und die Rechtsabteilung des Oberkommandos des Heeres (OKH) entsprechende Befehle.

Der Kommissarbefehl des OKW vom 6. Juni 1941 befahl, „politische Kommissare jeder Art und Stellung“ – zivile sowjetische Parteifunktionäre und Führungsoffiziere in der Roten Armee – schon wegen des blossen Verdachts von Widerstand oder Sabotage sofort auf dem Gefechtsfeld oder nach Gefangennahme hinzurichten:

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„Diese Kommissare werden nicht als Soldaten anerkannt; der für Kriegsgefangene völkerrechtliche Schutz findet auf sie keine Anwendung“.

General Walter Warlimont, der die Ausführungsrichtlinien des Befehls im Auftrag des OKW unterzeichnete, bekräftigte, dass hier „eine Schonung und völkerrechtliche Rücksichtnahme“ falsch sei: „Sie sind daher, wenn im Kampf oder Widerstand ergriffen, grundsätzlich sofort mit der Waffe zu erledigen“. Auch Generalleutnant Hermann Reinecke übernahm den Befehl für die ihm unterstehende Abteilung Kriegsgefangene im OKW mit einem Grundsatzbefehl vom 8. September 1941 dahingehend, dass der „Waffengebrauch gegenüber sowjetischen Kriegsgefangenen in der Regel als rechtmässig gilt“.

Dahinter stand auch die antisemitische Wahnidee, dass es sich bei sowjetischen Parteifunktionären mehrheitlich um Juden handele und diese die Führungspositionen in der Roten Armee innehätten. „Kommissar“ und „Jude“ wurden somit in der Praxis häufig gleichgesetzt. Bis Juli 1941 gab es dort jedoch nur niedere Ränge, sogenannte Politruks (Politarbeiter, Agitatoren). Nach Bekanntwerden des Befehls entfernten zudem viele sowjetische Führungsoffiziere ihre Abzeichen von den Uniformen und waren dann nicht mehr von einfachen Soldaten unterscheidbar.

Der Kommissarbefehl wurde den drei Wehrmachtteilen und den Oberbefehlshabern aller Armeen und Luftflotten schriftlich, von dort aus den meisten rangniederen Einheiten mündlich weitergegeben. Er stiess zwar in einigen Truppenteilen auf Widerspruch, wurde jedoch laut Aktenlage von bis zu 80 Prozent der deutschen Divisionen vollstreckt. Im Ergebnis führten deutsche Fronttruppen laut Aktenbelegen 4’000 Exekutionen durch, die Gesamtopferzahl könnte aber auch im fünfstelligen Bereich liegen. Im Mai 1942 hob Hitler den Kommissarbefehl nach einer Bitte des OKH zur Überprüfung versuchsweise auf, um den feindlichen Widerstand aufzuweichen und eingeschlossene sowjetische Truppen eher zur Kapitulation zu bewegen. Danach wurde der Befehl nicht erneuert, jedoch für Juden unter den Rotarmisten bis zum Kriegsende weiter vollzogen.

Kriegsgerichtsbarkeitserlass

Am 14. Mai 1941 erliess das OKW den von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel unterzeichneten Kriegsgerichtsbarkeitserlass. Dieser sah vor,

  • Straftaten feindlicher Zivilpersonen der Zuständigkeit der Kriegsgerichte und Standgerichte „bis auf weiteres“ zu entziehen,
  • Freischärler „durch die Truppe im Kampf oder auf der Flucht schonungslos zu erledigen“,
  • auch „alle anderen Angriffe feindlicher Zivilpersonen […] auf der Stelle mit den äussersten Mitteln bis zur Vernichtung des Angreifers niederzumachen“.

Gemeint war, als Herkunft von Partisanen verdächtige Orte kollektiv zu bestrafen, etwa durch Niederbrennen, Töten und Deportieren der Einwohner. Ausdrücklich verboten wurde, „verdächtige Täter zu verwahren, um sie […] an die Gerichte weiterzugeben“. Damit entzog der Erlass als Partisanen verdächtigten Zivilisten von vornherein jeden Rechtsschutz und erlaubte beziehungsweise befahl den Truppeneinheiten Lynchjustiz und Kollektivgewalt an der sowjetischen Zivilbevölkerung. Zugleich entzog er den Militärgerichten die gesetzliche Pflicht zur Strafverfolgung der Täter ausser bei exzessiven Vergewaltigungen.

Sühnebefehl
Mit dem Sühnebefehl vom 16. September 1941 erging vom OKW die Weisung an die Truppe, für jeden aus dem Hinterhalt getöteten Soldaten 50 bis 100 Zivilpersonen zu töten. Zu diesem Zweck wurden vorsorglich Zivilisten (vorrangig Kommunisten, Juden und Zigeuner) als Geiseln interniert.

Nacht- und Nebelerlass
Mit dem Nacht- und Nebelerlass vom 7. Dezember 1941 gab das OKW die geheime Anweisung, des Widerstands verdächtigte Personen aus Frankreich, Belgien, Holland und Norwegen bei Nacht und Nebel ohne Militärgerichtsverfahren nach Deutschland an einen geheimen Ort zu verschleppen. Davon versprach sich die Wehrmachtsführung einen grösseren Abschreckungseffekt.

Kommandobefehl
Mit dem Kommandobefehl vom 18. Oktober 1942 erging über das OKW die Weisung als Geheime Kommandosache an die Truppe, Angehörigen alliierter Kommandoeinheiten sei jeder Pardon zu verweigern. Sollte die Wehrmacht lebende Gefangene erhalten, wären sie zur Liquidierung an den Chef der Sicherheitspolizei und des SD zu übergeben.

Kugel-Erlass
Mit dem Kugel-Erlass des OKW vom März 1944 erging ein Geheimbefehl mit der Weisung, wiedergefangene Offiziere und höhere Unteroffiziere nach ihren Fluchtversuchen an den Chef der Sicherheitspolizei und des SD zu übergeben. Diese Kriegsgefangenen kamen dann in das KZ Mauthausen, wo sie systematisch ermordet wurden.

Zahlen
Täter
Die Anteile einfacher Wehrmachtsoldaten im Ostheer an den Verbrechen sind ebenso wie die Kriterien für ihre Beteiligung umstritten. Schätzungen reichen von unter fünf Prozent bis zu achtzig Prozent.

Juristisch wurden 0,05 Prozent der Wehrmachtssoldaten von deutschen und alliierten Gerichten wegen Kriegsverbrechen oder Beteiligung am Holocaust verurteilt. In diese Zahl eingeschlossen sind auch die Massenurteile der sowjetischen Gerichtsbarkeit aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, von denen die meisten Anfang der 1990er Jahre von der Militärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation als unbegründet aufgehoben wurden.

Opfer
Der Kommissarbefehl führte zu einigen Tausend Todesopfern. Der Befehl zur Auslieferung von jüdischen und politischen Kriegsgefangenen an den SD führte zu nachgewiesenen 140’000 Opfern. Schätzungen veranschlagen jedoch bis zu 600’000 Opfer.

Über die Anzahl der Partisanen und der gegen sie eingesetzten deutschen Truppen, die Verluste auf beiden Seiten sowie die Opfer unter der Zivilbevölkerung kann, nicht nur für die östlichen Kriegsschauplätze, wegen erheblicher Quellenprobleme kaum etwas Präzises ausgesagt werden. Meist handelt es sich um verschiedene, stark voneinander abweichende Schätzungen.

Insgesamt starben nach einer Schätzung von Christian Streit 3,3 Millionen sowjetische Kriegsgefangene, das sind 57 Prozent aller in deutsche Kriegsgefangenschaft geratenen Rotarmisten. Nach Angaben von David J. Dallin verstarben sogar 3,7 Millionen bzw. 63 %. Zwei Millionen waren bereits vor dem Frühjahr 1942 tot, weil sie nicht schonend behandelt werden sollten und ihre Aufnahme in Lagern mangelhaft oder gar nicht vorbereitet worden war. Das Massensterben ging zurück, als man die Kriegsgefangenen der Sowjets als Arbeitskraft benötigte, aber erst ab Juli 1944 wurden sie wie westliche Gefangene versorgt. Nach der Quellenlage lässt sich die Frage, wie „Absicht oder Notstand“ zusammenwirkten, zwar nicht abschliessend, aber dahingehend beantworten, dass sich ein erheblicher Teil der Truppenführer die ideologischen Vorgaben der politischen Führung zu eigen gemacht hatte. Bei englischen und amerikanischen Kriegsgefangenen betrug die Todesrate etwa 3,5 Prozent.

Polen

Adolf Hitler machte den Heeresgruppenführern und Armeeführern auf dem Obersalzberg am 26. August 1939 klar, dass ein militärischer Sieg im vorbereiteten Überfall auf Polen nicht ausreiche. Vielmehr komme es „auf die Beseitigung der lebendigen Kräfte“ an, um das zu erobernde Gebiet für das deutsche „Volk ohne Raum“ zu sichern. Dazu vereinbarten Reinhard Heydrich und Eduard Wagner, Generalquartiermeister des Heeres, schriftlich, dass „rückwärts der fechtenden Truppe“ sogenannte Einsatzgruppen aus SS, Sicherheitspolizei und SD die „Bekämpfung aller reichs- und deutschfeindlichen Elemente“ wahrnehmen sollten. Aus dem Vorgehen im Reich war bekannt, dass darunter vor allem Juden und Kommunisten zu verstehen waren. Die Wehrmachtführung trat ihre nach der Haager Landkriegsordnung gegebene Verantwortung für die besetzten Gebiete und deren Zivilbevölkerung also an die Kräfte ab, die bereits im Reich mit den rassenpolitischen Säuberungen beschäftigt waren.

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091_02/Vom Infanterieregiment 15 (mot.) erschossene polnische Kriegsgefangene in Ciepielów (9. September 1939)

Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) und des Heeres (OKH) vertraten die Notwendigkeit dieser Vereinbarung aktiv gegenüber dem Offizierskorps. Walther von Brauchitsch bot Himmler Unterstützung bei ihrer Erklärung an; einzelne Generale wie Walter von Reichenau, Erich von Manstein und andere waren für die propagandistische Indoktrination der Truppenkommandeure zuständig. Diese und die unmittelbar Ausführenden blieben nach geltendem Recht jedoch verantwortlich für ihre Taten. Das Militärstrafgesetzbuch

(MStGB), die Kriegsstrafverfahrensordnung (KStVO) und die Kriegssonderstrafrechtsverordnung (KSSVO) bedrohten Vergehen gegen die „Manneszucht“, das heisst insbesondere Plünderung und Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung, mit Festungshaft oder Todesstrafe. Allerdings setzten der Kriegsgerichtsbarkeitserlass und andere Verordnungen diese Gesetze faktisch ausser Kraft.

Angeknüpft wurde an eine traditionelle, am „Kriegszweck“ orientierten Abwertung des Kriegsvölkerrechts. Der Oberbefehlshaber des Heeres, Walther von Brauchitsch, verfügte am 12. September 1939 mit einer „Verordnung über Waffenbesitz“, dass die Gebiete westlich von San, Mittellauf Weichsel und nördlich des Narew nicht mehr als Kampfgebiet anzusehen seien. Tausende versprengter polnischer Soldaten, die sich noch in diesen Gebieten aufhielten und als Kombattanten mit dem Recht zu kämpfen bzw. Waffen zu tragen hätten angesehen werden müssen, wurden dadurch zu Freischärlern, Räubern und Banditen erklärt. Damit wurden Massaker wie die Erschiessung Hunderter solcher polnischen Soldaten am 8. September im Wald bei Ciepielów legitimiert.

Gemäss der vereinbarten Aufgabenteilung sorgte die Wehrmacht für Unterkünfte, Versorgung und Kraftfahrzeuge der Einsatzgruppen, die in und nach dem Polenfeldzug bis Ende 1939 etwa 60’000 polnische Intellektuelle, darunter 7’000 Juden, ermordeten. Die Wehrmachtführung blieb in diese letalen Tätigkeiten eingebunden. Mehr als 3’000 polnische Soldaten wurden abseits der Kampfhandlungen von deutschen Soldaten ermordet. Zwischen dem 1. September und dem 25. Oktober 1939 wurden über 16’000 Zivilisten hingerichtet. Es ist davon auszugehen, dass zumindest während des deutschen Einmarsches mehr als die Hälfte der Opfer auf das Konto der Wehrmacht gingen. Historiker wie Gerd R. Ueberschär kommen daher zu dem Ergebnis: „Die Wehrmacht war bereits in Polen erheblich in die NS-Verbrechen verstrickt“. Bis Februar 1940 erhoben Vertreter der Heeresführung wie Generaloberst Johannes Blaskowitz bei Brauchitsch zwar Vorwürfe gegen das Vorgehen von Polizei- und SS-Verbänden, fanden dort aber kein Gehör mehr. Mit seinem Befehl „Heer und SS“ vom 7. Februar 1940 betonte Brauchitsch vielmehr die Notwendigkeit der von Hitler „für die Sicherung des deutschen Lebensraumes“ angeordneten „Lösung volkspolitischer Aufgaben“, die „zwangsläufig“ zu sonst ungewöhnlichen, harten Massnahmen gegen die polnische Bevölkerung geführt habe.

Durch den geheimen Gnadenerlass nach dem Polenfeldzug wurden deutsche Straftaten auf polnischem Gebiet am 4. Oktober 1939 amnestiert.

Tschechoslowakei

Nach dem Münchner Abkommen wurde durch die Zerschlagung der Rest-Tschechei der Tschechische Landesteil der Tschechoslowakei völkerrechtswidrig durch die Wehrmacht besetzt. Nach dieser Annexion wurde das unter deutscher Verwaltung stehende Reichsprotektorat Böhmen und Mähren errichtet. Aus dem slowakischen Landesteil wurde der Slowakische Staat, ein vom Deutschen Reich kontrollierter Satellitenstaat. Mit diesem Vorgehen brach Adolf Hitler sein Versprechen, nach der Angliederung des Sudetenlandes keine weiteren Gebietsansprüche an die Tschechoslowakei zu stellen. Aufgrund der nach der Annexion geschaffenen Deutschen Gerichtsbarkeit war die Rechtsgrundlage für die Verfolgung von Minderheiten und Andersdenkenden geschaffen.

Sowjetunion

Einen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion hatte Hitler seit 1924 öfter angekündigt. Er begründete ihn in seiner Programmschrift Mein Kampf (1925) mit zwei angeblich unumgänglichen Zielen: der Eroberung von „Lebensraum im Osten“ und der Zerschlagung des „Bolschewismus“, also des sowjetischen Staats- und Gesellschaftssystems bzw. des „jüdischen Bolschewismus“, dessen Vertreter in der NS-Propaganda mit dem „Weltjudentum“ als Hauptfeind der „arischen Rasse“ gleichgesetzt wurden.

In einem Vortrag am 30. März 1941 bezeichnete er den kommenden Russlandkrieg vor etwa 250 Generälen der Wehrmacht als „Kampf zweier Weltanschauungen“ und verlangte, „von dem Standpunkt des soldatischen Kameradentums abzurücken“.

Bereits vor den ersten Kampfhandlungen und der Verabschiedung völkerrechtswidriger Befehle skizzierte Generaloberst Georg von Küchler am 25. April 1941 vor Divisionskommandeuren Prämissen für den Krieg gegen die Sowjetunion. Zunächst führte er vor den Anwesenden aus, dass die bestätigten Planungen für den Angriff auf die Sowjetunion sowie die besprochenen Details der Durchführung der Geheimhaltung unterlägen. Sodann führte er aus:

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„Sollten die Einwohner (Anm.: Russlands) sich am Kampf gegen uns beteiligen, […], so werden sie als Franc-tireurs behandelt und den entsprechenden harten Strafen zugeführt. […] Die politischen Kommissare und GPU-Leute sind Verbrecher. […] Sie sind kurzerhand vor ein Feldgericht zu stellen“.

In einem weiteren Befehl vom 28. April 1941 verfügte der OBdH Generalfeldmarschall Walther von Brauchitsch „Regelungen für den Einsatz der Sicherheitspolizei und des SD im Verbande des Heeres“. Hier heisst es:

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„Die Sonderkommandos der Sicherheitspolizei und des SD führen ihre Aufgaben in eigener Verantwortlichkeit durch. Sie sind den Armeen hinsichtlich Marsch, Versorgung und Unterbringung unterstellt. […] Für die zentrale Steuerung dieser Kommandos wird im Bereich jeder Armee ein Beauftragter des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD eingesetzt+.

Das OKW plante das „Unternehmen Barbarossa“ als weiteren Blitzkrieg. Um einer nun aufgrund der seit September 1939 andauernden Kriegführung drohenden Unterversorgung mit Lebensmitteln entgegenzuwirken, wollte man ab dem Kriegsjahr 1941/42 alle deutschen Truppen und Teile der deutschen Zivilbevölkerung während der gesamten weiteren Kriegsdauer auf Kosten der Einheimischen aus den eroberten sowjetischen Gebieten ernähren. Dazu beschloss das Wirtschaftsrüstungsamt des OKW in einer Besprechung von General Georg Thomas mit den Staatssekretären der kriegswirtschaftlich bedeutsamen Ressorts am 2. Mai 1941:

1.

Der Krieg ist nur weiter zu führen, wenn die gesamte Wehrmacht im 3. Kriegsjahr aus Russland ernährt wird.

2.

Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Land herausgeholt wird.

3.

Am wichtigsten ist die Bergung und Abtransport von Ölsaaten, dann erst Getreide. Das vorhandene Fett und Fleisch wird voraussichtlich die Truppe verbrauchen“.

Auf der Basis dieses Hungerplans begrenzte das OKW die Lebensmittelvorräte des deutschen Heeres für den Russlandfeldzug auf wenige Wochen. Für die weitere Versorgung sollten die fruchtbaren südrussischen Schwarzerdegebiete vom Norden abgeriegelt und alle Lebensmitteltransporte dorthin unterbunden werden. Damit wurde der Tod zahlloser Russen, Ukrainer und Weissrussen von vornherein in Kauf genommen. Im Kriegsverlauf gab das OKW bestimmte sowjetische Landstriche zur Plünderung frei, darunter Charkow, Städte im Donezbecken, auf der Krim und vor Leningrad. Schon im Winter 1941/42 setzte in vielen grösseren Städten ein Massensterben ein. In der Folge „starben die schwächsten der Stadteinwohner, also Kinder, Alte und Personen ohne Familienanhang, monatlich zu Zehntausenden“. Erst durch die Verschleppung vieler Einwohner als Zwangsarbeiter besserte sich die Lage im Folgewinter etwas.

Partisanenbekämpfung

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091_03/Hinrichtung gefangener sowjetischer Partisanen, Januar 1943
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091_04/Deutsche Soldaten erschiessen im September 1941 in der Sowjetunion als Partisanen bezeichnete Männer (Aufnahme einer Propagandakompanie)

Ab 1942 wurde der Widerstand sowjetischer Partisanen im rückwärtigen Raum für die Wehrmacht zunehmend zu einer ernsthaften Bedrohung, welche sie vor dem Krieg in den Planungen nicht beachtet und lange unterschätzt hatte. Der Kampf zwischen Wehrmacht und Partisanen wurde ab 1942 von beiden Seiten mit unerbittlicher Härte und verbrecherischen Handlungen gegen den Gegner sowie die Zivilbevölkerung geführt.

Am 14. Mai 1941 erliess das OKW den von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel unterzeichneten Kriegsgerichtsbarkeitserlass. Dieser sah unter anderem vor, Partisanen „durch die Truppe im Kampf oder auf der Flucht schonungslos zu erledigen“, auch „alle anderen Angriffe feindlicher Zivilpersonen […] auf der Stelle mit den äussersten Mitteln bis zur Vernichtung des Angreifers niederzumachen“.

Einen eindeutigen rechtlichen Status für Partisanen kannte das damalige Völkerrecht nicht, so dass diese nur bei Tragen eines bleibenden und von weitem erkennbaren Zeichens, dem offenen Tragen der Waffen, der Beachtung der Gesetze und Gebräuche des Krieges und Existenz eines verantwortlichen Anführers als Kriegsgefangene galten. Zudem war die Hinrichtung gefangener irregulärer Kämpfer vom damals geltenden Kriegsrecht (Haager Landkriegsordnung von 1907) unter gewissen Umständen gestattet. Zumindest die ersten beiden Punkte sowie Punkt vier trafen auf viele der sowjetischen Partisanen häufig nicht zu. Wie selbst die französische Anklage und amerikanische Richter in Nürnberg urteilten, stellte allein die Erschiessung gefangener Partisanen – selbst ohne Gerichtsverfahren – noch kein Kriegsverbrechen dar. Auch seien Geiselerschiessungen und Repressalien im „angemessenen Rahmen“ nach damaligem Kriegsrecht nicht generell verboten, allerdings auch nicht ausdrücklich erlaubt, gewesen.

Allerdings gehörte zu den notwendigen rechtlichen Voraussetzungen derartiger Tötungen unter anderem das Verbot, Geiseln ohne richterliches Verfahren, aus Rache oder aus Gründen militärischer Zweckmässigkeit zu töten. Weiter musste verpflichtend nachgewiesen werden, dass die Täter selbst nicht gefasst werden konnten, eine Beteiligung der Bevölkerung an der zu sühnenden Widerstandsaktion gegeben war und dass keine Möglichkeit der Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung durch andere Massnahmen mehr bestand. Vor allem musste die Anzahl der getöteten Geiseln verhältnismässig sein. „Sühnemassnahmen“ und Geiselerschiessungen mit exzessiv festgelegten Quoten, wie 100 getötete Geiseln – unter ihnen auch Frauen und Kinder – auf einen getöteten Deutschen, waren daher eindeutig nicht rechtens und als Kriegsverbrechen einzustufen. Ferner waren erhebliche Verstösse gegen die Menschenrechte, wie etwa besonders grausame Handlungen oder die Tötung von Kindern, eindeutige Kriegsverbrechen. Daher stellten viele Massaker der deutschen Partisanenbekämpfung auch nach damaligem Recht keine Kriegshandlungen, sondern schwere Kriegsverbrechen dar.

Insofern überschritt die Wehrmacht den schon relativ weiten Spielraum der legalen Partisanenbekämpfung sehr häufig in exzessiver und somit verbrecherischer Weise. Es wurden häufig nicht nur Partisanen, sondern auch vorgebliche „Partisanenhelfer“ und „Partisanenverdächtige“ ungeprüft und relativ wahllos liquidiert. Die Partisanenbekämpfung betraf zunehmend mit der Partisanentätigkeit in keinem Zusammenhang stehende Personen, Ortschaften und Bevölkerungsgruppen. Die jüdische Bevölkerung wurde pauschal mit „dem Partisanen“ gleichgesetzt bzw. als dessen Helfer eingestuft und ermordet. Ferner ist anzumerken, dass trotz Josef Stalins Aufruf zum Partisanenkampf vom 3. Juli 1941 selbiger lange nicht in Schwung kam und es sich bei im rückwärtigen Heeresgebiet aufhaltenden Rotarmisten meist um unorganisierte Soldaten handelte, welche sich oft nur aus Angst vor den Deutschen versteckten.

Die deutsche Taktik, auf so genannten „Rollbahnen“ vorzurücken, diese für den Nachschub zu schützen und dabei gleichzeitig weiträumige Landstriche von der Grösse beispielsweise des Saarlands seitlich undurchkämmt liegen zu lassen, führte zu der grotesken Situation, dass es bis Ende 1942, Anfang 1943 immer noch Gebiete gab, die keinen deutschen Soldaten, Polizisten oder Verwaltungsbeamten gesehen hatten.

In Hinsicht auf die „Bekämpfung“ dieser Personen spricht Hannes Heer für den Zeitraum 1941 bis 1942 sogar von einem „Partisanenkampf ohne Partisanen“. Lutz Klinkhammer dagegen wertet den Partisanenkrieg der Wehrmacht weder als Mythos noch als Chiffre für den Massenmord, aber auch nicht als ausschliesslich militärische Angelegenheit. Er stellte eine Mischform zwischen Kampfhandlungen und Mordaktionen an der Zivilbevölkerung dar.

Der Sühnebefehl des OKW vom 16. September 1941 besagte, dass für jeden ermordeten Deutschen bis zu 100 Geiseln und für jeden Verwundeten bis zu 50 Geiseln zur Sühne erschossen werden sollten. Basierend darauf hatte der Wehrmachtbefehlshaber Südost am 19. März 1942 Weisung an seine Truppenkommandeure „betreffend Bekämpfung von Aufständischen“ erlassen. Die von Jodl unterzeichnete „Kampfanweisung für die Bandenbekämpfung im Osten“ vom 11. November 1942 fasste alle vorherigen Einzelverfügungen zusammen und forderte unerbittliche Härte auch gegen Frauen und Kinder ein.

Dass die Partisanenbekämpfung schon 1941 auch als ein willkommener Vorwand für die Ausrottungspolitik gesehen wurde, belegt folgende Aussage Hitlers aus einer geheimen Besprechung mit führenden NS-Funktionären: „Die Russen haben jetzt einen Befehl zum Partisanen-Krieg hinter unserer Front gegeben. Dieser Partisanenkrieg hat auch wieder seinen Vorteil: er gibt uns die Möglichkeit, auszurotten, was sich gegen uns stellt“.

Behandlung der Kriegsgefangenen

Zur verbrecherischen Behandlung von Kriegsgefangenen gab es die folgenden teilweise geheimen Anordnungen: Kommissarbefehl, im Einvernehmen mit dem Chef des Allgemeinen Wehrmachtsamtes General Hermann Reinecke und dem Chef der Kriegsgefangenenlager der Wehrmacht Oberst Breyer erliess Heydrich den Einsatzbefehl Nr. 8 vom 17. Juli 1941. In jedem Kriegsgefangenenlager und Durchgangslager sollten die „in politisch, krimineller oder sonstiger Hinsicht untragbare[n] Elemente“ durch ein Kommando von SS- und SD-Mitarbeitern herausgefiltert werden. Ausfindig gemacht werden sollten Funktionäre der Komintern, massgebende Parteifunktionäre, Volkskommissare, alle ehemaligen Polit-Kommissare der Roten Armee, Intelligenzler, Juden und fanatische Kommunisten sowie „unheilbar Kranke“ zur Exekution ausserhalb der Kriegsgefangenenlager.

  • Kommandobefehl sah die Exekution von gefangenen Kommandosoldaten vor, gleichgültig ob sie Uniform trugen oder nicht.
  • Kugel-Erlass sah die Exekution von geflohenen Offizieren und ranghöheren Unteroffizieren vor.

Einzelne deutsche Oberbefehlshaber liessen auch andere gefangene Rotarmisten ermorden: darunter weibliche Offiziere, die als besonders fanatisch galten, obwohl sie faktisch nur zu Hilfsdiensten eingesetzt wurden. In Weissrussland drohte man versprengten Rotarmisten mit Erschiessung, falls sie sich nicht freiwillig in einer gesetzten Frist gefangen nehmen liessen.

Die meisten sowjetischen Gefangenen wurden zuerst von Sammelstellen in Durchgangslager im Operationsgebiet, von dort in Stamm- oder Offizierslager im Hinterland – u. a. in der Ukraine, Polen, Österreich, Rumänien und im Deutschen Reich – gebracht. Vielfach mussten sie die Wege in Fussmärschen zurücklegen; dabei ermordeten die Begleitmannschaften die erschöpft Zurückbleibenden zu Tausenden, z. B. nach der Kesselschlacht von Kiew (ca. 1’000) und im Raum Wjasma–Brjansk (ca. 4’000). Genaue Zahlen kann die Forschung hier nicht mehr ermitteln.

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091_05/Kolonne sowjetischer Kriegsgefangener (1941)
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091_06/Gefangene Rotarmisten im Lager (1942)

In vielen Lagern wurden die Ankömmlinge sich selbst überlassen, mussten unter freiem Himmel oder in selbstgegrabenen Erdhöhlen wohnen, erhielten zu wenig Nahrung und keine oder kaum ärztlich-medizinische Versorgung. Bis September 1941 waren die Tagesrationen noch relativ ausreichend, danach kürzten die Militärspitzen die Zuteilungen erheblich. Die Gründe dafür waren der unerwartet ausgebliebene Blitzsieg, der mangelnde Nachschub für das eigene Heer, das in den eroberten Gebieten zu wenig Lebensmittel vorfand, mangelnde Transportkapazitäten und eine speziell Ende 1941 einsetzende allgemeine Versorgungskrise, der bevorstehende Winter und Hitlers anfängliches Verbot, sowjetische Gefangene ins Reich zu transportieren.

Selbstgeschaffene kriegswirtschaftliche Sachzwänge führten dazu, dass die für die Ernährung Verantwortlichen sich fast ausschliesslich auf die Versorgung der eigenen Truppe konzentrierten, wobei die Inkaufnahme des Hungertodes der Gefangenen durch die Brutalisierung des Krieges und ideologische Einflüsse begünstigt wurde und „in den Monaten Oktober 1941 bis Januar 1942 mit der Transport- und Versorgungskrise der Wehrmacht zusammenfiel“.

Diese selbstgeschaffenen Sachzwänge, die eine Versorgung der Gefangenen unmöglich machten, waren strukturell dadurch bedingt, dass das OKW im März 1941, als es mit den Versorgungsplanungen begann, zwar „zwei bis drei Millionen sowjetische Kriegsgefangenen“ erwartete, aber „kurz vor Angriffsbeginn die Entscheidung fiel, keine sowjetischen Kriegsgefangenen nach Deutschland zu verbringen“. So entstand ein vom bisherigen Organisationsschema abweichendes Lagersystem. Bis Mitte Dezember gerieten „rund 3,35 Millionen Rotarmisten in deutschen Gewahrsam“, die langfristig in provisorischen „Durchgangs-“ und „Stammlagern“ untergebracht wurden. Weder waren die Ressourcen noch die organisatorischen Voraussetzungen vorhanden, um diesen Menschen die ihnen völkerrechtlich zustehende Versorgung angedeihen zu lassen. Oftmals standen nicht einmal abgesperrte Bereiche (provisorische Lager) zur Verfügung, so dass man die Gefangenen mit einfachen Postenketten sicherte und erfrieren oder verhungern liess.

Hermann Göring wollte die Stimmung der deutschen Bevölkerung nicht durch das Ausbleiben von Getreidelieferungen gefährden und behauptete wahrheitswidrig am 16. September 1941, man sei bei der Verpflegung der bolschewistischen Gefangenen im Gegensatz zur Verpflegung anderer Gefangener „an keine internationalen Verpflichtungen gebunden“:

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„Ihre Verpflegung kann sich daher nur nach den Arbeitsleistungen für uns richten“.

Tatsächlich galt Artikel 82 des Genfer Abkommens von 1929, das Deutschland 1934 unterzeichnet hatte, auch für Feindstaaten, die dem Vertrag nicht beigetreten waren. Doch Anfang Oktober 1941 verfügte Generalquartiermeister Eduard Wagner:

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„Nichtarbeitende Kriegsgefangene in den Gefangenenlagern haben zu verhungern. Arbeitende Kriegsgefangene können im Einzelfalle auch aus Heeresbeständen ernährt werden“.

Damit erhielten gerade die schon geschwächten, arbeitsunfähigen Rotarmisten, deren Anteil in den Folgemonaten sprunghaft anstieg, nicht mehr genug tägliche Nahrung. Die Folgen zeigten sich vor allem in den Stammlagern: Von Oktober 1941 bis Mai 1942 starben wahrscheinlich bis zu zwei von 3,7 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen, mindestens 850’000 davon in der Obhut des Heeres vor Verlegung in das Hinterland. Eine angeordnete leichte Anhebung der Nahrungsrationen im Dezember 1941 kam zu spät und wurde vielfach nicht umgesetzt. Auch im folgenden Kriegswinter starben weitere Hunderttausende durch menschenunwürdige Behandlung beim Transport und im Lager, kriminellen Entzug von Nahrung, Unterbringung und Krankenpflege sowie inhumanen Arbeitszwang. Unter den Todesopfern waren auch viele sowjetische Zivilisten, Angehörige von Milizen, Bautrupps und Rekruten. Die Gesamtzahl der indirekt ermordeten Lagerinsassen wird auf etwa drei Millionen geschätzt. Hauptverantwortlich für das Massensterben mit genozidalem Ausmass war das Allgemeine Wehrmachtamt unter Hermann Reinecke, das die Verteilung und Versorgung der Kriegsgefangenen organisierte.

Ausnahmeregeln zur Entlassung für hilfswillige Ukrainer, Balten, Angehörige von Turkvölkern und Sowjetdeutsche bei guter Führung und Wohnort in Lagernähe galten nicht für „Slawen“. Einzelne Lagerkommandanten versuchten zwar, übermässige Arbeitskraftverluste und Seuchen aufzufangen und zusätzliche Lebensmittel zu beschaffen, hinderten aber zugleich die örtliche Bevölkerung mit Schusswaffengewalt, den Verhungernden durch den Lagerzaun Nahrung zuzustecken.

Zudem wählten die Lageroffiziere mit Hilfe von Spitzeln und Denunziationen zwei Gruppen aus der Masse der gewöhnlichen Gefangenen aus: besonders wertvolle, die man zum Überlaufen und Mitarbeit in der Wehrmacht bewegen wollte, und „unerwünschte“ oder „gefährliche“ Personen. Letztere übergab man dann Sonderkommandos der Sicherheitspolizei, die sie entweder sofort erschossen oder in für sie eingerichtete Sonderlager deportierten. Vielfach ermordeten die Lagerbesatzungen der Wehrmacht diese Gruppe auch selbst. Dies traf etwa 150’000 Rotarmisten, darunter viele Juden, für die der Mordbefehl bis Kriegsende bestehen blieb.

Insgesamt zeigte sich im Umgang mit Rotarmisten überall dieselbe rassistische Haltung, wonach nur die Stärksten ein Lebensrecht hätten und man die Schwachen zugrunde gehen lassen bzw. die „Gefährlichen“ ermorden müsse.

In den Nürnberger Prozessen hatten die angeklagten Militärs, darunter Wilhelm Keitel, das Massensterben der sowjetischen Kriegsgefangenen auf die angeblich unmögliche Versorgung der immensen Gefangenenmassen zurückzuführen versucht. Dass dies Folge einer verbrecherischen Kriegsplanung, Kriegführung und rassistischer Menschenverachtung war, bei der die Nahrungsversorgung für die eigene Truppe aus den besetzten Gebieten auf Kosten der Zivilbevölkerung und der Kriegsgefangenen geschah, heben Historiker wie Dieter Pohl hervor:

„Das „Unternehmen Barbarossa“ führte direkt in den Völkermord. Erstmals plante die deutsche Führung die Ermordung grosser Bevölkerungsgruppen in einen Feldzug ein […] mit Nahrungsentzug, Entrechtung und Repressalmassakern. Die zahlenmässig grösste Gruppe von Opfern stellen die sowjetischen Kriegsgefangenen […]“.

Krankenmorde

Zwar kam es in den besetzten Teilen der Sowjetunion zu keiner systematischen Mordaktion gegen Geisteskranke, zumal zu Beginn des Feldzuges keine genaue Regelung getroffen worden war, wie mit sowjetischen Psychiatriepatienten umzugehen war. Aber unter bestimmten Konstellationen wurden auch Anstaltspatienten Opfer von Massenmorden. Für die deutschen Besatzer waren die psychisch kranken Menschen unkontrollierbar, gefährlich, „unnütze Esser“ und Quellen von Seuchen. Diese Sichtweise war auch in der Wehrmacht verbreitet, welche die Verwaltung der besetzten Gebiete übernahm. Bereits 1939 hatten Wehrmacht, SS und Volksdeutsche Mittelstelle die Verlegung von Anstaltsbewohnern im besetzten Polen sowie in den Provinzen Posen und Ostpreussen durch Verweis auf ihre Interessen an der Nutzung der Gebäude forciert und damit nicht nur frühe Krankenmorde durch Erschiessen und Gaswagen mitbestimmt, sondern auch die Morde der „Aktion T4“ in bestimmten Regionen wie Bayern, Württemberg, Baden und Rheinland forciert. Auch in den besetzten Gebieten der Sowjetunion reklamierten Militärmediziner die Anstaltsgebäude oft für Lazarette, während die Besatzungsmacht kaum bereit war, die „unproduktiven“ Insassen ausreichend zu ernähren. Ob es zu einem Massenmord kam, hing deshalb von der Initiative einzelner Dienststellen ab. Walter Stahlecker, Chef der Einsatzgruppe A, protokollierte am 8. Oktober 1941, er sei von hohen Offizieren der Wehrmacht mehrfach dringend gebeten worden, Nervenheilanstalten, „die für Quartierzwecke benötigt wurden, zu säubern“. Doch auch im Generalstab des Heeres wurde die Frage diskutiert. Generalstabschef Franz Halder notierte am 26. September 1941 nach einem Vortrag von Generalquartiermeister Eduard Wagner: „Irrenanstalten bei Nord. Russen sehen Geistesschwache als heilig an. Trotzdem Tötung notwendig“. Es wurde eigens ein im Massenmord erfahrenes SS-Kommando (Sonderkommando Lange) aus dem Warthegau angefordert.

Am 26. Dezember 1941 unterstützte General Georg von Küchler als Befehlshaber der 18. Armee einen Antrag des XXVIII. Armeekorps, wegen „Seuchengefahr“ etwa 230 Patientinnen einer Anstalt im ehemaligen Kloster Makarevskaja Pustin durch Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD töten zu lassen. Im Nürnberger Generalsprozess bestritt er dies und vermutete einen Irrtum. Im ähnlichen Makarevskaja-Fall, bei dem etwa 1’200 Patienten einer grossen psychiatrischen Anstalt im November 1941 zur Tötung an die Einsatzgruppen übergeben wurden, ergaben spätere Forschungen seine Beteiligung. Für den Bereich der Heeresgruppe Mitte ist der Fall der Anstalt für geisteskranke Kinder von Červen bei Minsk dokumentiert, bei dem die Ortskommandantur den Massenmord vorschlug. Im unter Militärverwaltung stehenden Dnepropetrowsk ermordete das Einsatzkommando 6 bis zum 12. November 1941 800 Insassen der Anstalt Igrin. Im kurzzeitig besetzten Kalinin liess ein Regimentskommandeur der 6. Panzerarmee zehn geisteskranke Anstaltsinsassen erschiessen. Die übrigen Insassen wurden zwar freigelassen, aber bei Wiederergreifung ermordet. Der Ic-Offizier der 3. Panzerarmee meldete dem Panzer-AOK. 3 im Juni 1942 113 Behinderte in Isakovo bei Vjaz’ma, das daraufhin die „Beseitigung der Krüppel“ anordnete und Sicherheitspolizei und SD damit beauftragte. Die bisherige Erkenntnisse zeigen eine stufenweise Radikalisierung der von der Wehrmacht und den Einsatzgruppen gegen die Anstaltspatienten ergriffenen Massnahmen. In Winniza in der Ukraine wurde von der Militärverwaltung zunächst die Nahrungsmittelzuteilung reduziert. Im Herbst 1941 wurden 800 Kranke erschossen und 700 weitere durch Gift umgebracht. Das Anstaltsgelände wurde anschliessend als Sanatorium und Kasino genutzt. Nach der Besetzung von Kursk durch die 2. Armee zwang die Stadtkommandantur sowjetischen Ermittlungen zufolge das medizinische Personal der dortigen psychiatrischen Anstalt, alle als nicht arbeitsfähig eingestuften Insassen zu töten. 400 Menschen verhungerten und etwa 600 wurden durch Giftspritzen getötet.

Dieter Pohl schlussfolgert, dass das Militär bei diesen Massenmorden oftmals die Funktion übernahm, die während der Euthanasie im Reich von den Gesundheits- und Innenverwaltungen übernommen wurde. Indem sie darüber entschieden, welche Anstalten „geräumt“ werden sollten und welche nicht, entschieden sie faktisch über Leben und Tod der Patienten, während der SS- und Polizeiapparat das Töten übernahm.

Südosteuropa

Albanien
Nachdem am 6. Juli 1943 im italienisch besetzten Albanien Teile der deutschen 1. Gebirgsdivision südlich von Borova, einem kleinen Bergdorf, von lokalen Partisanen angegriffen wurden, begingen Angehörige der Division das Massaker von Borova, zerstörten das Dorf und töteten 107 Einwohner (überwiegend Frauen, Kinder und Alte).

Griechenland
Griechenland wurde im Oktober 1940 von italienischen und im späteren Verlauf auch von deutschen und bulgarischen Truppen angegriffen und anschliessend besetzt. Die wirtschaftliche Ausbeutung des Landes führte zur Grossen Hungersnot, darüber hinaus wurden an über 100 Orten Gräueltaten an der Bevölkerung verübt, diese Orte werden im Gedenken daran als Märtyrerdörfer und -städte Griechenlands bezeichnet.

Kreta

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091_07/Erschiessung von Zivilisten in Kondomari, Kreta 1941

Nach ersten „Vergeltungsaktionen“ beim Sonderunternehmen Völkerbund durch deutsche Gebirgsjäger nach der Luftlandeschlacht um Kreta versuchten die folgenden Kommandanten auf Kreta, General Alexander Andrae, General Bruno Bräuer, General Friedrich-Wilhelm Müller und General Heinrich Kreipe, anfangs, zu einer weniger harten Repressionspolitik überzugehen. Die Fallschirmjägertruppen wurden in Folge unmittelbar von der Insel abgezogen und durch Infanterie- und Sicherungsdivisionen ersetzt. Als es zu Sabotageaktionen an Flughafen- und Treibstoffanlagen und zu Zusammenstössen mit kretischen Partisanen, den Andarten, während der sich anschliessenden Besatzungszeit kam, gingen auch sie zu Massenexekutionen an Zivilisten über. 

So liessen sie in einer „Sühneaktion“ im September 1943 im Unterbezirk Viannos ein Dutzend Dörfer niederbrennen, wobei mindestens 440 Personen (Männer, Frauen und Kinder) starben. Auch der Rückzug in die Region um Chania, die ‚Kernfestung Kreta‘, im Herbst 1944 wurde von Zerstörungen kretischer Dörfer entlang der Rückzugslinie und von Hinrichtungen von Zivilisten begleitet. Laut griechischen Schätzungen starben während der deutschen Besatzung Kretas zwischen 3’000 und 9’000 Zivilisten.

Peloponnes und Nordwestgriechenland

Auch Gebirgsjäger waren an Kriegsverbrechen beteiligt, so die 1. Gebirgs-Division an der Erschiessung von italienischen Kriegsgefangenen der Division „Acqui“ auf Kefalonia und Korfu. 155 Offiziere und 4’750 einfache italienische Soldaten, die sich den deutschen Truppen ergeben hatten, wurden nach ihrer Gefangennahme, den Befehlen des Oberkommandos der Wehrmacht folgend und allen Bestimmungen des Kriegsvölkerrechts widersprechend, getötet. Dies war eines der schwersten Kriegsverbrechen mit direkter Beteiligung von Wehrmachteinheiten. Darüber hinaus unterstützten Gebirgsjäger die Geheime Feldpolizei bei der Deportation der jüdischen Bevölkerung in Griechenland. Anfang Juli 1943 wurde die 1. Gebirgs-Division nach Westgriechenland in den Epirus verlegt. Die militärischen Erfolge der ELAS hatten eine Verstärkung der deutschen Besatzungstruppen notwendig gemacht, und als Antwort darauf sollte der Terror intensiviert werden. Auch für sie galt Hitlers Befehl vom 16. Dezember 1942:

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„[…] Wenn dieser Kampf gegen die Banden sowohl im Osten wie auf dem Balkan nicht mit den allerbrutalsten Mitteln geführt wird, so reichen in absehbarer Zeit die verfügbaren Kräfte nicht mehr aus, um dieser Pest Herr zu werden. Die Truppe ist daher berechtigt und verpflichtet, in diesem Kampf ohne Einschränkungen auch gegen Frauen und Kinder jedes Mittel anzuwenden, wenn es nur zum Erfolg führt…“.

Allein in den drei Monaten zwischen Anfang Juli und Anfang Oktober 1943 wurden rund 207 Ortschaften mit 4’500 Häusern zerstört und über 2’000 Griechen und Albaner, darunter Frauen, Alte und Kinder getötet.

Judenverfolgung in Thessaloniki
Unmittelbar nach dem deutschen Überfall auf Griechenland traf Anfang Mai 1941 ein der 12. Armee angegliedertes Sonderkommando des Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg unter Leutnant Hermann von Ingram in Griechenland ein. In Thessaloniki führte eine lokale Arbeitsgruppe des Einsatzstabes in Zusammenarbeit mit der Geheimen Feldpolizei der Wehrmacht über 50 Razzien bei der jüdischen Gemeinde von Thessaloniki durch. Dabei wurden die für spätere Deportationen notwendigen Einwohnerdaten gesammelt und historisch wertvolle Dokumente, Kulturgüter und liturgische Gegenstände geraubt, darunter ca. 100’000 Bücher aus den jüdischen Bibliotheken.

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091_08/Erfassung jüdischer Männer zur Zwangsarbeit, Propagandaaufnahme der Wehrmacht, Juli 1942

Im Herbst 1941 wurde bei einer Besprechung im Führerhauptquartier Wolfsschanze mit Adolf Hitler von Reichsführer SS Heinrich Himmler im Beisein von Reinhard Heydrich und den Wehrmachtsoffizieren Wilhelm Keitel, Alfred Jodl, Rudolf Schmundt und Gerhard Engel die Frage der jüdischen Bevölkerung von Thessaloniki aufgeworfen und Himmler erhielt die Vollmacht zur Deportation. Auf Anordnung des Militärbefehlshabers Saloniki Ägäis, General Curt von Krenzki, mussten sich alle männlichen Juden im Alter von 18 bis 45 Jahren am 11. Juli 1942, einem Sabbath, auf dem Freiheitsplatz zur Musterung und Erfassung zur Zwangsarbeit versammeln.

Die tauglichen Juden wurden in malariaverseuchte Sümpfe geschickt oder mussten Schwerarbeit in Chrombergwerken leisten. Die Zwangsarbeitspflicht wurde im Oktober 1942 wieder aufgehoben. Kriegsverwaltungsrat Max Merten von der Militärverwaltung Saloniki-Ägäis hatte der jüdischen Gemeinde eine Vereinbarung abgepresst, die die Juden gegen Zahlung von 2,5 Mrd. Drachmen und Überlassung des wertvollen, 300’000 Quadratmeter grossen Areals des jüdischen Friedhofs (auf den die Stadtverwaltung seit langem ein begehrliches Auge geworfen hatte) von der Zwangsarbeit befreite.

Am 6. Februar 1943 traf das Sonderkommando der Sicherheitspolizei für Judenangelegenheiten in Saloniki Ägäis mit den SS-Hauptsturmführern Dieter Wisliceny und Alois Brunner in Thessaloniki ein. Das Kommando legte Max Merten umfangreiche vorgefertigte Judenerlasse vor, die dieser für den Befehlshaber Saloniki Ägäis der Heeresgruppe E in Kraft setzte. Griechische Juden mussten fortan den Judenstern tragen, ihre Geschäfte und Wohnungen damit kennzeichnen und in Ghettos umsiedeln. Innerhalb von weniger als drei Wochen wurden die nationalsozialistischen Massnahmen der Ausgrenzung, Kennzeichnung und Ghettoisierung umgesetzt. Zweieinhalb Wochen später begannen die Deportationen. Oft wurden die Ghettobezirke vom jüdischen Ordnungsdienst und der Feldgendarmerie nachts für die Deportationen umzingelt. Die verlassenen Wohnungen wurden von deutschen Soldaten geplündert und zuletzt erschienen griechische Kollaborateure, Diebe und Bettler auf der Suche nach Wertgegenständen.

Am 1. März 1943 wurden alle jüdischen Familien aufgefordert, ihr Vermögen zu deklarieren. Am 8. März errichtete die griechische Regierung die Dienststelle zur Verwaltung des Judenvermögens (YDIP) unter dem Juristen Elias Douros. Das Amt unterstand zunächst der deutschen Militärverwaltung und mit dem Vermögen der Juden wurde kurzer Prozess gemacht. 280 Mio Drachmen flossen an die deutsche Militärverwaltung. Die leerstehenden jüdischen Wohnungen und verlassenen Geschäfte wurden treuhänderisch dem Generalgouverneur von Makedonien übergeben.

Serbien
Da Polizei und SD-Einheiten mit der Eindämmung der Mitte 1941 einsetzenden starken Tätigkeiten von Titos Partisanen bald überfordert waren, betraute das OKW – auf Wunsch des Führers – im August die Wehrmacht mit dieser Aufgabe. Da die rein militärische Bekämpfung der Partisanen durch teilweise auch gemischte Einheiten aus Wehrmacht, Polizei und SD sich dennoch als relativ erfolglos erwies, verlegte man sich bald auf „Sühneaktionen“ und Geiselerschiessungen, welche sich gegen wirkliche und vorgebliche Kommunisten und Partisanen, die Zivilbevölkerung und besonders Juden und Zigeuner richtete. Zwei der grössten Massaker der Wehrmacht mit insgesamt 4’000 Opfern ereigneten sich in Kraljevo und Kragujevac.

Ein typisches Beispiel für eine in keinem ursächlichen Zusammenhang stehende und somit kriegsrechtlich ungedeckte „Sühneaktion“ sowie die Gleichsetzung von Juden und Partisanen war die Anweisung des im September 1941 eingesetzten Bevollmächtigten Generals in Serbien, Franz Böhme, wegen 21 in einem Kampf mit Partisanen getöteter Soldaten 2’100 Häftlinge der Konzentrationslager Šabac und Belgrad, bevorzugt Kommunisten und Juden, zur Liquidierung auszuwählen.

Die Anzahl der im Zuge von Vergeltungsmassnahmen in Serbien getöteten Personen wird von Karl H. Schlarp auf 41’000 bis 46’000 geschätzt.

Speziell im Bereich der systematischen Judenvernichtung ermöglichte die gut koordinierte Zusammenarbeit von Wehrmacht, Militärverwaltung, Polizei und Sondertruppen eine grösstmögliche Effizienz, so dass Serbien nach Estland das zweite besetzte Land war, welches als „judenfrei“ bezeichnet werden konnte. Der Definition, Registrierung und Kennzeichnung, Entrechtung, gesellschaftlichen Ausgrenzung und Beraubung der Juden Anfang 1941 folgte die Liquidierung männlicher Juden und Roma. Nur wenige überlebten. Bis zum Herbst war die Wehrmacht an diesen Aktionen nur durch mittelbare Unterstützung beteiligt, übernahm aber ab diesem Zeitpunkt – im Gegensatz zu anderen von Deutschland besetzten Gebieten – diese Aufgabe hauptsächlich selbst.

Süd-, Nord- Westeuropa und Afrika

Spanien

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091_09/Gernika nach dem Luftangriff

Der Luftangriff auf Gernika durch deutsche Kampfflugzeuge der Legion Condor am 26. April 1937, bei dem nach neueren Schätzungen etwa 300 Menschen getötet wurden, wird häufig als erstes Kriegsverbrechen der Wehrmacht und als Verstoss gegen das Kriegsvölkerrecht gewertet. Der gesamte Komplex Luftkriegsführung wurde trotz weiterer und umfangreicherer deutscher Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges von den Alliierten in Nürnberg weder thematisiert noch zur Anklage gebracht.

Frankreich
Im Westfeldzug und unmittelbar nach dem Waffenstillstand am 22. Juni 1940 begingen Wehrmachtsangehörige zahlreiche Kriegsverbrechen an Kriegsgefangenen wie an Zivilisten.

Aus rassistischen Motiven wurden zwischen dem 24. Mai und dem 24. Juni 1940 mindestens 3’000 schwarze Soldaten Frankreichs (Tirailleurs sénégalais) ermordet, obwohl sie sich bereits ergeben hatten oder verwundet waren und nicht mehr kämpften. Ehemalige reichsdeutsche Juden, die als Emigranten in den französischen Streitkräften dienten und gefangen genommen worden waren, wurden auf Weisung der Heeresgruppe B nach Feststellung ihrer Identität in den Armeegefangenensammelstellen erschossen. Am 23. Juni 1940 ermordeten deutsche Truppen in Oignies und Courrières 114 Zivilisten, weil sie sich von Franktireurs angegriffen wähnten.

Von 1,5 Millionen französischen Kriegsgefangenen starben etwa 21’000; die meisten davon an der schlechten Behandlung in deutschen „Repressallagern“ wie Rawa Ruska in Polen. Dort brachte man vorwiegend Gefangene unter, die Fluchtversuche gewagt oder Zwangsarbeiten verweigert hatten. Von ihnen wurden Schwarze und Orientalen nochmals schlechter behandelt. Westeuropäische Juden wurden abgesondert und zu besonders schweren und erniedrigenden Arbeiten gezwungen, bevor sie in Vernichtungslager deportiert wurden. Der Leiter des OKH Generalfeldmarschall Walther von Brauchitsch befahl Otto von Stülpnagel, dem Befehlshaber der deutschen Besatzer in Frankreich, und seinen untergebenen Militärbezirkschefs im November 1940, die Arisierung jüdischer Unternehmen in Frankreich voranzutreiben. Stülpnagel ordnete am 17. Dezember 1941 eine „Judenbusse“ von einer Milliarde Francs an, die die Vereinigung der Juden in Frankreich in Raten zahlen musste.

Entgegen dem Waffenstillstand von Compiègne (1940) annektierte das Deutsche Reich faktisch das Elsass und Lothringen. Ab 1942 wurden die deutschsprachigen Franzosen dieser Gebiete entgegen der Haager Landkriegsordnung von Wehrmacht und SS zwangsrekrutiert. Von 130’000 dieser Soldaten (sie bezeichnen sich als Malgré-nous) starben 40’000 Franzosen für die Besatzungsmacht. Nach dem Krieg wurden sie in sowjetischer Gefangenschaft und in Frankreich nicht als Opfer eines Kriegsverbrechens, sondern als Kollaborateure behandelt. 1981 erklärte sich die Bundesrepublik Deutschland bereit, eine symbolische Wiedergutmachung in Höhe von 250 Mio. DM in einen Fonds zu zahlen.

Weitere direkte Kriegsverbrechen waren Zwangsverpflichtungen von Zivilisten feindlicher Staaten, etwa zum Minensuchen, einzelne Massaker und eine unbekannte Zahl von Vergewaltigungen einheimischer Frauen. Die Statistik deutscher Kriegsgerichte verzeichnete hier nur bekannt gewordene Fälle; angenommen wird jedoch, dass die meisten Fälle nicht angezeigt werden konnten und unentdeckt blieben.

Niederlande
Beim Fall Putten wurden nach der Ermordung eines Wehrmachtsoldaten durch niederländische Partisanen am 1. Oktober 1941 auf Befehl des Oberbefehlshabers über die Niederlande, General Friedrich Christiansen, 661 Männer der Gemeinde Putten von der Wehrmacht in KZs überstellt (nur 49 Personen überlebten) und das Dorf anschliessend niedergebrannt. Christiansen wurde von einem niederländischen Gericht zu einer Haftstrafe verurteilt und 1951 begnadigt und freigelassen.

Belgien
Unter dem Befehl des Militärbefehlshabers für Belgien und Nordfrankreich, General Alexander von Falkenhausen, wurden durch den Wirtschaftsstab der Wehrmacht bis Ende 1942 knapp 7’000 jüdische Betriebe in Belgien liquidiert oder arisiert (entjudet). Falkenhausen autorisierte die Deportation von Juden und liess Geiseln erschiessen.

Italien
Nach dem Sturz des Diktators Benito Mussolini Ende Juli 1943 kämpfte die Regierung Badoglio noch einige Wochen aufseiten des Reiches, bis sie einen Sonderwaffenstillstand abschloss (am 3. September; bekannt gegeben am 8. September). Hitler und die Wehrmachtführung hatten den Fall Achse vorbereiten lassen und setzten die Besetzung Italiens in Gang. Am 10. September wurde Rom von der Wehrmacht besetzt.

Am 13. Oktober 1943 erklärte die Regierung Badoglio Deutschland den Krieg; damit trat Italien an der Seite der Alliierten in den Krieg ein.

Italienische Truppenkommandeure wurden als Freischärler standrechtlich erschossen, falls es ihnen nicht gelang, ihre Soldaten innerhalb kurzer Zeit dazu zu bringen, ihre Waffen an die Wehrmacht abzugeben und sich zu ergeben. Nach der Haager Landkriegsordnung waren diese Soldaten aber als Kriegführende berechtigt, sich der Entwaffnung zu widersetzen, und durften nicht als Freischärler behandelt werden. Dies wurde im Prozess gegen die wegen Kriegsverbrechen angeklagten Südostgeneräle eindeutig festgestellt.

Auf Hitlers Befehl hin liessen einige Wehrmachtoffiziere italienische Einheiten bei der Waffenübergabe und Gefangennahme niederschiessen. Die 1. Gebirgs-Division exekutierte auf der Insel Kefalonia etwa 5’000 bereits entwaffnete italienische Soldaten (Massaker auf Kefalonia) und auf der Insel Kos zirka 100 italienische Offiziere. Ähnliche Massenhinrichtungen an Italienern geschahen in Albanien und Jugoslawien.

Ein Befehl des kommandierenden Generals des XXII. Gebirgs-Armeekorps, Hubert Lanz, besagte, dass in Zivil angetroffene italienische Soldaten völlig formlos zu erschiessen seien. Er setzte sich damit über die Regeln des Standrechts hinweg.

Über 13’000 italienische Kriegsgefangene ertranken, als sie 1943 in hoffnungslos überladenen Dampfern von den griechischen Inseln auf das Festland gebracht werden sollten. Der Befehl, sie abzutransportieren ohne Rücksicht darauf, ob Rettungsmittel an Bord der Schiffe vorhanden waren, war ein Verstoss gegen das Kriegsvölkerrecht.

Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Grossadmiral Karl Dönitz befahl, dass alle führenden Offiziere von Submarina und anderen italienischen Marinedienststellen standrechtlich abzuurteilen seien, wenn sie Kampfhandlungen gegen deutsche Seestreitkräfte zu verantworten hatten. Dieser Befehl verlangte unter Umständen von seinen Untergebenen Kriegsverbrechen.

Etwa 600’000 Soldaten der italienischen Streitkräfte wurden entwaffnet, interniert und zur Zwangsarbeit auf das Gebiet des Reiches verschleppt. Sie wurden als „Militärinternierte“ eingestuft, um ihnen den Status von völkerrechtlich geschützten Kriegsgefangenen nicht zuerkennen zu müssen. Sie galten kollektiv als „Verräter“. Bis Kriegsende starben etwa 40’000–45’000 von ihnen an Hunger, Krankheit und Misshandlungen. Die Überlebenden wurden 1944 in den Status von Zivilgefangenen überführt und danach besser versorgt.

Norwegen
Am 28. Oktober 1944 befahl General Alfred Jodl, Chef des Wehrmachtführungsstabes (WFSt), die vollständige und rücksichtslose Deportation (Evakuierung) der norwegischen Bevölkerung und die Zerstörung aller Unterkünfte ostwärts des Lyngenfjords im Zuge des Unternehmens Nordlicht. Der Befehl wurde an den meisten Orten mit der befohlenen Härte und Gründlichkeit durchgeführt.

Afrika
Der Befehlshaber Tunesien, General Walther Nehring, legte der jüdischen Gemeinde in Tunesien eine Geldbusse von 20 Millionen Francs auf, da das internationale Judentum für die anglo-amerikanische Landung in Nordafrika verantwortlich sei. Die jüdische Bevölkerung liess er auf Weisung von Generalfeldmarschall Albert Kesselring entgegen der Haager Landkriegsordnung zur Zwangsarbeit beim Befestigungsbau heranziehen.

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091_10/Denkmal für die ermordeten Kinder von Babyn Jar

Die Oberkommandos und ein Teil der oberen Kommandoebene stimmten im Vorfeld des Polenfeldzugs (1939) und des Russlandfeldzugs den Plänen und Befehlen zur Ermordung von Führungseliten der eroberten Staaten zu, die zugleich eine flächendeckende Judenvernichtung rechtfertigten und einleiteten. Sie kannten daher frühzeitig die Pläne und Ausführung des Holocaust.

Militärische Dienststellen waren an vielen den Eroberungen folgenden Besatzungsmassnahmen beteiligt, darunter Deportationen, Einrichtung von Judenghettos, ausgrenzenden Verordnungen wie Kleiderkennzeichen für Juden, Aussonderung jüdischer Kriegsgefangener, Rekrutierung von „Rüstungsjuden“ für Zwangsarbeit in der deutschen Rüstungswirtschaft. Die Wehrmacht stellte ihre Infrastruktur, unter anderem das europaweite Wehrmachttransportwesen, vielfach für die Judendeportationen zur Verfügung, so etwa für die Transporte der französischen Juden und griechischen Juden ins KZ Auschwitz.

Wehrmachteinheiten wirkten aktiv an als „Banden-Bekämpfung“ (Partisanenbekämpfung) gerechtfertigten Massenerschiessungen mit, die einen Grossteil der Judenvernichtung besonders in Russland ausmachten. Diese direkte Beteiligung basierte auf einem Befehl des Reichssicherheitshauptamts vom 17. Juli 1941. Danach sollten Wehrmachteinheiten „politisch untragbare“ Gefangene an Einsatzkommandos der Sicherheitspolizei und des SD ausliefern, die diese dann töteten oder verschleppten. Nach den Ausführungsrichtlinien Reinhard Heydrichs vom selben Tag schloss der Befehl bedeutende sowjetische Staatsfunktionäre, leitende Persönlichkeiten der Zentral- und Mittelinstanzen bei sowjetischen Behörden, führende Persönlichkeiten des Wirtschaftslebens, die „sowjetischen Intelligenzler“ und „alle Juden“ ein.

Zur psychologischen Erleichterung für die Soldaten und Förderung der Massenmorde und Verbrechen an Zivilisten und Juden wurden Juden und Partisanen gleichgesetzt. Typisch hierfür ist ein Befehl von Generalfeldmarschall Walter von Reichenau (1884–1942) vom 10. Oktober 1941:

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„Der Soldat ist im Ostraum nicht nur ein Kämpfer nach den Regeln der Kriegskunst, sondern auch ein Träger einer unerbittlichen, völkischen Idee und der Rächer für alle Bestialitäten, die deutschem und artverwandtem Volkstum zugefügt wurde. Deshalb muss der Soldat für die Notwendigkeit der harten, aber gerechten Sühne am jüdischen Untermenschentum volles Verständnis haben. Sie hat den weiteren Zweck, Erhebungen im Rücken der Wehrmacht, die erfahrungsgemäss stets von Juden angezettelt wurden, im Keime zu ersticken. […] Immer noch werden heimtückische, grausame Partisanen und entartete Weiber zu Kriegsgefangenen gemacht […] und wie anständige Soldaten behandelt und in die Gefangenenlager abgeführt. […] Ein solches Verhalten der Truppe ist nur noch durch völlige Gedankenlosigkeit zu erklären“.

Dass die Partisanenbekämpfung – beziehungsweise die Gleichsetzung von Partisanen und Juden – oft nur Vorwand war, legt auch folgende (kurz darauf allerdings widerrufene) Aussage von Panzergeneral Hans Röttiger vom November 1945 nahe, in der er zugibt, dass:

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„… die Bandenbekämpfung, die wir führten, im Endziele den Zweck hatte, den militärischen Bandenkampf des Heeres dazu auszunutzen, um die rücksichtslose Liquidierung des Judentums und anderer unerwünschter Elemente zu ermöglichen“.

Generaloberst Erich von Manstein äusserte in einem Befehl vom 20. November 1941:

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„Dieser Kampf wird nicht in hergebrachter Form gegen die sowjetische Wehrmacht allein nach europäischen Kriegsregeln geführt. […] Das Judentum bildet den Mittelsmann zwischen dem Feind im Rücken und den noch kämpfenden Resten der Roten Armee und der Roten Führung […] Das jüdisch-bolschewistische System muss ein für alle Mal ausgerottet werden“.

Generaloberst Hermann Hoth formulierte dies in einem Armeebefehl der 17. Armee vom 17. November 1941 wie folgt:

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„Es ist die gleiche jüdische Menschenklasse […]. Ihre Ausrottung ist ein Gebot der Selbsterhaltung“.

Heinrich Himmler sprach in seinen Posener Reden und weiteren Geheimreden zwischen Oktober 1943 und Juni 1944 vor Befehlshabern der Wehrmacht offen über die Judenvernichtung und die Vernichtungspolitik gegenüber Rotarmisten und Slawen.

Laut Dieter Pohl war zwar nur eine Minderheit der Wehrmachtsoldaten direkt am Judenmord beteiligt, aber die Wehrmacht als Organisation nahm auf vielfache Weise daran teil: Die Militärverwaltungen gaben in vielen besetzten Gebieten jene antijüdischen Verordnungen heraus, die die Judendeportationen in die osteuropäischen Vernichtungslager vorbereiteten. In Serbien veranlasste die Militärverwaltung Mitte 1941 die Erschiessung der jüdischen Männer. In der Sowjetunion sorgten die Kommandanturen für die Registrierung und Kennzeichnung der Juden, ihre Benachteiligung bei der Versorgung und auch für die Einrichtung einzelner Ghettos. Oft arbeiteten sie bei grossen Mordaktionen mit der Polizei zusammen, stellten Infrastruktur und manchmal auch Personal. Geheime Feldpolizei und Feldgendarmerie jagten versteckte Juden und töteten diese zum Teil selbst. Im Hinterland eingesetzte Wehrmachteinheiten ermordeten Juden und Zigeuner oft ebenso wie die Einsatzgruppen, so die 707. Infanterie-Division in Weissrussland.

Ferner wurden viele Angehörige von Wehrmachteinheiten Zeugen und Helfer der von den Einsatzgruppen begangenen Massenmorde. Ihre Befehlshaber liessen häufig zu, dass SD-Kommandos (SD = Sicherheitsdienst des Reichsführers SS) in den Kriegsgefangenenlagern Juden, Kommunisten und andere „Verdächtige“ aussonderten und töteten. Die Wehrmachtführung schloss im April 1940 ihrerseits fast alle „jüdischen Mischlinge“ aus ihren Reihen aus.