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Bunker Killer

(aus Wikipedia)

Tallboy (Bombe)

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07_126/Tallboy-Bombe

Die Tallboy-Bombe (engl. „grosser Junge“) war eine Fliegerbombe der Royal Air Force (RAF) und wurde von dem britischen Ingenieur Barnes Wallis entwickelt. Sie war eine bunkerbrechende Waffe. Die offizielle Bezeichnung lautete D.P.12000 lb (Deep Penetration, 12.000 Pfund). Mit einem Gewicht von 5,4 Tonnen, davon 2,4 t hochbrisanter Sprengstoff, sowie einem Verzögerungs- bzw. Langzeitzünder war sie  speziell für den Einsatz gegen stark befestigte Betonbauten und Bunker konzipiert worden, gegen die sich kleinere Bomben als unzureichend erwiesen hatten. Ab Frühjahr 1944 wurden insgesamt 854 Bomben an die Verbände der RAF ausgeliefert. Im November 1944 brachten mehrere Tallboys das deutsche Schlachtschiff Tirpitz zum Kentern.

Geschichte
Im Bewusstsein, dass der Feind durch Zerstörung seiner Infrastruktur und Fertigungsstätten empfindlich geschwächt werden würde, entwickelte Barnes Wallis bereits zu Beginn des Zweiten Weltkriegs fortschrittliche Bombentypen auf Basis einzelner überschwerer Bomben.

Schon vor dem Krieg hatte er die Idee einer Zehn-Tonnen-Bombe, die nach dem „Erdbebenprinzip“ arbeitete, in seiner Studie A Note on a Method of Attacking the Axis Powers (etwa „Notiz über eine Möglichkeit, die Achsenmächte anzugreifen“) vorgestellt.

Seine Berechnungen zeigten, dass eine sehr grosse Bombe, die in der Nähe eines Ziels detoniert, eher ein „camouflet“, eine unterirdische, durch eine Explosion verursachte Höhlung statt eines Kraters verursachen würde. Dadurch würde fast die gesamte Energie der Explosion vom Erdboden aufgenommen, und über die Fundamente würde ein deutlich höherer Anteil der Explosionsenergie als Schockwelle auf das Ziel einwirken als bei Explosionen an der Oberfläche, bei denen ein Grossteil des Explosionsdruckes in die Atmosphäre entweicht und (mehr oder weniger wirkungslos) verpufft.

Die Tragekapazität britischer Vorkriegsbomber war damals bei weitem zu gering für derart schwere Waffen. Ab 1939 machte die Flugzeugmotoren-Technik schnelle Fortschritte: Es war wichtig, welche Flugzeuge schneller und/oder höher fliegen konnten als die gegnerischen beziehungsweise mit welchen Flugmanövern zum Beispiel Bomber reagieren konnten, die von gegnerischen Jagdflugzeugen angegriffen wurden.

Wallis kehrte in den 1940er Jahren zu seinen Entwürfen für die „Erdbebenbomben“ zurück, als die von ihm entwickelte Rollbombe erfolgreich gegen deutsche Staudämme eingesetzt werden konnte (Operation Chastise, Mai 1943) und in der Folge das Interesse an gezielten strategischen Einsätzen stark zunahm.

Im Vorfeld der geplanten Landung in der Normandie (Juni 1944) hatte die Royal Air Force (RAF) ein offenes Ohr für visionäre Gedanken, da sie eine geeignete Waffe benötigte, um weitere grosse zivile Bauwerke (wie beispielsweise Tunnel und Brücken), schwer gepanzerte Ziele (zum Beispiel Schlachtschiffe) und Betonbauten (Bunker) ausschalten zu können. Sie wollte Ziele am Atlantikwall (zum Beispiel U-Boot-Bunker und Küstenstädte, die Hitler zu „Festungen“ erklärt hatte) entscheidend treffen.

Auch 1943 hatte die RAF noch keine geeignete Plattform zum Einsatz einer zehn Tonnen schweren Bombe. Wallis begann deshalb mit der Entwicklung verkleinerter Versionen, von denen eine die 12.000 lbs schwere Tallboy-Bombe werden sollte.

Die Entwicklung und die Produktion der Waffe(n) erfolgten damals, obwohl weder ein offizieller Auftrag des Ministeriums erteilt noch ein Vertrag abgeschlossen worden war. Die RAF warf also Bomben ab, die sie noch nicht einmal gekauft hatte. Sie waren noch immer Eigentum ihres Herstellers Vickers-Armstrongs. Erst als der Bedarf an einer solchen Waffe erkannt wurde, gab die Führung grünes Licht.

Die Bombe erhielt eine langgezogene aerodynamische Form. Dabei zeigten erste Ausführungen eine Neigung zum Taumeln, was die Zielgenauigkeit, die aufgrund der grossen Abwurfhöhe ohnehin beschränkt war, verminderte. Daraufhin wurden die Leitwerke so verändert, dass sie die Bombe in eine Längsrotation versetzten und damit drallstabilisierten.

Wie bei der Grand Slam wurden die Bomberbesatzungen aus Kostengründen angewiesen, nicht abgeworfene Bomben wieder zu den Stützpunkten zurückzubringen und mit den Bomben an Bord zu landen. Im Zweiten Weltkrieg war es den Bomberbesatzungen ansonsten aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben, nicht eingesetzte Bomben vor der Landung abzuwerfen.

Technische Daten

Länge                            6,35 m
Durchmesser                 950 mm
Gewicht                         5.443 kg (12.000 lbs)
Gefechtskopf                 2.358 kg „Torpex D1“ (Torpedo explosive; engl. für Torpedosprengstoff)
Anzahl eingesetzt          854

Tallboy-Einsätze
Eisenbahntunnel von Saumur – Die Nordsüd-Strecke über die Loire. 25 Lancaster der „Dambusters“ genannten No. 617 Squadron (davon 19 mit Tallboys und 6 konventionell ausgerüstet) griffen in der Nacht vom 8. zum 9. Juni 1944 an. Dies war der erste Einsatz der Tallboy, der Tunnel wurde dabei zerstört – einer der Tallboys bohrte sich durch die Hügelkette und explodierte 20 Meter darunter im Tunnel, der daraufhin einstürzte. Keines der angreifenden Flugzeuge ging verloren.

  • U-Bootbunker bei Le Havre – Am 14. Juni 1944 griffen während der ersten massiven Tagangriffe seit Mai 1943 22 Lancaster der 617th Squadron der RAF die stark befestigten Anlagen an. Sie leisteten damit lediglich die Vorarbeit vor dem Anflug der eigentlichen ersten Bomberwelle. Mehrere Treffer waren zu verzeichnen, eine der Bomben durchschlug die Decke.
  • Blockhaus von Éperlecques im Wald von Éperlecques – wurde am 19. Juni 1944 im Rahmen der Operation Crossbow von der 617. angegriffen. Der am nächsten abgeworfene Tallboy explodierte 46 Meter vom Ziel entfernt. Der Angriff wurde am 27. Juli wiederholt: ein Tallboy-Treffer, der den Betonpanzer jedoch nicht durchdringen konnte.
  • La Coupole, V2-Bunker bei Wizernes (Département Pas-de-Calais) – am 24. Juni 1944 bombardiert. Die 617. Squadron erzielte auch hier mehrere Tallboy-Volltreffer, konnte die Betonkuppel allerdings nicht ernsthaft beschädigen.
  • Siracourt, V1-Bunker – Die Lancaster der 617. erzielten am 25. Juni 1944 ohne eigene Verluste drei Tallboy-Treffer.
  • Bombardierung eines weiteren Eisenbahntunnels bei Rilly-la-Montagne, der als V1-Lagerstätte genutzt wurde (25. Juli 1944). Beide Tunneleinfahrten stürzten nach Tallboy-Treffern ein. Auch dieser Einsatz wurde von den Dam Busters geflogen.
  • V3-Geschützstellung von Mimoyecques – Diese deutsche Geschützstellung wurde von der 617. durch drei Tallboy-Treffer zerstört, bevor sie gegen London eingesetzt werden konnten (6. Juli 1944).
  • Am 5. August 1944 griffen 15 Lancaster der 617. die U-Bootbunker in Brest an und erzielten sechs Tallboy-Volltreffer, die allesamt die mehrere Meter dicke, speziell verstärkte Decke durchschlugen. Eine Lancaster wurde dabei von der Flak abgeschossen. Darauffolgende Bemühungen der Kriegsmarine, die verbleibenden Stützpunkte mit noch dickeren Betondecken zu verstärken, beanspruchte dringend benötigte Ressourcen für andere Bauvorhaben.
  • Dortmund-Ems-Kanal in der Nähe von Ladbergen, nördlich von Münster. Ziel war es, den Dortmund-Ems-Kanal an der Unterführung des Mühlenbachs zu zerstören, um den Kanal auslaufen zu lassen – dies gelang jedoch nie.
  • Stauwehr Märkt nördlich von Basel – Die alliierte Führung befürchtete, die angestauten Wassermassen des Rheins könnten benutzt werden, um den vorrückenden US-Truppen den Weg zu versperren. Am 7. Oktober 1944 zerstörten die Dam Busters die Schleusentore mit aus niedriger Höhe abgeworfenen Tallboys, woraufhin das Wasser ablief.
  • Sorpe-Talsperre – Der schon einmal von den Dam Busters attackierte Staudamm widerstand auch diesmal dem Angriff, obwohl mehrere Volltreffer beobachtet wurden (15. Oktober 1944).
  • Schlachtschiff Tirpitz der Kriegsmarine – Da sich der Liegeplatz im Kåfjord ausserhalb der Reichweite britischer Bomberstützpunkte befand, griffen am 15. September 1944 die 617. und die 9. Squadron mit insgesamt 24 Tallboys von Yagodnik in der Nähe von Archangelsk in Russland aus das Schiff an. Der einzige Treffer, der das Vorschiff 10 Meter hinter dem Bug auf Höhe des Kettenstoppers durchschlug und aussenbords unter Wasser detonierte, beschädigte es so schwer, dass es nicht mehr seefähig war und nach einer Behelfsreparatur zwar mit eigener Kraft, aber nur noch mit höchstens 10 Knoten zu einem Liegeplatz bei Tromsø verlegt wurde. Die RAF startete am 29. Oktober 1944 von der Basis Lossiemouth (Schottland) aus einen weiteren Angriff mit 32 Lancaster-Bombern, wobei der einzige Nahtreffer die Backbord-Aussenwelle (die Aussenstopfbuchse) beschädigte sowie das Achterschiff aufriss und backbordseitig auf 35 Meter unter Wasser setzte. Bei einem dritten Angriff am 12. November 1944 mit 29 geworfenen Bomben verursachten zwei Tallboy-Volltreffer sowie zwei Nahtreffer das Kentern der Tirpitz, die aber nicht vollständig sank, weil die Aufbauten im seichten Wasser Grundberührung hatten.
  • Schnellbootbunker bei IJmuiden – Am 15. Dezember 1944 griff die 617. die Anlage mit Tallboys an, die Einschläge konnten aufgrund starker Rauchentwicklung nicht beobachtet werden.
  • U-Boot-Bunker in Bergen – bombardiert von der 617. und der 9. mit Tallboys (12. Januar 1945). Drei Volltreffer durchschlugen die über 3,5 Meter dicke Stahlbetondecke des Bunkers und richteten massive Zerstörungen an. Bei dem Angriff wurden drei Lancaster-Bomber abgeschossen.
  • Schnellbootbunker bei IJmuiden – erneute Bombardierung durch die 9. Squadron mit Tallboys am 3. Februar 1945.
  • U-Bootbunker in Poortershaven – von der 617. am 3. Februar 1945 mit Tallboys angegriffen.
  • U-Bootbunker IJmuiden – erneuter Tallboy-Angriff der 617. am 8. Februar 1945, keine eigenen Verluste.
  • Schildescher Viadukt bei Bielefeld – am 14. März 1945 von der 617. und der 9. mit Tallboys und der ersten Grand Slam Bombe bombardiert. Der Eisenbahnviadukt stürzte auf einer Länge von knapp 100 Metern zusammen, da er den erdbebenartigen Schockwellen der überschweren Bomben nicht standhielt.
  • Arnsberger Viadukt – Angriff der 9. am 15. März 1945 mit einer Grand Slam und zehn Tallboy-Bomben; das Bauwerk hielt stand. Beim erneuten Angriff am 19. März zerstörten sechs Grand Slam- und zwölf Tallboy-Bomben das Viadukt.
  • U-Boot-Bunker Valentin in Bremen-Farge: Am 27. März griffen 18 Lancaster mit 13 Grand Slams, vier Tallboys und zwölf 454-kg-Bomben an. Zwei Grand Slams rissen jeweils acht Meter grosse Löcher in die Bunkerdecke.
  • Mineralölwerk Lützkendorf (bei Krumpa im Geiseltal) der Wintershall AG: In der Nacht vom 8. zum 9. April 1945 mit 18 Maschinen des 9. Squadron. 17 Tallboys über dem Ziel realisiert, ein Abbruch auf Grund von Triebwerksproblemen und Abwurf in der Nähe von Cochem, ein Abschuss durch Flak nach Bombenlauf. Lützkendorf wurde als letztes produzierendes Treibstoffwerk im Deutschen Reich total zerstört. Darauf wurde die alliierte Offensive gegen die Hydrierwerke am 12. April 1945 eingestellt.
  • U-Bootbunker Fink II, Hamburg – Am 9. April 1945 von der 617. mit Tallboys und Grand Slam Bomben angegriffen. Mehrere Treffer, keine eigenen Verluste.
  • Schwerer Kreuzer Lützow (vormals Panzerschiff Deutschland) – am 16. April 1945 in der Kaiserfahrt bei Swinemünde von der 617. Squadron trotz schwersten Flakfeuers mit Tallboys und 500-kg-Bomben angegriffen. Ein Tallboy-Nahtreffer verursachte einen etwa 20 Meter langen Riss in der Wasserlinie, worauf der Kreuzer in dem seichten Wasser auf Grund sank. Von den 15 angreifenden Bombern kehrte einer nicht zurück. Dies war der letzte Verlust des Geschwaders während des Krieges.
  • Küstenbatterien auf Helgoland – Angriff am 19. April 1945 von der 617. und der 9. mit Tallboys. Alle Stellungen wurden getroffen, keine eigenen Verluste.
  • Hitlers Kehlsteinhaus bei Berchtesgaden – nicht getroffen – am 25. April 1945 von einer gemischten Einheit (unter anderem die 617., die ihre letzten Tallboys abwarf) angegriffen.

Grand-Slam-Bombe

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07_127/Eine Grand Slam wird im Depot bei Woodhall Spa, Lincolnshire, für einen Abendangriff des 617. RAF-Geschwaders am 22. März 1945 gegen die Eisenbahnbrücke Nienburg auf einen Transportwagen verladen

Die Grand Slam (engl. „Grosser Schlag“) ist mit über zehn Tonnen Gewicht die bis heute schwerste in einem Krieg eingesetzte Fliegerbombe. Die mit konventionellem Sprengstoff gefüllte Sprengbombe wurde Ende 1944 entwickelt und im Zweiten Weltkrieg von den britischen Luftstreitkräften gegen Grossziele wie schwer gepanzerte Bunker und Brücken eingesetzt.

Ihr Entwickler, der britische Flugzeug-Bauingenieur Barnes Wallis, hatte zuvor die 5,4 Tonnen schwere „Tallboy-Bombe“ konstruiert. Da jedoch auch diese bis dahin stärkste Bombe einige Ziele wie die schwerst gepanzerten U-Boot-Bunker der Kriegsmarine in Frankreich und Norddeutschland nicht zerstören konnte, wurde eine noch grössere Bombe entwickelt.

Konstruktion
Die Grand Slam hatte eine aerodynamisch besonders günstige Form, die Leitwerke am langen Heck versetzten sie zur Verbesserung der Zielgenauigkeit in eine stabilisierende Rotation um die Längsachse.

Ihr Mantel aus Stahl besass eine deutlich grössere Wandstärke als herkömmliche Bomben des Zweiten Weltkriegs, um den Aufprall auf gepanzerte Oberflächen zu überstehen. Er wurde in einem Stück um einen Betonkern in Sand gegossen; nach Entfernung des Betonkerns und dem Härten wurde die Sprengladung portionsweise eingegossen. Der flüssige Sprengstoff benötigte jeweils einen Monat, um auszukühlen und zu erstarren, was die Fertigung stark einschränkte. Wie bei der Tallboy wurden die Bomberbesatzungen daher angewiesen, nicht abgeworfene Bomben wieder zurückzubringen und mit den Bomben an Bord zu landen. Im Zweiten Weltkrieg war es ansonsten aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben, nicht eingesetzte Bomben vor der Landung über dem Meer oder über den Stellungen des Atlantikwalls abzuwerfen.

Aus grosser Höhe abgeworfen, erreichte die Grand Slam knapp Überschallgeschwindigkeit und konnte vor der Explosion bis zu 40 Meter tief ins Erdreich eindringen.

07_T34-Datentabelle
07_T34-Datentabelle

Einsatzplattform
Als Trägersystem für jeweils eine Grand Slam-Bombe dienten Lancaster-Bomber in der Sonderausführung BI (Special). Sie unterschieden sich von der herkömmlichen Ausführung durch leistungsgesteigerte Motoren und schubstärkere Propeller; aus Gründen der Gewichtsersparnis und verbesserten Aerodynamik entfielen sämtliche Waffenstände. Zum Einsatz der Tallboy hatten sie ausgestellte Klappen für den Bombenschacht erhalten. Zum Einsatz der Grand Slam wurden die Klappen ganz entfernt und eine Verkleidung montiert. Um die maximale Eindringtiefe zu erreichen, musste die Bombe aus einer Höhe von 6700 Metern abgeworfen werden, so dass bei solchen Einsätzen ihre Zielgenauigkeit eingeschränkt war.

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07_128/Abwurf einer Grand-Slam-Bombe durch einen Lancaster-Bomber der 617. RAF Staffel auf das Arnsberger Viadukt, März 1945
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07_129/Eine Grand Slam hat die Betondecke des U-Boot-Bunkers Valentin in Bremen durchschlagen (7 Meter Spannbeton)

Einsätze
Da dieses Waffensystem erst gegen Kriegsende verfügbar war, wurde es nur 41 Mal eingesetzt, hauptsächlich gegen Brücken und Viadukte. Seine Wirkung war im Einzelfall jeweils verheerend: Im Umkreis von etwa einhundert Metern bestand praktisch keine Überlebenschance. Die Druckwelle der Explosion verursachte bei Detonation unter der Erdoberfläche eine erdbebenartige Erschütterung, die in der näheren Umgebung auch grössere Gebäude einstürzen liess.

  • Der erste Einsatz der Grand Slam erfolgte am 14. März 1945 beim Angriff der No. 617 Squadron der britischen Luftwaffe unter Squadron Leader CC („Jock“) Calder auf den Schildeschen Viadukt in Bielefeld. Durch einen Treffer in unmittelbarer Nähe stürzten zwei der gemauerten Segmente des Bauwerks komplett ein, was den Viadukt unbrauchbar machte. Dabei wurden mehr als 50 Anwohner getötet.
  • Auch der Viadukt bei Arnsberg wurde am 19. März 1945 schliesslich durch eine Grand Slam zerstört, nachdem mehrere Angriffe mit konventionellen Bomben nur kleinere Schäden angerichtet hatten.
  • Am 27. März 1945 griffen 18 speziell ausgerüstete Bomber vom Typ Lancaster B Mk.I (Special) der Royal Air Force, die mit 13 Grand Slams, vier Tallboys (je 5,4 t) und zwölf 454-kg-Bomben bewaffnet waren, den U-Boot-Bunker Valentin in Bremen-Rekum an. Zwei Grand Slams drangen in die in der ersten Ausbaustufe befindliche 4,5 Meter starke Decke etwa 2 Meter tief ein. Eine Bombe war mit einem Langzeitzünder ausgestattet, der die Bombe erst Stunden später explodieren liess. Aufgrund der enormen Sprengkraft gab dann die Decke nach, und es entstand ein 7 bis 8 Meter breites Loch.
  • Am 9. April 1945 griff die 617th Squadron den U-Bootbunker Fink II in Hamburg mit Tallboys und Grand Slams an und erzielte mehrere Treffer.

Verschiedenes
Im Jahre 1958 stellte sich anlässlich von Strassenbauarbeiten heraus, dass 1946 am Eingang der britischen Luftwaffenbasis Scampton eine scharfe Grand-Slam-Bombe aufgestellt worden war. Sie war weder leer noch mit Beton ausgegossen, wie all die Jahre angenommen. Die Zehn-Tonnen-Bombe wurde daraufhin unter strengen Sicherheitsvorkehrungen zum Experimental-Schiessplatz von Shoeburyness transportiert und dort gesprengt. Ihre Explosion war noch in einer Entfernung von 16 Kilometern zu hören.

Eine Zeitreise zu Heute

(www.diepresse.com)

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07_130/Al Weimorts (re.), Erbauer der MOAB, anno 2008 mit einem Testmodell. US Air Force
07_131/Illustration der russischen "AVBMP"-Bombe unter einem "Blackjack"-Bomber WN/globalsecurity (Illustration)

Das Arsenal der „Super-Bomben“
Der Abwurf der zehn Tonnen schweren US-Bombe, vulgär auch „Mutter aller Bomben“ genannt, am Donnerstag den 14.04.2017 auf Afghanistan enthüllte eine weithin wenig bekannte Waffengruppe.

Es war ein weiter Weg von den ersten kleinen rohr- bzw. kugelförmigen Sprengkörpern, die Soldaten des Jin-Reichs im heutigen Ostchina um 1220 herum händisch gegen Feinde etwa des Song-Reiches im Süden warfen, bis zu jener zehn Tonnen schweren Riesenbombe, die ein US-Transportflugzeug am Donnerstag den 14.04.2017 über Ostafghanistan abwarf, um ein festungsartiges Stellungssystem des Islamischen Staates (IS) zu zertrümmern: Der mächtigen Explosion, die auch Erdbebenwellen freisetzte, sollen mindestens 36 Kämpfer zum Opfer gefallen sein. Allerdings hatten sich im Einsatzraum angeblich 600 bis 800 Kämpfer aufgehalten.

Ein fünf Kilometer entferntes Dorf blieb indes heil, und zivile Opfer gab es angeblich nicht. Der Einsatz der neun Meter langen Bombe GBU-43/B „Massive Ordnance Air Blast“ sei seit Monaten erwogen worden und eine taktische, keine politische Entscheidung gewesen, liess der US-Befehlshaber in Afghanistan, General John Nicholson, wissen. Man habe selten zuvor ein so schwieriges Hindernis angetroffen, eine seit März laufende Offensive habe sich daran festgerannt. „Also war es die richtige Zeit und das richtige Ziel dafür.“ In der Tat standen bald darauf US-Truppen in der Einschlagszone.

Biblische Referenzen
Die Bombe, deren Akronym „MOAB“ gern als „Mother of all bombs“ ausgesprochen wird, aber auch ans biblische Reich Moab am Ostufer des Toten Meers erinnert, das einst mit den Israeliten kämpfte und von diesen im Alten Testament ziemlich übel dargestellt wird, war Anfang der 2000er am Air Force Research Laboratory entwickelt und seit 2003 in kleiner Zahl von der McAlester-Munitionsfabrik in Oklahoma gebaut worden. Der Stückpreis wurde 2014 mit 16 Millionen Dollar angegeben.

Sie soll vor allem Ziele an der Oberfläche und in nicht allzugrosser Tiefe im Boden bekämpfen, der Radius totaler Zerstörung in einer Ebene beträgt etwa 150 Meter, alles ist eine Frage der Topografie. Ein „echter“ Bunkerknacker soll sie indes nicht sein, aber der enorme Explosionsdruck, den die 8,5 Tonnen Sprengstoff (ein Mix vor allem aus TNT, Hexogen und Aluminiumpulver) erzeugen, kann auch tief drinnen in Höhlen für Menschen verheerend sein. Die für Fliegerbomben an sich unüblich überproportionale Sprengladung (das Bruttogewicht von Bomben besteht nämlich meist nur zur Hälfte und weniger aus Sprengstoff) entspricht umgelegt auf ein Norm-Mass jenem der Explosionskraft von elf Tonnen TNT.

Der grosse Hammer der Russen
Deshalb ist die Moab auch nicht die stärkste heutige Bombe: Russlands 2007 vorgestellte „Thermobarische Fliegerbombe verstärkter Sprengkraft“ AVBPM, auch „Vater aller Bomben“ genannt, ist kräftige drei Tonnen leichter, auch zu mehr als 80% sprengstoffgefüllt, hat aber weit grössere 40 bis 44 Tonnen TNT-Äquivalent bei einem Vernichtungsradius von 300 Metern. Noch in 2000 Metern soll es Menschen umwerfen.

Ihr schreckliches Geheimnis: Sie setzt eine Aerosolwolke aus Ethylenoxid und Aluminiumpulver frei, die sich schnell ausbreitet und durch Sprengladungen entzündet wird. Da der Feuerball in sich jeden Sauerstoff verbraucht, entsteht eine Unterdruckzone, in die nun Umgebungsluft gerissen wird, was bei Menschen auch ausserhalb des Feuerballs Lungenverletzungen (Barotrauma) bewirken kann. Informationen und Bilder zu der Bombe, die nie benutzt worden sein soll, sind spärlich; es gibt auch Stimmen, wonach sie weit schwächer wirke. Die Wirkung kleiner thermobarischer Waffen, die die Russen als Fliegerbomben oder Raketensprengköpfe schon im Kaukausus und Syrien eingesetzt haben, wird als für Menschen ungewöhnlich grausam beschrieben.

60 Meter durch Beton
Der reinen Masse nach am schwersten wiederum ist die amerikanische Bombe GBU-57/A „Massive Ordnance Penetrator“ MOP (GBU steht für „Guided Bomb Unit“, was Lenkbarkeit etwa durch Laser und GPS  anzeigt). Diese sechs Meter lange, seit etwa 2009 von Boeing gefertigte Waffe wiegt satte 14 Tonnen bei nur 2,4 bis 2,7 Tonnen Sprengstoff.

Ihr Zweck ist aber nicht grosse oberflächliche Verheerung: Sie soll, aus grosser Höhe abgeworfen, aufgrund ihrer Masse extrem tief eindringen, angeblich durch 60 Meter Beton und noch mehr Erde/Felsgemisch, und dann erst in der Tiefe explodieren. Die in der Praxis oft genutzte kleinere Bunkerknackerbombe GBU-28 (Masse 2300 kg, 290 kg Tritonal) durchschlägt im Vergleich dazu sechs Meter Beton oder 30 Meter Erde.

Der Bau von MOP (Abwurf zu je zwei Stück von im Radar unsichtbaren B-2-Bombern oder durch B-52) wurde nach Auffliegen von Irans Atomprogramm 2003 beschleunigt, als man fand, dass viele Einrichtungen der Iraner tief unter der Erde lagen. Jagt man eine zweite Bombe in den Schacht, den die erste aufriss, kann man sogar noch tiefer „graben“. Wie viele MOPs es gibt, ist aber nicht so klar. 2011 wurden 16 bestellt, später war die Rede von mehr als 20 im US-Arsenal.