Aus der Zeit  >  Kriegsverlauf 1942

Schlachten im Jahr 1942, Teil 1

(aus Wikipedia)

Kesselschlacht von Demjansk (07.01.1942 – 21.02.1942)

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03_03/Kartenausschnitt von Demjansk

Die Kesselschlacht von Demjansk (auch kurz Kessel von Demjansk; russisch Демянская операция) fand Anfang 1942 während des Zweiten Weltkrieges an der deutsch-sowjetischen Front südöstlich des Ilmensees statt. Bis zum 8. Februar konnte die Rote Armee um die Stadt Demjansk sechs deutsche Divisionen einkreisen. Diese hielten den Kessel dank massiver Versorgung aus der Luft, bis deutsche Truppen am 21. April durch einen Entsatzangriff wieder Verbindung mit der Besatzung aufnehmen konnten. Bis zur endgültigen Räumung des Gebietes durch die deutschen Truppen verging jedoch noch fast ein Jahr. Erst im März 1943 zogen dort die letzten deutschen Truppen ab.

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03_04/Offensive der Roten Armee südlich des Ilmensees, 7. Januar – 21. Februar 1942

Am 8. Januar 1942 eröffneten die Truppen der sowjetischen Nordwestfront (Generalleutnant Pawel Alexejewitsch Kurotschkin) zwischen dem Ilmensee und dem Seligersee den Angriff auf die Stellungen des X. Armeekorps (General der Artillerie Christian Hansen) und des II. Armeekorps (General der Infanterie Walter Graf von Brockdorff-Ahlefeldt) der 16. Armee (Generaloberst Ernst Busch) der Heeresgruppe Nord (Generalfeldmarschall Wilhelm Ritter von Leeb). Die sowjetische 11. Armee (Generalleutnant Wassili Iwanowitsch Morosow) durchbrach am südlichen Ufer des Ilmensee die Stellungen der 290. Infanterie-Division und stand bereits am 9. Januar vor Staraja Russa. Trotz ununterbrochener Angriffe konnte die Stadt von deutschen Truppen gehalten werden.

Bei einem Besuch im Führerhauptquartier am 12. Januar 1942 beantragte der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, Generalfeldmarschall Ritter von Leeb, die Stellungen der deutschen Truppen auf den Lowat zurückzunehmen, bei gleichzeitigen Gegenangriffen zum Entsatz. Hitler nahm die Einkesselung bewusst in Kauf, lehnte den Vorschlag ab und befahl stattdessen dem II. Armeekorps, Demjansk um jeden Preis zu halten, auch wenn die Verbindung zum X. Armeekorps bei Staraja Russa abreissen sollte. Deshalb bat von Leeb um seine Entlassung. Hitler gab dem Gesuch statt und berief Generaloberst Georg von Küchler, den Oberbefehlshaber der 18. Armee, zu von Leebs Nachfolger. Hitler wollte durch seine Entscheidung starke Feindkräfte binden und Demjansk als Ausgangsbasis für spätere Angriffsoperationen halten, zu denen es aber aus Kräftemangel nicht mehr kommen sollte.

Ab Ende Januar schwenkte das durch den Einbruchsraum der sowjetischen 11. Armee nachgeführte sowjetische I. Garde-Schützenkorps (Brigadegeneral Afanassi Sergejewitsch Grjasnow) von Staraja Russa nach Südosten in den Rücken des X. und des II. Armeekorps ein und stiess der nach Nordwesten vorgehenden sowjetischen 3. Stossarmee (Generalleutnant Maxim Alexejewitsch Purkajew) entgegen, die am 9. Januar die Stellungen der 123. Infanterie-Division westlich des Seligersees durchbrochen hatte. Trotz des erbitterten Widerstandes der deutschen Truppen vereinigten sich die Spitzen der sowjetischen Truppen nach Mitte Februar im Bereich des Ortes Salutschje, nachdem bereits am 8. Februar die letzte Nachschubstrasse und alle Fernsprechkabel in den Kessel durchtrennt worden waren.

Der zwischen der sowjetischen 11. Armee und der 3. Stossarmee stehenden sowjetischen 34. Armee (Generalleutnant Nikolai Erastowitsch Bersarin) gelang es in den ersten Angriffstagen, in die Naht zwischen der 290. und 30. Infanterie-Division einzubrechen und das Gebiet südlich des Bahnhofes Beglowo zu nehmen. Alle weiteren Angriffe dieser Armee auf die Kesselfront konnten bis zur Räumung des Kessels abgewiesen werden.

Die vor der Südfront des Kessels liegenden Einheiten der sowjetischen 3. Stossarmee und der 34. Armee wurden im Mai 1942 als 53. Armee (Generalleutnant Aleksandr Sergejewitsch Xenofontow) zusammengefasst.

Kämpfe um den Kessel
In einem Kesselgebiet von zirka 3.000 Quadratkilometern mit einem Frontumfang von etwa 300 Kilometern um die Stadt Demjansk, 75 km südöstlich des Ilmensees, waren sechs Divisionen mit etwa 95.000 Soldaten und 20.000 Pferden eingeschlossen. Dazu gehörte auch die SS-Division Totenkopf unter SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Theodor Eicke. 35 Kilometer trennten das Einschlussgebiet von der Hauptkampflinie um Staraja Russa. Der Kessel wurde erfolgreich durch die Luft versorgt, zu diesem Zweck war bereits gegen Ende Januar im Kessel mit dem Bau zweier behelfsmässiger Feldflugplätze östlich von Demjansk (Saoserje und Pjesti) begonnen worden.

Schon am 18. Februar 1942 erhielt der Einsatzstab des LTF (Lufttransportführer) Ost, Oberst (später Generalmajor) Fritz Morzik den Befehl zur Durchführung des Einsatzes, wofür Transportfliegerkräfte der K.Gr.z .b. V. (Kampfgruppe zur besonderen Verwendung) auf Absprunghäfen konzentriert wurden. Sie wurden später durch weitere abgezogene Kapazitäten der Luftflotte 4 aus dem Südabschnitt der Ostfront und durch neu aufgestellte Verbände ergänzt. Als Absprunghäfen wurden alle in Reichweite befindlichen Feldflughäfen eingesetzt: Pleskau-Süd, Pleskau-West, Korowje-Selo, Ostrow-Süd, Tuleblja, Riga, Riga-Nord, Dünaburg.

Bis Anfang März 1942 wurden für den Einsatz ca. 220 Flugzeuge zusammengezogen, von denen aber nur 30 % einsatzbereit waren. Die von Morzik angeforderten zusätzlichen 300 Transportflugzeuge wurden nur zu einem geringen Teil zur Verfügung gestellt. Besondere Probleme bereitete dabei die Wartung und Reparatur der Flugzeuge. Im Einsatz selbst waren die Flugzeuge vor allem durch Flugabwehrfeuer gefährdet. Angriffe durch feindliche Jäger kamen auf Grund der seinerzeitigen Schwäche der sowjetischen Luftwaffe selten vor. Für Morzik war diese Schwäche eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg der Versorgung.

Um die Kampfkraft der eingeschlossenen Truppen aufrechtzuerhalten, forderte das Heer anfangs die Zufuhr von täglich mindestens 300 Tonnen an Versorgungsgütern. Diese Menge wurde nur an wenigen Tagen erreicht. Für die Zeit vom 19. Februar bis zum 18. Mai 1942 wurden 24.303 Tonnen an transportierten Gütern gemeldet, ein Tagesdurchschnitt von 273 Tonnen. Diese Zahl ist wahrscheinlich nicht absolut zutreffend, da sie aus der Zahl der eingesetzten Flugzeuge multipliziert mit der Ladekapazität der Flugzeuge errechnet wurde. 22.093 Verwundete wurden ausgeflogen. Morzik beurteilte diese erste Kesselversorgung später aufgrund der Verluste als „negative[n] Erfolg“. In der obersten deutschen Führung kam man jedoch zu dem Schluss, dass sich eine solche Luftversorgung auch an anderer Stelle wiederholen liesse.

Folgende Divisionen befanden sich im Kessel eingeschlossen: (Die Reihenfolge der Nennung entspricht der Aufstellung der Divisionen vom Ilmensee bis zum Seligersee vor Beginn des sowjetischen Angriffs am 8. Januar 1942.

1. Armeekorps

  • Infanterie-Division (Generalleutnant Theodor Freiherr von Wrede)
  • Infanterie-Division (Generalleutnant Kurt von Tippelskirch)
  • SS-Division Totenkopf (Obergruppenführer Theodor Eicke)
  • Armeekorps
  • Infanterie-Division (Oberst Karl Hernekamp)
  • Infanterie-Division (Generalmajor Wilhelm Bohnstedt)
  • Infanterie-Division (Generalmajor Erwin Rauch)

Das Generalkommando des X. Armeekorps (General der Artillerie Christian Hansen) zog sich Ende Januar aus dem sich bildenden Kessel auf Staraja Russa zurück und übernahm dort den Befehl über die Truppen zur Verteidigung der Hauptkampflinie vom Ilmensee über Staraja Russa bis südwestlich der Stadt. Es waren dies folgende Truppen: 18. Infanterie-Division (mot.), 81. Infanterie-Division, Luftwaffen-Division Meindl, verstärktes Infanterie-Regiment 368 (später in Grenadier-Regiment 368 umbenannt) (281. SD), Polizeiregiment Nord, Sicherungsregiment Mayer und mehrere Kampfgruppen der SS-Division Totenkopf. In der ersten Februarwoche trafen die ersten Einheiten der 5. leichten Infanterie-Division aus Frankreich ein. Die drei eingeschlossenen Divisionen des X. Armeekorps wurden am 18. Februar dem im Kessel verbliebenen Generalkommando des II. Armeekorps unterstellt.

Ab Anfang März sickerten zirka 6.000 Mann des sowjetischen 1. Luftlandekorps aus ihrem Bereitstellungsraum um den Ort Wereteika von Norden über den gefrorenen Newij-Sumpf zwischen den Stützpunkten Pustynia und Nory der dünn besetzten deutschen Stellungslinie zwischen der 290. und der 30. Infanterie-Division in das Kesselgebiet ein. Sie sperrten Nachschubwege, überfielen rückwärtige Versorgungseinrichtungen, griffen vom 18. bis 26. März die Stellungen der 30. Infanterie-Division bei Lytschkowo aus dem Kesselinnern an (2. Luftlandebrigade unter Oberstleutnant Wassilenko mit dem zwischenzeitlich nachgeführten 54. Skibataillon) und stiessen in der Nacht vom 21. auf den 22. März auf den vermeintlichen Gefechtsstand des II. Armeekorps in Dobrosli vor (der Gefechtsstand wurde am Vortag vorsichtshalber nach Borowitschi östlich Demjansk verlegt), und auf die Feldflugplätze um Demjansk (1. Luftlandebrigade unter Oberstleutnant Tarassow und 204. Luftlandebrigade unter Major Grinjew). Die Angriffe konnten jedoch abgeschlagen werden. In zähen, sich bis Ende April hinziehenden Verfolgungskämpfen gelang es deutschen Jagdkommandos, die vom Nachschub abgeschnittenen sowjetischen Luftlandetruppen zu vernichten bzw. gefangen zu nehmen. Das 1. Luftlandekorps konnte seinen Kampfauftrag, die Vernichtung des Generalkommandos des II. Armeekorps, die Zerstörung der Feldflugplätze sowie die Befreiung des von der 30. Infanterie-Division zwischen Lytschkowo und Knewizy blockierten Teiles der Eisenbahnlinie von Waldai nach Staraja Russa, nicht erfüllen.

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03_05/Öffnung des Kessels von Demjansk (21. März 1942)
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03_06/Zusätzlicher Nachschub aus der Luft

Am 20. März 1942 trat südlich Staraja Russa die Stossgruppe Seydlitz (Generalleutnant Walther von Seydlitz-Kurzbach) im sogenannten Unternehmen Brückenschlag zur Öffnung des Kessels an, erreichte am 20. April den Ort Ramuschewo am Lowat-Fluss und konnte über den Fluss mit dem Sturmregiment des II. Armeekorps (Oberstleutnant Hermann von Borries), das am 14. April aus dem Kessel heraus (Unternehmen Fallreep) angetreten war, Verbindung aufnehmen. Der an seiner schmalsten Stelle im Bereich des Ortes Ramuschewo nur vier Kilometer breite Verbindungskorridor wurde in den folgenden Wochen nach Nord und Süd ausgeweitet. Da die einzige Nachschubstrasse über Ramuschewo zur Versorgung der Kesseldivisionen nicht ausreichte, musste die Luftversorgung weiterhin aufrechterhalten werden. Sie wurde Ende Oktober eingestellt, da die Transportkapazitäten zur Versorgung von Stalingrad benötigt wurden. Allerdings konnte nach einer beträchtlichen Süderweiterung des Verbindungskorridors Ende September/Anfang Oktober 1942 (Unternehmen Michael / Winkelried) eine weitere Nachschubstrasse in den Kessel eingerichtet werden. Ebenfalls wurde die bereits bestehende Heeresfeldbahn von Tuleblja nach Welikoje Sselo über Tscherentschizy bis nach Losnizy in den Kessel hinein verlängert.

Die Gesamtverluste des fliegenden Personals durch Feindeinwirkung sowie durch Abstürze auf Einsatzflügen betrugen während der Kesselversorgung Demjansk: 2 Gruppenkommandeure gefallen, 383 Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften gefallen, vermisst oder verwundet. 262 Transportflugzeuge gingen durch Feindeinwirkung, Abstürze und Bruchlandungen verloren.

Dieses erfolgreiche Halten und Versorgen eines Kessels wurde Ende 1942 zum verhängnisvollen Vorbild nach der Einschliessung der 6. Armee in Stalingrad.

  • Die Stossgruppe Seydlitz setzte sich wie folgt zusammen:
  • leichte Infanterie-Division (Generalmajor Karl Allmendinger)
  • leichte Infanterie-Division (Generalmajor Gustav Höhne)
  • Infanterie-Division (Generalmajor Sigfrid Macholz)
  • Infanterie-Division (Oberst Bruno Hippler)
  • Gebirgsjäger-Regiment 206 (Oberst Edmund Hoffmeister)
  • sowie Panzer-, Sturmgeschütz- und Flakeinheiten
  • und Teile der 18. Infanterie-Division (mot.) und der Luftwaffen-Felddivision Meindl

Folgen
Nach Erfüllung des Kampfauftrages wurde die Stossgruppe Seydlitz am 2. Mai 1942 wieder aufgelöst und deren Einheiten dem X. Armeekorps unterstellt. Die Einheiten verblieben bis zur Räumung im Februar 1943 im Verbindungskorridor und Kesselgebiet. Das Gebirgsjäger-Regiment 206 kam im Juli 1942 wieder nach Finnland zur 7. Gebirgs-Division. Die SS-Division Totenkopf wurde im Oktober 1942 zur Auffrischung und Umgliederung nach Frankreich verlegt. Die übrigen Divisionen des II. Armeekorps verblieben bis zur Räumung im Gebiet des ehemaligen Kessels und benötigten zur Abwehr der sowjetischen Angriffe Unterstützung durch weitere Einheiten:

  • SS Freikorps Danmark (Sturmbannführer Christian Frederik von Schalburg) Mai bis Juli 1942
  • Infanterie-Division (Generalmajor Erich Schopper) Juli 1942 bis Januar 1943
  • Infanterie-Division (Generalleutnant Paul Laux) Juli 1942 bis Räumung
  • Infanterie-Division (Generalleutnant Karl von Graffen) Dezember 1942 bis Räumung
  • Infanterie-Division (Generalleutnant Ernst Risse) Dezember 1942 bis Räumung
  • Infanterie-Division (General der Infanterie Friedrich Köchling) Februar 1943 bis Räumung
  • Infanterie-Division (Generalleutnant Johannes Mayer) April 1942 bis Räumung

Nach der Öffnung des Kessels war – nach Meinung aller beteiligten Führungsstäbe – die Räumung die einzig sinnvolle Lösung. Hitler lehnte dies mit der Begründung ab, das Kesselgebiet werde als Ausgangsposition für spätere Operationen gegen Moskau benötigt. Nachdem sich die militärische Lage an den Kesselfronten immer unhaltbarer entwickelt hatte, genehmigte er schliesslich am 1. Februar 1943 die Räumung. Die Truppen zogen sich ab dem 17. Februar bis Ende Februar planmässig auf Stellungen ostwärts des Lowat-Flusses und bis Mitte März auf die endgültige Hauptkampflinie am Redja-Fluss zurück. Die Räumung erfolgte während des am 15. Februar begonnenen sowjetischen Grossangriffes (Operation Polarstern) mit dem Ziel, das Kesselgebiet endlich – nach mehreren vergeblichen Versuchen – zu liquidieren. Die meisten der freigewordenen deutschen Divisionen kamen im Sommer 1943 in der Dritten Ladoga-Schlacht zum Einsatz.

Am 25. April 1943 stiftete Adolf Hitler den sogenannten „Demjanskschild“ „zur Erinnerung an die mehrmonatige heldenhafte Verteidigung des Kampfraumes Demjansk gegen einen zahlenmässig weit überlegenen Gegner“. Der Demjanskschild wurde allen Soldaten verliehen, die in der Zeit vom 8. Februar bis 21. April 1942 im Raum von Demjansk eingeschlossen waren.

Neben den zahlreichen Gefallenen und Verwundeten auf beiden Seiten litt vor Ort insbesondere die russische Zivilbevölkerung. Russische Angaben zu zivilen Opfern in der Region, u. a. in Lagerhaft, schwanken zwischen 20.000 und 100.000 Menschen. In der sowjetischen Propaganda wurden die Zahlen nach dem Krieg nach unten korrigiert, um den Ruhm der Truppen nicht zu schmälern (→Zensur in der Sowjetunion). Hinzu kamen erhebliche Zerstörungen von Gebäuden.

Die deutschen Toten sind heute unter anderem auf der Deutsche Kriegsgräberstätte Korpowo bestattet.

Schlacht am Wolchow (07.01.1942 – 30.04.1942)

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03_07/Kartenausschnitt von Wolchow

Die Wolchow-Schlacht (auch Ljubaner Operation, russisch Любанская операция) war eine Offensive der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg vom 7. Januar bis zum 30. April 1942.

Vorgeschichte
Nach der Einschliessung Leningrads (Leningrader Blockade) war der Vormarsch der deutschen Heeresgruppe Nord in der Schlacht um Tichwin vom 16. Oktober bis 30. Dezember 1941 zum Stehen gekommen.

Ziele
Die Truppen der Wolchow-Front (4., 52. und 59. Armee sowie 2. Stossarmee) unter Kirill Merezkow und die 54. Armee der Leningrader Front hatten zum Jahreswechsel 1941/42 den Wolchow und die Eisenbahnlinie Mga–Kirischi erreicht und sollten nun weiter in Richtung Ljuban gegen die Divisionen der 18. Armee der Heeresgruppe Nord vorrücken. Ihre Aufgabe war es, die deutschen Truppen, die starke Verteidigungsstellungen bei Kirischi und am linken Ufer des Flusses Wolchow bezogen hatten, einzuschliessen und somit die Sprengung der Leningrader Blockade einzuleiten.

Verlauf

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03_08/Russische Offensivbewegungen

Am 7. Januar 1942 begann die sowjetische Offensive in einem schwierigen – weil teils bewaldeten – tief verschneiten Gelände. Die Angriffe richteten sich gegen die deutsche 126. und 215. Infanterie-Division. Erst zum 17. Januar gelang es, die erste Verteidigungslinie des deutschen XXXVIII. Armeekorps zu durchbrechen. Die Nordflanke der Hauptangriffsgruppe, welche die 2. Stossarmee einnahm, wurde von der 4. und 59. Armee (Generalmajor Galanin, ab April General I. T. Korownikow) gedeckt, welche ihre Truppen am Wolchow-Abschnitt beidseitig von Tschudowo konzentrierte. Bis Ende Januar stiessen die Truppen der 2. Stossarmee unter General Nikolai Klykow fast 75 Kilometer tief vor und erreichten mit der Eisenbahnstrecke Nowgorod–Leningrad die Zugänge zur Stadt Ljuban.

Der 54. Armee (General Iwan Fedjuninski) der Leningrader Front gelang es erst Ende März, die Linien des deutschen XXVIII. Armeekorps bei Pogostje westlich von Kirischi zu durchbrechen und etwa 22 Kilometer tief, über den Tigoda-Abschnitt in den Raum nordöstlich von Ljuban vorzurücken. Etwa 20 Kilometer fehlten zur geplanten Verbindung mit der 2. Stossarmee, welche durch Gegenangriffe des deutschen I. Armeekorps vereitelt wurde.

Inzwischen hatte die deutsche 18. Armee elf Divisionen und eine Brigade gegenüber der sowjetischen Wolchowfront konzentriert und ging am 15. März zur Gegenoffensive über. Am 19. März wurde die 2. Stossarmee abgeschnitten. Am 27. März gelang es der 52. und 59. Armee unter hohen Verlusten, die Einkesselung wieder aufzubrechen; der Zugang zu den Stellungen der 2. Stossarmee war jedoch nur drei bis fünf Kilometer breit.

Trotz dieser schwierigen Lage bestand die Stawka weiterhin auf einer Fortsetzung der Offensive, die faktisch bereits zum Erliegen gekommen war. Erst am 30. April 1942 wurde der 2. Stossarmee, die jetzt unter dem Kommando von General Andrei Wlassow stand, der Befehl erteilt, auf den erreichten Positionen zur Verteidigung überzugehen, womit die Ljubaner Angriffsoperation abgeschlossen war. General Wlassow erhielt von der Stawka erst Ende Mai die Genehmigung zum nötig gewordenen Rückzug.

Die geöffneten Verbindungen zur 2. Stossarmee wurden von den Deutschen neuerlich getrennt. Zwischen 22. und 27. Juni 1942 übernahm von Norden her General der Kavallerie Kleffel die Aufgabe, den Kessel zusammen mit dem von Süden her operierenden XXXVIII. Armeekorps (General der Infanterie Haenicke) einzuengen und die dortigen Kräfte zu zerschlagen. Bei den am 24. und 25. Juni erfolgten letzten sowjetischen Versuchen, aus den Kessel auszubrechen, wurde die Armee fast vollständig aufgerieben. Nur zwischen 6.000 und 16.000 Rotarmisten konnten die eigenen Linien erreichen, 14.000 bis 20.000 kamen allein bei diesem Ausbruchsversuch ums Leben.

Folgen und Verluste
Die Rote Armee hatte zwar Geländegewinne erzielt, jedoch unter unverhältnismässig hohen Verlusten (95.000 Tote und Gefangene, 213.000 Verwundete). Die Ziele der Operation wurden nicht erreicht; die 2. Stossarmee war vollständig aufgerieben. General Wlassow verbarg sich zunächst hinter den deutschen Linien, geriet aber am 12. Juli in Gefangenschaft, wechselte die Seiten und wurde in Folge Kommandeur der mit Deutschland verbündeten russischen Befreiungsarmee.

Um sich einen Eindruck von der Härte der Kämpfe zu machen, können exemplarisch die statistischen Zahlen der deutschen 215. Infanterie-Division herangezogen werden. Diese hatte im Zeitraum vom 23. November 1941 bis zum 18. Juli 1942 folgende Verluste zu beklagen:

  • 961 Tote
  • 3119 Verwundete
  • 180 Vermisste
  • 1633 Frosterkrankungen II. und III. Grades

Im genannten Zeitraum verschossen im Rahmen der Kampfhandlungen allein die leichten Feldhaubitzen der Division 140.000 Granaten sowie die schweren Feldhaubitzen der Division 30.000 Granaten.

Die Leningrader Blockade dauerte an. Die Sowjets versuchten August 1942 in der Ersten Ladoga-Schlacht erneut, die Belagerung zu sprengen und kamen dem deutschen Unternehmen Nordlicht damit zuvor.

Schlacht von Rschew (08.01.1942 – 20.12.1942)

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03_09/Kartenausschnitt von Rschew

Die Schlachten um Rschew (russisch Ржевская битва oder auch als Ржевская мясорубка „Fleischwolf von Rschew“ bekannt), die zwischen Januar 1942 und März 1943 stattfanden, zählten zu den blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkrieges. Nachdem die Truppen der Wehrmacht, vertreten durch die 9. Armee der Heeresgruppe Mitte, Ende 1941 vor Moskau zurückgeschlagen wurden, versuchte die Rote Armee in einer Reihe von Operationen, die nördlich und östlich von Rschew stehende deutsche Abwehr zu durchbrechen und die Divisionen der 9. Armee in diesem vorspringenden Frontbogen abzuschneiden und zu vernichten.

Überblick

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03_10/Der Frontvorsprung von Rschew

Rschew, auf deutscher Seite oft als „Eckpfeiler“ und „Wellenbrecher“ der Ostfront bezeichnet, war von Winter 1941 bis Frühjahr 1943 Schauplatz einer Serie von Materialschlachten und Stellungskämpfen. Die personell und materiell unterlegenen Verbände der Wehrmacht hatten gegenüber der Roten Armee den Nachteil, weniger auf extreme Wetterumschwünge (Temperaturstürze von Tauwetter zu Minusgraden von 40 °C) und schwieriges Gelände (Morastböden nach Regenfällen und Tauwetter) vorbereitet gewesen zu sein. Die Heeresgruppe Mitte geriet da bei in zahlreiche kritische Situationen, vor allem wegen der Versorgungslage, die sie dank Generaloberst Models Improvisationsfähigkeiten überstand.

Der sowjetischen Heeresleitung unterliefen ausserdem mehrere schwere Fehler, die die deutsche Heersgruppenleitung taktisch nutzen konnte.

Die Schlacht währte insgesamt 15 Monate und bestand aus drei Grossoffensiven der Roten Armee:

  • Rschew-Wjasma-Operation vom 8. Januar bis 20. April 1942 (russisch: Сычевско-Вяземская наступательная операция) im Anschluss an die Schlacht um Moskau
  • Erste Rschew-Sytschowka-Operation vom 30. Juli bis 1. Oktober 1942
  • Zweite Rschew-Sytschowka-Operation (Operation Mars) vom 25. November bis 21. Dezember 1942
  • Folgende Unteroperationen können der Rschew-Wjasma-Operation zugeordnet werden:
  • Moschaisk-Wjasmaer Angriffsoperation vom 10. Januar bis 28. Februar 1942 (russisch: Можайско-Вяземская наступательная операция)
  • Toropets-Cholmer Angriffsoperation vom 9. Januar bis 6. Februar 1942 (russisch: Торопецко-Холмская наступательная операция)
  • Luftlandeoperation von Wjasma und deutsches Unternehmen Hannover vom 18. Januar bis 28. Februar 1942 (russisch: Вяземская воздушно-десантная операция) gegen sowjetische Partisanen und Fallschirmjägertruppen
  • Rschewer Angriffsoperation vom 3. März bis 20. April 1942 (russisch: Ржевская наступательная операция)

Insgesamt unterscheidet man vier grössere Winter- und Sommerschlachten im Raum von Rschew, Sytschowka und Wjasma.

Erst das Unternehmen Seydlitz zur Bekämpfung von Partisanen konnte Ende Juli 1942 eine zeitweilige Entspannung der Lage im rückwärtigen Raum der 9. Armee herbeiführen. Obwohl der Erhalt des insgesamt 530 Kilometer langen exponierten Frontvorsprungs von Rschew sehr viel Kraft kostete und eine enorme Zahl an Menschen und Material band, konnte Hitler sich lange Zeit nicht entscheiden, diese Position aufzugeben. Seiner Meinung nach war es von grosser psychologischer Bedeutung, die Bedrohung der Hauptstadt Moskau möglichst lange Zeit aufrechtzuerhalten. Erst die Niederlage der 6. Armee bei Stalingrad und der damit verbundene Verlust von 250.000 Soldaten liessen jegliche Möglichkeit auf eine Wiederaufnahme der Offensive auf Moskau schwinden, denn hierfür waren keine militärischen Ressourcen mehr vorhanden. Im März 1943 befahl Hitler daher den deutschen Rückzug Unternehmen Büffelbewegung. Der Frontbogen von Rschew wurde endgültig begradigt und die deutsche Front um 230 Kilometer verkürzt.

Die Schlacht forderte auf beiden Seiten immense Opfer: Auf Seiten der Roten Armee starben vermutlich etwa 500.000 Mann, und ca. 1.000.000 sowjetische Soldaten wurden verwundet. Auf deutscher Seite rechnete man mit 80.000 Gefallenen und zweieinhalb- bis dreieinhalbmal so vielen Verwundeten. Vermutlich sind die Zahlen aber noch deutlich höher anzusetzen, und diese relativ unbekannte Schlacht war damit noch verlustreicher als die Schlacht von Stalingrad.

Schauplatz
Rschew ist eine 180 Kilometer westlich von Moskau gelegene, 54.000 Einwohner zählende Bezirkshauptstadt der Oblast Twer in Nordrussland. Rschew stellt einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt von Moskau nach Smolensk, Nowgorod und Wjasma dar. Wegen seiner strategisch günstigen Lage am Oberlauf der Wolga war Rschew bereits während der Zarenzeit Mittelpunkt militärisch-hegemonialer Auseinandersetzungen. Die Umgebung der Stadt ist von grösseren feuchten Mischwaldgebieten (Erlen, Espen, Birken und Fichten) sowie von zahlreichen Sümpfen durchzogen.

Militärhistorische Darstellung
Die Aspekte der Schlachten um Rschew wurden von Militärhistorikern der Sowjetunion nur wenig erforscht. Erst nach Auflösung der Sowjetunion wurden einige Dokumente zugänglich. Exakte Daten über Schlachtverläufe, Beteiligte, Resultate, Bedeutung und Verluste sind bis heute nicht vollständig verfügbar. Ein Gedicht aus der Zeit von 1945/1946 von Alexander Trifonowitsch Twardowski erinnert mit dem Satz „Ich wurde in der Nähe von Rschew getötet“. (Я убит подо Ржевом) an die blutigen Kämpfe, ansonsten ist von sowjetischer Seite sehr wenig überliefert. Einer der Hauptgründe für die unzureichende Dokumentation der Kampfhandlungen um Rschew ist, zumindest laut dem russischen Historiker Igor Bunitsch, die Verheimlichung einer Vielzahl von militärischen Fehlentscheidungen und der sinnlosen und brutalen Opferung einer grossen Anzahl von russischen Soldaten für fragwürdige Ziele. „Mjassorubka“ (dt. Fleischwolf) bedeutet das „gnadenlose Abschlachten von Soldatenmassen“ auf Befehl sowjetischer Offiziere. Der zehnfach überlegenen Roten Armee gelang es innerhalb von 14 Monaten nicht, die Stadt Rschew einzunehmen. Nach Auffassung des Generalobersts und Historikers Dmitri Wolkogonow gehören die Schlachten um Rschew vom Oktober 1941 bis März 1943 zu den grössten Katastrophen des Zweiten Weltkriegs.

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„Im ganzen Krieg habe ich nichts Schrecklicheres gesehen: Riesige Bombenkrater, bis zum Rand mit Wasser gefüllt, am Wegesrand zerstörte Fuhrwerke und Autos, tote Pferde und ringsherum nur Leichen. Und aus dem Wald das Stöhnen der Verwundeten“. – Augenzeuge der 17. Gardeschützen-Division im Sommer 1942

Die Darstellung des Unternehmens Büffelbewegung, also des deutschen Abzugs, war der Militärgeschichtsschreibung der Nachkriegszeit von Polemik geprägt. Während der Divisionskommandeur der 6. Infanterie-Division, General Grossmann sowie die Kriegstagebücher der 78. Sturm-Division und 98. Infanterie-Division übereinstimmend von einem Erfolg des Unternehmens berichteten, stellten sowjetische Historiker die Unternehmung als katastrophales Scheitern der Wehrmacht dar:

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„Die Kalininer Front und die Westfront verhinderten durch energisches Nachstossen den planmässigen Ablauf der Absetzbewegung. Die deutschen Truppen liessen einen Teil ihrer Ausrüstung im Stich und erlitten hohe Verluste an Menschen und technischen Kampfmitteln. […] Nach dem Krieg versuchten laufend einige westdeutsche Militärhistoriker, den Rückzug als Schulbeispiel einer geglückten planmässigen Absetzbewegung hinzustellen. Die Verluste des Gegners bei diesem Rückzug beweisen jedoch die Fragwürdigkeit derartiger Behauptungen. Seine Truppen, die sich unter den Schlägen der Roten Armee überstürzt aus Rschew zurückziehen mussten, kamen nicht dazu, die Stadt planmässig zu räumen“.

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03_11/Deutsche Angriffe im Rahmen des Unternehmens "Taifun" bis um 5. Dezember 1941

Am 14. Oktober 1941 erfolgte im Rahmen der Doppelschlacht bei Wjasma und Brjansk der Befehl für die 9. Armee und die Panzergruppe 3 nach Rschew und Kalinin vorzustossen. Die 206. Infanterie-Division und Aufklärungsabteilungen der 26. Infanterie-Division besetzten die Stadt erstmals im Oktober 1941 und waren damit die ersten deutschen Verbände, welche die bedeutende Verkehrsader Wolga erreichten. Der Vorstoss auf Rschew war der Auftakt zum Vormarsch auf Moskau. Dabei stiessen im nördlichen Abschnitt der Heeresgruppe Mitte die Panzergruppen 3 und 4 bis Anfang Dezember bis Kalinin und an den Moskau-Wolga-Kanal sowie den Iwankowoer Stausee vor. Am 5. Dezember setzte die Gegenoffensive der Roten Armee ein, die von Georgi Schukows Westfront und der Kalininer Front unter Iwan Konew geführt wurde.

Es war ein erklärtes Ziel der sowjetischen Militärführung, den von den deutschen Panzergruppen 3 und 4 gebildeten Frontvorsprung nordwestlich von Moskau, um jeden Preis wieder zu beseitigen. Die Rückeroberung von Rschew war ein Hauptziel der sowjetischen Winteroffensive 1941/1942.

Verlauf / Die sowjetische Winteroffensive 1941/42 im Raum Rschew

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03_12/Sowjetische Vorstösse im Rahmen der Winter-offensive 1941/42

Angesichts des zunehmenden Drucks der sowjetischen Armee während der Winteroffensive auf die vordersten deutschen Linien bat der Oberbefehlshaber der 2. Panzerarmee, Generaloberst Heinz Guderian, Hitler am 20. Dezember 1941 in der Wolfsschanze um eine Erörterung zur Lage der Heeresgruppe Mitte. Hitler befahl, dass das Heer die Verteidigungslinien, um strategisch bedeutsame Verkehrsknotenpunkte und Versorgungslinien unbedingt zu halten habe. Guderians Argumente, dass der bis zu 1,50 Meter tief gefrorene Boden im Winter keinerlei Schanzarbeiten zulasse und die zu erwartenden Materialschlachten an festen Positionen zu überproportionalen Verlusten führen würden, wurden ignoriert.

Guderian bevorzugte eine elastische Verteidigung angesichts der momentanen offensiven Überlegenheit der Roten Armee, so dass den Verbänden in aussichtslosen Lagen ein geordnetes und organisiertes Zurückweichen auf die Höhen von Smolensk gestattet sein müsste, um sinnlose Verluste an Menschen und Material zu vermeiden und dann aus rückwärtigen Positionen mehr Bewegungsspielraum für neue Offensiven zu haben. Hitler befürchtete, dass sich bei einer Freigabe eines taktischen Rückzugs eine Eigendynamik entwickeln könnte, die in allgemeine Panik umschlagen, einen moralischen Sieg des Gegners und ausserdem einen Totalzusammenbruch der Front der Heeresgruppe Mitte bedeuten könnte. Aus diesem Grunde verbot er jegliche Ansätze von Frontverkürzungen und erliess folgenden Befehl:

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„Unter persönlichem Einsatz der Befehlshaber, Kommandeure und Offiziere ist die Truppe zum fanatischen Widerstand in ihren Stellungen zu zwingen, ohne Rücksicht auf durchgebrochenen Feind in Flanke und Rücken. Erst wenn Reserven die ausgebauten rückwärtigen Stellungen besetzt haben, kann daran gedacht werden, sich in diese Stellungen zurückzuziehen“. – Adolf Hitler, Haltebefehl vom 20. Dezember 1941

Der Haltebefehl Hitlers wurde zunächst von allen Generalstabsoffizieren und Armeekommandeuren befolgt. Die 9. Armee unter dem Oberbefehl von Generaloberst Adolf Strauss befand sich zu diesem Zeitpunkt am Nordflügel der Heeresgruppe Mitte im Raum Kalinin-Rschew. Mitte Dezember 1941 zog sich die 9. Armee bereits schrittweise von Kalinin nach Südwesten zurück, da die 29. und 31. Armee der Kalininer Front eine grossangelegte Gegenoffensive einleiteten. Die Truppenbewegungen wurden durch hohen Schnee und Temperaturen bis −30 °C stark erschwert. Die 29. und 31. sowjetische Armee unter den Generälen Schwezow und Juschkewitsch richteten ihre Angriffe in der Anfangsphase gegen das XXVII. Armeekorps unter General der Infanterie Alfred Wäger. Die 86. Infanterie-Division unter Generalleutnant Joachim Witthöft konnte mithilfe konzentrierten MG-Feuers am Wolga-Stausee einen Sturmangriff sowjetischer Schützen niederschlagen. An der linken Grenze, im Abschnitt der 162. Infanterie-Division, gelang mehreren sibirischen Skibataillonen der Einbruch. Ein weiterer Fronteinbruch auf das südliche Ufer der Wolga wurde im Sektor der 110. Infanterie-Division erzielt. Die 26. Infanterie-Division, schwerpunktmässig mit dem Infanterie-Regiment 39 unter Oberst Friedrich Wiese, und die 6. Infanterie-Division konnten ihren über 25 Kilometer langen Frontabschnitt unter grossen Anstrengungen noch behaupten. Mittlerweile setzten Rotarmisten in Regimentsstärke im Abschnitt der 110. ID über die Wolga, eine Verfolgungsjagd des III. Btl./IR 18/6. ID scheiterte unter grossen Verlusten bei Temperaturen von −40 °C. Im Ergebnis konnte aber ein Nachrücken des Gegners verhindert werden, und eine bedeutende Nachschubstrasse konnte zurückerobert werden. Am 16. Dezember 1941 eroberten Rotarmisten die Stadt Kalinin. Damit war der Weg frei für eine Zangenbewegung auf den deutschen Frontvorsprung von Rschew.

Generaloberst Strauss plante eine geordnete Absetzbewegung der 9. Armee auf die rückwärtig ausgebaute Winterstellung Königsberg, der zahlreiche Zwischenstellungen mit den Tarnnamen deutscher Städte wie Augsburg, Bremen, Coburg, Dresden, Essen, Frankfurt, Giessen, Hanau und Ilmenau vorgeschaltet waren. Hitlers kompromissloser Haltebefehl vom 20. Dezember beendete die Rückzugsbewegung, als die ersten Truppen bereits die Winterstellung Giessen erreicht hatten. Die Panzergruppen 3 und 4 waren zu diesem Zeitpunkt an der Rusa-Stellung bei Rusa und Wereja. Der am 18. Dezember als Nachfolger Fedor von Bocks zum Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte ernannte Generalfeldmarschall Günther von Kluge bekräftigte in diesem Zusammenhang den Haltebefehl Hitlers:

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„Jeder muss halten, wo er steht. Wer das nicht tut, reisst ein Loch in die Front, das nicht gestopft werden kann. Absetzen vom Feind hat nur dann Sinn und Zweck, wenn es zu günstigeren Kampfbedingungen, wenn möglich zur Bildung von Reserven führt. Für jedes Absetzen vom Divisionsverband aufwärts ist meine persönliche Genehmigung notwendig“.

Dem XXIII. Armeekorps der 9. Armee unter General der Infanterie Albrecht Schubert, zu dessen Verband die 102., 206., 251., 253. und 256. Infanterie-Division gehörten, wurde jeglicher Rückzug untersagt, um den Frontbogen von Rschew zu halten. Am 22. Dezember 1941 stürmte die neuformierte sowjetische 39. Armee unter Iwan Maslennikow in einem kombinierten Angriff mit T-34-Panzern die Verteidigungslinien der 256. ID vor Rschew. Die deutsche Division konnte ihren Abschnitt gegen einen zehnfach überlegenen Gegner noch bis zum 29. Dezember 1941 halten.

Generaloberst Konew stiess mit seiner Kalininer Front weiter von Norden gegen Rschew vor, um sich mit den von Osten kommenden Verbänden von General Schukow zu vereinigen. Rschew wurde dabei als entscheidender Eckpfeiler der Ostfront angesehen. Am 31. Dezember 1941 brach der Frontabschnitt der 256. ID und 206. ID aufgrund des erhöhten sowjetischen Drucks zusammen. Bei Stariza wurde die 26. ID eingeschlossen, und aus Rschew wurde ein Truppenverbandsplatz, der über 3000 Schwerverletzte aufnehmen musste. Vor der Ortschaft Mologino (rus. Мологино) konzentrierten sich starke Armeeverbände der Roten Armee, Generaloberst Strauss gab den bedingungslosen Haltebefehl für die 256. ID bei Mologino aus. Zu dieser Zeit hatte die eingeschlossene 256. ID unter Generalleutnant Gerhard Kauffmann nur noch die Gefechtsstärke eines einzigen Regiments, und die Soldaten verweigerten den Offizieren bereits teilweise den Gehorsam: „Schlagt uns doch tot, es ist ja egal, wer uns totschlägt. Mologino ist bereits verloren“. Am 2. Januar 1942 riss die Funkverbindung zu den isolierten Soldaten in Mologino ab, die Kommunikation erfolgte durch sogenannte Pendelspähtrupps. Am 3. Januar 1942 gab Major Mummert von der Aufklärungsabteilung 256 den Befehl zur Aufgabe von Mologino.

Am 4. Januar 1942 erreichte die Rote Armee ein Auseinanderbrechen der Hauptkampflinie der 9. Armee, indem eine 15 bis 20 Kilometer breite Lücke im Abschnitt zwischen dem VI. und XXIII. Armeekorps geschaffen wurde. Teile der sowjetischen 39. Armee gelangten so in den Rücken der deutschen Verteidiger von Rschew. Gleichzeitig drohte zwischen dem VI. und XXVII. Armeekorps ein sowjetischer Durchbruch auf Subzow, wenige Kilometer südöstlich von Rschew. Rschew konnte dennoch vorerst gehalten werden, die deutschen Truppen befanden sich aber in einer prekären Situation.

Kräfteverhältnis

  • Rote Armee: 688.000 Soldaten aus 14 Armeen und drei Kavallerie-Korps
  • Wehrmacht: 625.000 Soldaten aus 42 Infanterie-, Panzer-, Luftwaffen- und SS-Divisionen

Rschew Januar bis Februar 1942
„Ich darf Herrn General kurz in die beschissene Lage einweisen. Seit dem 9. Januar läuft der russische Grossangriff aus dem Raum Ostaschkow gegen den linken Flügel des abgeschnittenen XXIII. Armeekorps, das nach Süden zurückgedrängt wurde. Gleichzeitig stärkere Angriffe gegen den linken Flügel des VI. Armeekorps hier. Unsere Bitte, die Ostfront in die Gschatzk-Wolga-Stellung zurücknehmen zu dürfen, wurde abgelehnt. Seit dem 11. Januar starke Feindangriffe aus Richtung Nordwesten und westlich Sytschowkas nach Süden, vorderste Teile am Westrand. Halten Sie uns Sytschowka, es darf nicht verlorengehen“.

– Generalstabsoffizier (Ia) Oberstleutnant Blaurock an Generalmajor Krüger, Kommandeur der 1. Panzer-Division am 12. Januar 1942

Die über die Wintermonate neu formierte Rote Armee richtete im Januar 1942 den ersten Schlag gegen die 9. Armee am nördlichen Stützpfeiler der Heeresgruppe Mitte in Rschew. Der neue Oberbefehlshaber der 9. Armee, General der Panzertruppe Walter Model, wurde am 12. Januar 1942 in seinem Hauptquartier Sytschowka angegriffen. Bald darauf war die 9. Armee von drei Seiten eingeschlossen. Im Osten verteidigte sie eine Winterstellung und war über die „Rollbahn“ in Verbindung mit der 4. Panzerarmee. Rschew wurde zur Schlüsselstellung der 9. Armee und war den Offensiven durch die 27., 22., 34. Armee, 3. und 4. Stossarmee, die mit zunehmender Intensität durchgeführt wurden, unmittelbar ausgesetzt.

Um eine Einschliessung der Heeresgruppe Mitte zu verhindern, wurde das LIX. Armeekorps unter Generalleutnant Kurt von der Chevallerie mit der 83., 205. und 330. Infanterie-Division aus Frankreich herangeführt und der 3. Panzerarmee unterstellt. Beim Vormarsch in das von Partisanenaktivitäten stark gefährdete Gebiet sammelten die neu eingetroffenen Einheiten fliehende Soldaten der SS-Kavalleriebrigade, 123. und 81. Infanterie-Division auf. Besonders kritisch war die Einbruchstelle der Roten Armee westlich von Rschew, durch die neun sowjetische Divisionen einsickern konnten. Das XXIII. Korps war eingekesselt und musste über die Luft versorgt werden. Weiter im Süden bei Wjasma bedrohte sowjetische Kavallerie die deutschen Linien. Die Bahnlinie Rschew-Wjasma war die einzig mögliche Nachschubverbindung für die 9. Armee und wurde von Soldaten der motorisierten SS-Infanterie-Division „Das Reich“ gehalten.

Währenddessen kämpften Kradschützen der 1. Panzer-Division das von Rotarmisten besetzte Bahnhofsgebäude von Sytschowka wieder frei, ausserdem konnte die Verbindung zum Feldflugplatz Nowo Ougino wiederhergestellt werden. Model ordnete an, die Einbruchstelle bei Nikolskoje und Solomino mit hoher Priorität wieder zu schliessen, dabei die sowjetischen Nachschubwege zu kappen und ihre Flanken bei Sytschowka anzugreifen. Der Versuch seines Vorgängers Generaloberst Strauss, dies am 8. Januar 1942 mit der SS-Kavallerie-Brigade Fegelein zu erreichen, scheiterte. Models Konzept „Angreifen, die Initiative zurückgewinnen, dem Feind das Gesetz des Handels diktieren“ hatte unter den Offizieren und Soldaten der 9. Armee eine grosse psychologische Signalwirkung. Weiterhin liess er Panzerbesatzungen zu Skijägern umfunktionieren oder stellte eine Schneeschuhkompanie auf, die sich bei Spähtruppunternehmungen unbemerkt dem Gegner annähern konnte. Die Schneeschuhkompanie wurde auch zur Sicherung der Eisenbahnpioniere eingesetzt, die ständig die von Partisanen gesprengte Eisenbahnlinie Rschew-Wjasma ausbessern mussten. Zur Partisanenbekämpfung kam ausserdem ein mit einer Flakbatterie bestückter Panzerzug zum Einsatz.

Kurz vor der geplanten Gegenoffensive auf die sowjetische Einbruchstelle westlich von Rschew sanken die Temperaturen weiter auf −45 °C. Die Offiziere hielten eine erfolgreiche Durchführung der Offensive nicht mehr für möglich. Model ermutigte seine Soldaten:

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„Warum meine Herren? Morgen und übermorgen wird es auch nicht wärmer. Die Russen marschieren ja auch“.

Durch Models Strategiewandel wurde aus einer fast schon aussichtslosen Rundumverteidigung eine aktive Gegenoffensive mit definierten Schwerpunkten. Aus Sytschowka rückten die 1. Panzer-Division und die SS-Division „Das Reich“ ab, um den taktisch bedeutsamen Ort Ossuiskoje zu nehmen. Am 22. Januar 1942 wurde ein Grossangriff des VI. Armeekorps befohlen, das die verstärkte, 256. ID, Artillerie, Panzerjäger und Fla-Geschütze beinhaltete. Dem XXIII. Armeekorps (206. ID, SS-Kavallerie-Brigade Fegelein und Sturmgeschützabteilung 189) gelang der Durchbruch und die Vereinigung mit dem VI. Armeekorps. Der Doppelschlag erfolgte bei Nikolskoje und Solomino. Im Ergebnis war die Verbindung zur 9. Armee wiederhergestellt und die Versorgungsrouten der 29. und 39. sowjetischen Armee unterbrochen.

Das SS-Regiment „Der Führer“ unter Obersturmbannführer Otto Kumm erhielt die Aufgabe, die neugeschaffene Verbindungsstelle zwischen VI. und XXIII. Armeekorps und die Landbrücke der 9. Armee, um jeden Preis zu halten, wie Model ausdrücklich forderte. Der nördliche Sperrriegel wurde verstärkt, und bei Osuga/Sytschowka wurden die 1. Panzer-Division, 86. Infanterie-Division, der Grossteil der SS-Division „Das Reich“, 5. Panzer-Division, IR 309 und die Kampfgruppe Decker unter dem Oberbefehl von General der Panzertruppe Heinrich von Vietinghoff als XXXXVI. Armeekorps zusammengefasst und marschierten in nordwestliche Richtung. Von jetzt an entstanden in den Wäldern und verschneiten Ortschaften erbitterte Gefechte. Ein sowjetischer Grossangriff gegen die Nordfront der 256. und 206. ID wurde am 26. Januar 1942 in Bewegung gesetzt und schliesslich unter grossen Anstrengungen abgewehrt. Neben der zahlenmässigen Überlegenheit des Gegners verursachten die extremen Wetterumschwünge von kurzzeitiger Schneeschmelze bis zu immer wieder auftauchenden Schneestürmen und einem Temperaturabfall auf minimal −52 °C grösste Probleme.

Obwohl die sowjetischen Truppen bei ihren Angriffen auf die Bahnlinie Rschew–Olenino teilweise Menschenverluste in Bataillonsgrösse hatten, konnte sie schliesslich gesichert werden. Am 28. Januar 1942 kam es infolge des sowjetischen Gegenangriffs zu einer entscheidenden Panzerschlacht, die für beide Seiten mit überproportional hohen Verlusten verbunden war. So stellte beispielsweise der Rottenführer Wagner den letzten Überlebenden der 10. Kompanie dar, die 2. Kompanie des SS-Regiments „Der Führer“ wurde vollständig vernichtet, und in der Ortschaft Klepenino, dem Armeegefechtsstand der 9. Armee, „stapelten sich die Leichenberge“ der sowjetischen Gefallenen. Am 4. Februar 1942 gelang es der 86. ID, die Schlüsselposition in Ossuikoje zu nehmen, zwei Tage später überquerten Panzergrenadiere der 1. PD die Eisenbahnlinie bei Tschertolino, so dass sich die Gruppen Wietersheim und Zehender vereinigen konnten.

Die Kämpfe zwischen Sytschowka und dem „Wolgaknie“ bei Subzow erreichten während der Schneestürme im Februar ihren vorläufigen Höhepunkt, bis die Kraft der sowjetischen Grossoffensive nachliess. Im Ergebnis hatte die Rote Armee die vereiste Wolga überquert, den linken Flügel der 9. Armee durchstossen und das XXIII. Armeekorps vom Rest des Verbandes isoliert. Als Reaktion griff das XXXXVI. Panzerkorps aus Sytschowka an und schloss die sowjetische 29. Armee im Waldgebiet von Montschalowo ein. Hier wurde vom 23. Januar bis zum 17. Februar 1942 gekämpft, wobei sämtliche sowjetischen Entlastungsangriffe zunächst scheiterten. Im Laufe der Kampfhandlungen ergaben sich hohe Verluste, so hatte zum Beispiel das SS-Regiment „Der Führer“ am Ende nur noch 35 Soldaten zur Verfügung. Sieben sowjetische Divisionen wurden im Kessel vernichtet und die Winteroffensive des Gegners vorübergehend zum Stillstand gebracht. Im OKW-Wehrmachtbericht vom 21. Februar 1942 wurden beim Gegner 27.000 Gefallene und 5.000 Gefangene gemeldet. Die 29. Armee wurde vollständig vernichtet und die 39. Armee zum grössten Teil.

Unternehmen Seydlitz (Juli 1942)
Seit dem Einbruch der Roten Armee in die Front der 9. Armee am 4. Januar 1942 und dem Druck auf den linken Flügel der Heeresgruppe Mitte wurde eine Reihe von deutschen Gegenmassnahmen eingeleitet. Ein sowjetisches Kavalleriekorps, welches zu den eingebrochenen Truppenverbänden gehörte und den deutschen Nachschub auf der Rollbahn zwischen Smolensk und Wjasma bedrohte, konnte von der Wehrmacht zunächst nicht wirksam bekämpft werden. Die Kavallerie war in unwegsamen Geländeabschnitten eine der wenigen Waffengattungen, welche noch eine ausreichend hohe Beweglichkeit entwickeln konnte. Die den Divisionen zugeordneten Aufklärungsabteilungen waren im Sommer 1942 bereits so stark abgekämpft, so dass sie dem sowjetischen Gegenpart stark unterlegen waren. Generaloberst Model strukturierte seine Kavallerie-Einheiten um, indem er die Aufklärungs-Abteilungen verschiedener Armeekorps zu einem Kavallerie-Kommando z. b. V. in der Stärke von drei Kavallerie-Regimentern mit jeweils fünf Schwadronen zusammenführte und deren Kräfte bündelte. Oberst Robert Holste erhielt den Oberbefehl über die Armee-Kavallerie-Regimenter 1 (Major Laubner), 2 (Oberstleutnant von Baath) und 3 (Major Briegleb).

Am 2. Juli 1942 begann das Unternehmen Seydlitz mit dem Auftrag, die Bedrohung der Versorgungslinien der 9. Armee durch Rotarmisten oder Partisanen zu eliminieren. Einsatzgebiet war die Bahnlinie Welikije Luki-Rschew mit der 1. Panzer-Division an der rechten und Infanterie-Regiment 427 an der linken Flanke. Die sowjetischen Stellungen in den dichten Wäldern am Fluss Lutschessa wurden relativ schnell durchbrochen, danach setzten Regenfälle ein, welche die Beweglichkeit der Panzer stark einschränkten.

Am 5. Juli konnte die 39. sowjetische Armee und das XI. Kavallerie-Korps (Gorin) eingekesselt werden. Bis zum 16. Juli 1942 dauerten die Säuberungsmassnahmen im Kessel, wobei 50.000 Sowjetsoldaten gefangen genommen und 230 Panzer und 760 Artilleriegeschütze erbeutet werden konnten. Der Erfolg war grösstenteils der hohen Beweglichkeit der deutschen Kavalleristen im Wald- und Sumpfgelände, um den Lutschessa-Fluss zu verdanken. Der deutsche Historiker Walter Görlitz schildert in seiner Biografie über Generalfeldmarschall Model das Unternehmen Seydlitz als gescheiterte Anti-Partisanen-Operation, in Wahrheit stellte es die Nachschublage für die 9. Armee wieder her. Nach Beendigung der Unternehmung wurde das Kavallerie-Kommando z. b. V. wegen Personalknappheit an der Front wieder aufgelöst und die einzelnen Abteilungen wieder zurück an ihre Stammeinheit abgestellt.

Ergebnis des elftägigen Unternehmens Seydlitz waren 50.000 gefangene Rotarmisten, 230 zerstörte sowjetische Panzer, 760 erbeutete Geschütze und tausende von Handfeuerwaffen.

Erste Rschew-Sytschowka-Operation (30. Juli bis 1. Oktober 1942)
Am 14. August 1942 erfolgte eine weitere Grossoffensive der Roten Armee auf Rschew, die bis zum 1. September 1942 zu einer derart bedrohlichen Situation führte, dass General Günter von Kluge Hitler eine Reduktion des Frontbogens vorschlug. Hitler lehnte dies mit der Begründung ab, Rschew habe eine grosse symbolische Bedeutung für die Ostfront und dürfe auf keinen Fall aufgegeben werden. Mithilfe aller verfügbaren Reserven konnten Wehrmachtsverbände die Vorwärtsbewegung der Roten Armee in den Trümmern der Stadt Rschew zum Stehen bringen, bevor eine längere Schlechtwetterphase weitere Kampfhandlungen unterbrach.

Im Sommer 1942 setzte die Rote Armee ihre Zangenbewegung auf den Frontvorsprung bei Rschew fort, einerseits, um die Heeresgruppe Mitte weiter unter Druck zu setzen, und andererseits, um durch ein Binden der deutschen Truppen im Norden den Südabschnitt bei Stalingrad und am Kaukasus zu entlasten. Für dieses Vorhaben wurden 41 Schützen-Divisionen, 15 Schützen-Brigaden, 38 Panzer-Brigaden mit über 3.000 Panzern, mehreren tausend Artilleriegeschützen und zusätzlich Luftunterstützung mobilisiert, um die Heeresgruppe Mitte mit einer Übermacht an Personal und Material zu vernichten. Die Stawka plante die endgültige Einnahme der Festungen Rschew und Sytschowka in einer grossangelegten Sommeroffensive und ein Teilen der Heeresgruppe Mitte durch einen schnellen Vorstoss auf Smolensk und Wjasma.

Sowjetischer Angriff auf den Nordsektor von Rschew
Am 30. Juli 1942 begann ein sowjetischer Artillerieüberfall auf den Nordbereich von Rschew. Wenig später erzielte die Rote Armee einen Durchbruch an der Verbindungsstelle zwischen 256. und 87. ID. General Grossmann zog seine 6. ID aus dem Verfügungsraum westlich von Sytschowka wieder zurück, um sie beim VI. Armeekorps (General Bieler) in den ausbrechenden Kämpfen, um die Stadt Rschew einzusetzen. Zuvor einsetzender Dauerregen verwandelte das Waldgelände in einen unwegsamen Morast, so dass die Verladung der aus dem Verfügungsraum abgezogenen Infanterie-Bataillone der 6. ID stark verlangsamt wurde. Zudem wurde das Bahnhofsgelände von Sytschowka immer häufiger von sowjetischen Schlachtflugzeugen angegriffen.

Das IR 58 unter Oberst Furbach erhielt den Befehl, durchgebrochene Rotarmisten im Raum Galachowo und Punkt 195,5 zu vernichten und den Status quo der Hauptkampflinie wiederherzustellen. Am 1. August 1942 kam es zum Nahkampf in drei sowjetischen Verteidigungslinien, schliesslich konnte der Frontdurchbruch bei Polunino unmittelbar im Norden von Rschew geschlossen werden. Seit dem 31. Juli 1942 kämpfte die Aufklärungs-Abteilung 328 (328. ID, der 256. ID unterstellt) unter Major von Kalben an der rechten Grenze von IR 58 um das Dorf Gribojewo. Am 15. August 1942 war die Abteilung durch Ausfälle stark reduziert und musste auf das Südufer der Wolga zurückgenommen werden. Die linke Grenze lag im Bereich eines Bataillons unter Major Freiherr von Recum, welches zur 251. ID unter General Burbach gehörte und am 31. Juli der 87. ID unter General von Studnitz unterstellt wurde. Am 1. August sollte von Recums Bataillon IR 187 bei Martjukowo unterstützen. Sofort wurden die Kampfhandlungen eröffnet, in den Dörfern Gorbowo, Fedorkowo und Chanino entwickelten sich zähe Gefechte. Am 2. August 1942 wurde in Gory Kaseki ein deutsches Bataillon von Rotarmisten eingeschlossen. Nur mithilfe von Sturmgeschützen konnte das Bataillon befreit und die angreifenden Sowjetpanzer vernichtet werden. Am 10. August 1942 bestand das Bataillon von Recum nur noch aus einem Offizier und 22 Soldaten und konnte nicht weiter eingesetzt werden.

Der Brennpunkt der Waldkämpfe nördlich von Rschew auf der Höhe Gory Kaseki–Polunino lag im Sektor der 6. ID zwischen 256. und 87. ID, wobei Rotarmisten jetzt täglich die deutschen Stellungen stürmten und die Entscheidung erzwingen wollten. Am 4. August 1942 bombardierten sowjetische Bomber das Dorf Polunino und richteten grosse Schäden im deutschen Stellungssystem an, welches bis zu siebenmal täglich von kombinierten Kräften aus Infanterie und Panzern angegriffen wurde. Deutsches Artilleriefeuer, welches gezielt gegen massierte Truppenansammlungen des Gegners eingesetzt wurde, verhinderte einen totalen Zusammenbruch der stark angeschlagenen Abwehrreihen. Pak- und Flak-Kampftrupps, verbunden mit Sturmgeschützen, erhielten die Aufgabe, Durchbrüche der feindlichen Infanterie sofort zu bekämpfen. Am 5. August 1942 wurden im Gefechtsabschnitt des IR 58 21 vornehmlich T-34 Panzer vernichtet.

Am 4. August 1942 musste die 6. ID eine Artillerie-Abteilung an die 161. ID bei Subzow abgeben, da dort ebenfalls starke Feindverbände durchgebrochen waren. Zwei Tage später wurde die 6. ID durch die Abgabe einer Reiter-Schwadron zur Bahnsicherung bei Ossuga weiter geschwächt. Die Nachbardivisionen 256. und 87. ID waren zunehmend gefährdet, von der Roten Armee überrannt zu werden, während Rschew weiter im pausenlosen Artilleriefeuer lag und nachts bombardiert wurde. Ziel der Sowjetarmee war das Zerstören der Wolgabrücken, um den deutschen Nachschub dauerhaft zu unterbinden.

Kampf um die Rschewer Wolgabrücken
Am 10. August 1942 unternahm die Rote Armee einen weiteren Angriff auf den Nordsektor von Rschew. Hierzu waren Bomber, Jagdbomber, Artillerie, Katjuscha-Raketenwerfer und Mörser im Einsatz, welche das Gelände für einen tiefgestaffelten Panzerangriff vorbereiteten. Die Wehrmacht setzte dem die eigene Luftwaffe, Artillerie, Flak, Pak, Granatwerfer, Mörser und Sturmgeschütze entgegen. Deutsche Infanteristen, Pioniere und Kavalleristen erlebten von 5 Uhr 15 bis 18 Uhr 30 pausenlose Angriffswellen der Roten Armee. Die Gefechte waren von ausserordentlicher Härte, insbesondere im Bereich der Aufklärungs-Abteilung 328 am linken Flügel der 256. ID, welcher mithilfe des PiBtl. 6 gehalten werden konnte, und im Abschnitt des IR 18 mit dem Bataillon von Recum. Bei der Vernichtung von 39 sowjetischen Panzern fiel der Bataillonskommandeur Hauptmann Thummes. Im Endergebnis konnte der Gesamtabschnitt trotz starker Überlegenheit der Roten Armee gehalten werden. Der 20. August 1942 brachte einen Zusammen-bruch des Gefechtsabschnitts der 256. ID, welches über die Matjukowo-Brücke auf die südliche Seite der Wolga zurückweichen musste. Somit waren die 6. ID, Teile der 129. ID und die 87. ID die letzten deutschen Einheiten, die nördlich von Rschew übrigblieben. Der 24. August 1942 wurde zu einem weiteren Grosskampftag für die übrig gebliebenen drei Divisionen gegenüber einer weit überlegenen sowjetischen Übermacht. Nach einer intensiven Artillerievorbereitung wurde ein verlustreicher Panzerangriff der 153. und 238. sowjetischen Panzer-Brigade begonnen, der die deutschen Linien an einer geschwächten Stelle im Bereich des IR 18 durchbrach und deren Schützenlöcher überrollte. Trotz eines Flankenangriffs des I. Btl./IR 18 konnte der sowjetische Vorstoss erst an der Wolga aufgehalten werden. Die 6. ID war von der 87. ID abgeschnitten. Insgesamt wurden 64 Panzer der Roten Armee an diesem Tag vernichtet. Die 6. ID sicherte in westlicher Richtung und die 87. ID in östlicher, wobei sich die 6. ID wegen des starken Feinddrucks in die Neu-Kolberg-Stellung unmittelbar vor Rschew zurückzog. Die Rote Armee bildete am 26. August 1942 einen Brückenkopf am Südufer der Wolga bei Snamenskoje.

Rschew war durch das permanente Artilleriefeuer und die Bombardierungen in ein Kraterfeld, von einem Ausmass ähnlich wie der Schauplatz an der Somme während des Ersten Weltkriegs, verwandelt worden. Bis in den September 1942 wiederholte die Rote Armee ihre selbstmörderischen Massenangriffe, die mit unzähligen Opfern ohne nennenswerten Geländegewinn endeten. Rittmeister Wätjen und das Kradschützen-Bataillon „Grossdeutschland“ stellten erst am 21. September 1942 die Verbindung zur 6. ID in Rschew her. In der Stadt selbst kam es zu mehreren Feindeinbrüchen im Nordosten, die im Nahkampf mit Flammenwerfern und Flammenwerfer-Panzern ausgeweitet wurden. Dabei erlitten das I. Btl./IR 18, I. Btl. /IR 37 und PiBtl. 6 extreme Verluste. Die Rote Armee grub ihre Panzer in den Granattrichtern der Stadt ein, die mit Flachschüssen erheblichen Schaden anrichteten aber weder aus der Luft noch vom Boden aus wirksam bekämpft werden konnten.

Gefechte an der Linie Rschew-Sytschowka
Das XXXXVI. Panzerkorps verteidigte im Rahmen der Heeresgruppe Mitte mit der 342. ID, 36. ID (mot.), 161. ID und 14. ID (mot.) einen ca. 100 Kilometer langen Frontabschnitt von Samujlowo bis Gridino, der bislang noch relativ ruhig war. Am 25. Juli 1942 meldeten Aufklärungsflugzeuge grosse Truppenkonzentrationen des Gegners, die unter keinerlei Tarnmassnahmen mehr abliefen wie noch zu Beginn des Unternehmens Barbarossa. Über Lautsprecher kündigten die Sowjets offen ihren Angriff für den 30. Juli 1942 an. Der Angriff erfolgte am linken Flügel des Panzerkorps und erreichte lediglich kleinere Einbrüche von der Ausdehnung weniger Hundert Meter, die von der Wehrmacht sofort wieder abgeriegelt wurden. Am 4. August 1942 erfolgte der entscheidende Vorstoss der Roten Armee auf einer Divisionsbreite von ein bis zwei Kilometern, die einen Aufmarsch von drei gestaffelten Schützen-Regimentern hinter sich zog. Dahinter näherten sich zwei Panzer-Brigaden mit 80 bis 100 Kampfpanzern an. Die deutschen Verteidiger hatten in minimaler Personalstärke grosse Gefechtsabschnitte zu verteidigen; einer einzigen Kompanie kam ein Abschnitt von ein bis zwei Kilometern zu.

Nach starker Artillerievorbereitung begleitet von Katjuscha-Raketenwerfern, konnten Panzerschwadrone in grosser Zahl die ausgedünnten deutschen Linien überrollen, die durch Artilleriebeschuss und Bombardierung sturmreif waren. Die sowjetische 31. Armee zielte auf den Ort Pogoreloje, während das Ziel der 20. Armee Sytschowka war. Die Offensive konnte wegen schwacher Kräfte nicht aufgehalten werden und lieferte einen grösseren Fronteinbruch, der zu einer kritischen Situation bei der 9. Armee führte. Im Norden nahmen sowjetische Schützen Subzow und trennten die Verbindungsstrasse Karmanowo-Subzow ab, so dass die 161. ID und 14. ID (mot.) isoliert wurden. Danach änderte die Rote Armee ihre Bewegungsrichtung nach Süden ab, um die Flanke ihres Vorstosses mit vier bis fünf Divisionen und mehreren Panzer-Brigaden zu decken. Bei Karmanowo drangen die Angreifer in den Gefechtsstand des XXXXVI. Panzerkorps ein und versuchten die 36. ID (mot.) unter General Gollnick vergeblich aus ihren Stellungen zu werfen. Zur Entlastung wurde die 2. Panzer-Division am 5. August 1942 in Bewegung gesetzt, konnte aber nur in kleinen Einheiten in das Kampfgeschehen eingreifen, ohne Anschluss an die 36. ID (mot.) zu gewinnen. Die 36. ID (mot.) hielt trotz grosser Anstrengungen den Fronteckpfeiler bei Wosskressenoje bis zum 7. August 1942. Am selben Tag erfolgte eine weitere sowjetische Offensive in Stärke von drei Schützen-Divisionen sowie drei Schützen- und vier Panzer-Brigaden gegen die 342. ID. Es wurde gemeldet, dass sich die gesamte sowjetische 5. Armee in Marsch setzte, um die Front an deren linken Flügel einzudrücken.

Erfolgreich war der Einbruch der Roten Armee an der Nachschublinie Sytschowka-Subzow und der Eisenbahnlinie Sytschowka-Rschew, was von der 9. Armee mit sofortigen Gegenmassnahmen beantwortet werden musste. Hierzu wurde das IR 84 mit der Kampfgruppe Biewald und Bülowius eingesetzt, welches am Waldrand von Tschaschnikowo eine Rundumverteidigungsstellung legte. Die Einbrüche des Gegners am 6. August 1942 machten es erforderlich, Nahkampfmethoden einzusetzen, da zuvor mehrere Maschinengewehrstellungen von sowjetischen Schützen ausgeschaltet worden waren, wobei beide Seiten hohe Ausfälle zu verzeichnen hatten. Auch in der Nacht zum 8. August kam es bei Tschaschnikowo zu mehreren sowjetischen Angriffswellen. Als sich die Mannschaftsstärke einer Kompanie des IR 84 auf 22 Personen verringert hatte, wurde der Rückzug befohlen. Mittlerweile war das I. Btl./IR 84, gefolgt vom Rest des Regiments und der 102. ID (General Friessner) bei Ossuga eingetroffen, so dass die Überreste der Kompanie abgelöst werden konnten. Im Ergebnis waren die Versorgungsrouten nach Rschew wieder freigekämpft. Die Reiter der Aufklärungs-Abteilung 6 kämpften mit Unterstützung des Panzerzuges eingesickerte Rotarmisten auf dem Eisenbahndamm nieder. Bis zum 11. August wurden die Sowjetverbände in der Nähe des Dorfes Schalamowo vernichtend geschlagen.

In den Waldgebieten von Ossuga hielten die Kämpfe noch bis zum 15. August 1942 an. Auf beiden Seiten stiegen die Verluste rapide an, während die deutschen Verteidigungslinien durch hohe Belastung zunehmend ausgedünnt wurden. Allein am 9. August 1942 vernichtete die 2. Panzer-Division 64 sowjetische Panzer, die Flakeinheiten zerstörten weitere zehn. Vergeblich versuchte die Rote Armee in vielen Angriffswellen die Höhen von Karmanowo zu nehmen. Am 10. August 1942 erzielten sie einen grösseren Einbruch, was die Wehrmacht zu einer Frontbegradigung zwang. Zwischenzeitlich wurde die 2. Panzer-Division eingekesselt, konnte sich jedoch wieder befreien. Das II. Btl./113 PR der 2. PD zählte am 28. August nur noch einen Offizier und 12 Mannschaftsdienst-grade. Westlich des Flusses Jausa in Schelomiki und Krutije wurden drei Bataillone der 342. ID eingeschlossen. Die Befreiung wurde durch das unwegsame Wald- und Morastgelände längere Zeit verzögert. Der Druck auf Karmanowo hielt währenddessen unvermindert an, an einem Tag wurden bis zu 9000 sowjetische Artilleriegranaten verschossen. Die Situation war extrem unübersichtlich, da Angriffe, Einbrüche und Gegenangriffe permanent abwechselten. Als sich am 21. August 1942 40 Panzer und 700 Fahrzeuge der Roten Armee auf Karmanowo näherten, entschied sich die 9. Armee dazu, die Ortschaft zu räumen und die dort eingegrabenen Soldaten in der Nacht vom 22. auf den 23. August 1942 abzusetzen. Das Unternehmen gelang nur mit Hilfe der Luftwaffe, welche in die Erdkämpfe eingreifen musste. Die Rote Armee folgte der zurückweichenden Wehrmacht bis zur neuen Wechselstellung, wo ein erneutes heftiges Gefecht entbrannte, welches den Verlust von insgesamt 460 zerstörten Sowjetpanzern nach sich zog.

Der Plan der Roten Armee, mit drei Schützen-Divisionen und dem VIII. Panzer-Korps (fünf Panzer-Brigaden) am 13. August 1942 nach Wjasma vorzustossen, scheiterte am erbitterten Widerstand der Panzer-Abteilung „Grossdeutschland“, die im Verlauf der Kämpfe stark aufgerieben wurde. Der Roten Armee gelang es, bei Subzow einen Frontvorsprung zu erzwingen und bis an den Stadtbezirk von Rschew aufzurücken, eine vollständige Einnahme misslang jedoch. Rschew und Sytschowka verblieben trotz immensem Menschen- und Materialeinsatz der Angreifer im Besitz der 9. Armee. Die Gefechte um Rschew waren geprägt von unwegsamen Gelände, extremen Wetterschwankungen und einer prekären Versorgungslage. Die Rote Armee verlor in der kostspieligen Sommerschlacht um Rschew 380.000 Soldaten, 13.770 Kriegsgefangene, 2.956 Panzer, 45 Geschütze, 101 Pak-Kanonen, 227 Granatwerfer, 781 Maschinengewehre und 870 Flugzeuge.

Zweite Rschew-Sytschowka-Operation (25. November bis 21. Dezember 1942)
In den Winterkämpfen der Schlacht von Rschew stiessen die deutschen Soldaten unter anderem auch auf Volkswehrmilizen, die sich aus den Einwohnern der umliegenden Orte rekrutierten und zusammen mit regulären sowjetischen Streitkräften den Druck von drei Seiten auf die 9. Armee aufrechterhielten. Auch diese Offensive verfehlte sämtliche militärischen Ziele der sowjetischen Heeresführung und hatte grosse Verluste zur Folge.

Unternehmen Büffelbewegung

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03_13/Rschew Januar bis Februar 1942

Auch noch im Januar 1943 war die Wehrmacht im Raum Rschew, Demjansk und Leningrad pausenlosen Angriffen der Sowjetarmee ausgesetzt. Im Unternehmen Büffelbewegung wurde der Frontbogen von Rschew endgültig zurückgenommen. Hitler erteilte am 6. Februar 1943 der 9. Armee und Teilen der 4. Armee die Erlaubnis, sich in geordneter Weise aus dem Frontvorsprung Rschew zurückzuziehen.

Die vierwöchige Vorbereitung des Unternehmens Büffelbewegung umfasste eine immense logistische Aufgabe für den Generalstab der 9. Armee, einerseits den Aufbau einer 300 Kilometer westlich liegenden Wechselstellung für den Rückzug der Divisionen, Definition der Widerstandslinien für die phasenweise Absetzbewegung und die Räumung eines ca. 100 Kilometer tiefen Gefechtsraumes. Hierzu musste das Verkehrsnetz erweitert werden, Bautrupps begannen mit dem Bau von 200 Kilometern Strassen für Kraftfahrzeuge sowie 600 Kilometern Strassen für Schlitten und Pferdefahrzeuge. Der besetzte Frontvorsprung wurde evakuiert: 60.000 Zivilisten wurden an die rückwärtige Front abgesetzt, Agrarprodukte, Nutztiere und andere Wirtschaftsgüter wurden ebenfalls mit Zügen abtransportiert, um der vorrückenden Roten Armee einen „leeren“ Raum und „verbrannte Erde“ zu hinterlassen. Der Generalstab hatte einen umfangreichenden Bewegungs- und Marschplan, welcher 29 Divisionen (250.000 Soldaten) bewegen sollte und entweder auf Räderfahrzeugen bei passierbaren Strassen oder bei Schnee auf Schlitten durchgeführt werden sollte. Die Planungen des Unternehmens Büffelbewegung wurden vom Geheimdienst der Sowjetunion enttarnt, so dass Propaganda-Einheiten über Lautsprecher den deutschen Soldaten mitteilten: „Eure Offiziere packen die Koffer. Seht zu, dass ihr mitkommt“. Unternehmen Büffelbewegung begann am 1. März 1943 bei Tauwetter. Starke Temperaturschwankungen, wie ein nächtlicher Frosteinbruch, verlangsamten die Rückwärtsbewegung. An der Wolga verblieben noch ca. 2/3 der 9. Armee in den ursprünglichen Stellungen und sollten dem Gegner ihre Sollstärke vortäuschen, indem sie beispielsweise MG-Salven aus verschiedenen Feuerstellungen abgaben. Die Rote Armee prüfte dies durch punktuierte Gegenangriffe und erzwang bei Lepeticha an der Wolga einen kleineren Fronteinbruch. Einen Tag nach dem Abzug der Haupttruppen sollte auch der Rückzug der letzten vorgelagerten Einheiten erfolgen, was mit einer grösseren sowjetischen Offensive beantwortet wurde. Um die feindliche Verfolgung nachhaltig zu verzögern, legten deutsche Pioniere im grossen Umfang Panzer- und Schützenminen in den unterschiedlichsten Zündarten aus. Hierzu wurden Gelände flächenhaft vermint sowie Ortschaften durch Minen- und Sprengfallen unpassierbar gemacht. Die Sowjets erlitten durch Minenfallen in Rschew beträchtliche Verluste.

Innerhalb von 21 Tagen konnten sich die 9. Armee und Teile der 4. Armee 160 Kilometer hinter der vordersten Front absetzen und eine neue, nur noch 220 Kilometer breite Linie beziehen. Die Einsparung von 330 Kilometern zur Verteidigung wurde als entscheidende operative Massnahme zur Erhalt der Front für die Heeresgruppe Mitte gesehen. Der Roten Armee gelangen zum Zeitpunkt des organisierten deutschen Rückzugs keine weiteren nennenswerten Einbrüche, Flankenstösse oder Verfolgungen mehr. Hitler übernahm von seinem Hauptquartier in Winniza aus per Telefon die Überwachung über das Minenkommando, welches am 3. März 1943 die grosse Wolgabrücke bei Rschew sprengte und den sowjetischen Vormarsch damit weiter verlangsamte. Erst Stunden nach der Sprengung konnten sowjetische Spähtrupps Verbindung mit den vorgelagerten Einheiten jenseits der Wolga aufnehmen. Die 9. Armee erreichte planmässig die stark ausgebaute und mit Minen und Drahthindernissen gesicherte „Büffelstellung“ auf Höhe Spas-Demensk – Dorogobusch – Duchowschtschina noch vor dem Beginn der Schlammperiode (Rasputiza) im Frühjahr. Somit konnte die durch die Winterschlacht 1942/43 entstandene Krise der Heeresgruppe Mitte entschärft werden, und die Voraussetzungen für die Schlacht bei Kursk waren nun gegeben.

Folgen für die Zivilbevölkerung
Die Zivilbevölkerung der Stadt Rschew musste besonders leiden.

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„Dort haben sie meine Mutter umgebracht. Sie haben sie vergewaltigt, ihr dann die Zähne ausgeschlagen, die Hände gebrochen und sie mit vier Bajonettstichen getötet“.
– Anatolij Projdakow über die Greueltaten der Wehrmacht im Dorf Maloje Pischalino bei Rschew, April 1942.

Von 56.000 Einwohnern wohnten nach der Befreiung durch die Rote Armee noch 150 Menschen in der Stadt, im Umfeld der Stadt wohnten weitere 200. Viele der Einwohner wurden als Arbeitskräfte, von den Deutschen, deportiert.

Des Weiteren existierte in der Stadt ein Konzentrationslager. Es wird davon ausgegangen, dass in zwei gefundenen Massengräbern etwa 70.000 Menschen verscharrt wurden. Der Stadtkommandant von Rshew in den Jahren 1941 und 1942 Carl Becker wurde 1945 von einem Militärgericht in einem Kriegsverbrecherprozess in Kalinin zu einer Haftstrafe von 25 Jahren verurteilt.

Verluste
Verluste der Roten Armee
A. V. Isayev geht von 392.554 Toten und 768.233 Verwundeten aus. Svetlana Aleksandrovna Gerasimova schätzt die Anzahl Gefallener auf 1.325.823. Die hohen Verlustraten beruhen vermutlich darauf, dass die Sowjetarmee organisatorische Fehlplanung, mangelhafte Truppenführung und den geringen Einsatz von Technik mit einem überproportional grossen Einsatz von Menschen überkompensieren wollte. Dabei befahlen Offiziere der Roten Armee ihren ungeschützten Soldaten Sturmangriffe wiederholt an denselben Punkten der deutschen Verteidigungslinie, was in einem militärischen Fiasko endete. Von den 1.000 Angehörigen des 618. Schützen-Regimentes überlebten zwei Personen die Schlacht, bei der 29. und 39. Armee kam es zu einem Totalverlust. Bereits in den ersten drei Januarwochen des Jahres 1942 starben 80.000 sowjetische Soldaten während der Kampfhandlungen, oft 80 % der Infanteristen bei einem Sturmangriff. Die 20. Armee verlor innerhalb kürzester Zeit 58.000 Mann. In der Absprungzone der 8. Luftlande-Brigade der Westfront kamen bei der schlecht geplanten Operation mehr als die Hälfte der ungenügend vorbereiteten Fallschirmjäger ums Leben. Noch heute werden jährlich die Gebeine von ca. 1000 Gefallenen geborgen, an einigen Stellen sogar in „sieben Schichten übereinander“.

Verluste der Wehrmacht
Die Verluste der Wehrmacht belaufen sich, nach deutschen Angaben, auf 162.713 Tote, 469.747 Verwundete und 35.650 Vermisste.

Mikhail Yuryevich Myagkov geht von 330.000 Toten und mehr als 450.000 Verwundeten aus.

Fazit
Stalins Doktrin, dem Feind „keine Atempause mehr zu geben“, stand Hitlers starrem Haltebefehl entgegen, Rschew sei eine uneinnehmbare Linie des Führers. Da es der Roten Armee trotz grossem Kräfteeinsatz nicht gelang, den deutschen Frontbogen von Rschew auszuschalten, wurde die Schlacht von der Stawka zu einem Ereignis lokaler Bedeutung heruntergespielt. Ursprünglich war die sowjetische Angriffsoperation nur für wenige Tage vorgesehen, weitete sich jedoch im Lauf des Jahres 1942 zu einem kostspieligen Stellungskampf auf einer breiten Frontlinie aus, welcher von Moskau ungeduldig kommentiert wurde, die Liquidierung der gegnerischen Gruppierungen ziehe sich unzulässig lange hin.

Erst der Einbruch der Kavallerie auf einer Strasse westlich von Wjasma sorgte für einen Teilerfolg, indem die deutschen Nachschublinien empfindlich gestört wurden. Ausserdem konnten im Sommer 1942 einige deutsche Brückenköpfe am linken Wolgaufer ausgeschaltet werden.

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„Es ist das erste Mal, dass in diesem Kriege von mir der Befehl zum Zurücknehmen eines grösseren Frontabschnittes gegeben wird“.
– Adolf Hitler am 15. Januar 1942

Im Februar gelang es der Wehrmacht, die 29. und 33. Armee einzukesseln, während im Verlauf der Operation Mars 1,9 Millionen Soldaten der Sowjetunion Zangenangriffe auf die 9. Armee durchführten. Weitere Versuche der Wehrmacht, durch den Einsatz der Division „Grossdeutschland“ im Spätsommer 1942 Vorstösse in Richtung Moskau voranzutreiben, misslangen. Das Ziel der Roten Armee, die Heeresgruppe Mitte bei Rschew zu zerschlagen, wurde nicht erreicht, die 9. Armee zog sich im Frühjahr 1943 im Zuge des Unternehmens Büffelbewegung in ihre rückwärtigen Stellungen zurück, und Rschew wurde am 3. März 1943 von Truppen der Westfront eingenommen und befreit.

Nachwirkungen
Seit 1997 finden in Rschew deutsch-russische Jugendlager auf der deutschen und russischen Kriegsgräberstätte Rshew unter dem Motto „Versöhnung über den Gräbern“ statt. Im Park des Friedens, der 2002 erbaut wurde, wurden sowohl sowjetische als auch deutsche Gefallene bestattet.

Schlacht um Cholm (08.01.1942 – 08.06.1942)

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03_14/Kartenausschnitt mit Cholm

Die Schlacht um Cholm, auch Kessel von Cholm, fand während des Zweiten Weltkrieges an der deutsch-sowjetischen Front im Bereich der Heeresgruppe Nord statt. Sie begann am 18. Januar 1942 mit einem Angriff sowjetischer Partisanen auf den deutsch besetzten Verkehrsknotenpunkt Cholm (russisch Холм). Wenige Tage darauf schloss die Rote Armee die Stadt samt ihrer Besatzung ein. Cholm wurde über drei Monate lang aus der Luft versorgt, bevor deutsche Truppen durch einen Entsatzangriff im Mai 1942 wieder Verbindung mit der Besatzung aufnehmen konnten. Während der Schlacht um Cholm wurden zum ersten Mal an der Ostfront deutsche Truppen über einen längeren Zeitraum von gegnerischen Verbänden eingekesselt. Nach Abschluss der Kämpfe diente die Schlacht der NS-Propaganda als Beispiel für den angeblichen Heldenkampf deutscher Soldaten.

Vorgeschichte
Die Stadt Cholm ist Hauptstadt des gleichnamigen Rajons in der Oblast Nowgorod. Sie liegt am Zusammenfluss von Lovat und Kunja und wird durch den Lauf dieser Flüsse und ihrer Steilufer geteilt. Die Stadt zählte Anfang 1942 etwa 6.100 Einwohner und erlangte ihre Bedeutung zum einen als wichtiger Flussübergang und zum anderen als Kreuzung je einer befestigten Fahrbahn in Nord-Süd sowie in Ost-West-Richtung. Cholm war somit ein Verkehrsknotenpunkt auf der einzigen witterungsbeständigen Nord-Süd-Verbindung zwischen Staraja Russa und Toropez, denn der grösste Teil der umliegenden Landschaft war Sumpfgelände. Bereits am 3. August 1941 war der Ort von Verbänden der Wehrmacht eingenommen worden. Danach hatte sich in der Umgebung eine Brigade sowjetischer Partisanen gebildet, die in geringem Mass gegen die rückwärtigen deutschen Verbindungslinien operierte. In den Monaten von August 1941 bis Januar 1942 diente Cholm den deutschen Truppen lediglich als Versorgungsbasis und Umschlagplatz, der in einiger Entfernung von der Front nur von Trossen, rückwärtigen Diensten und schwachen Sicherungskräften besetzt war.

Nachdem der deutsche Vormarsch im Dezember 1941 in der Schlacht um Moskau zum Stehen gebracht worden war, schritt die Stavka (sowjetisches Hauptquartier) im Januar 1942 zur Gegenoffensive. Am 8. Januar 1942 begann sie mit Angriffsoperationen gegen den rechten Flügel der Heeresgruppe Nord, der von der 16. Armee südlich des Ilmen-Sees gebildet wurde. Bereits am nächsten Tag erzielten die sowjetischen Verbände erste Einbrüche in die deutsche Front und weiteten sie in den folgenden Tagen aus. Da das Oberkommando des Heeres (OKH) eine Absetzbewegung kategorisch ausgeschlossen hatte, um den Anschluss zur Heeresgruppe Mitte nicht zu verlieren, versuchte der neu ernannte Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, Generaloberst Georg von Küchler, die feindlichen Einbrüche mit anderswo herausgelösten Truppen abzuriegeln. Er beorderte dazu am 18. Januar 1942 das XXXIX. Armeekorps (mot.), während für die Sicherung des Verkehrsknotenpunktes Cholm die 218. Infanterie-Division vorgesehen war. Diese hatte in Dänemark gestanden; die Verlegung in den Raum Cholm war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Sie traf mit Teilkräften erst ab dem 28. Januar im Frontgebiet ein.

Operationsverlauf
Partisanenangriff
Nachdem der sowjetische Grossangriff begonnen hatte, gewann er schnell Raum in Richtung der Lovat, während die deutschen Truppen ausweichen mussten. Bereits am 17. Januar 1942 kämpfte nur noch eine deutsche Kampfgruppe in Regimentsstärke östlich von Cholm. Um diesen wichtigen Verkehrsknotenpunkt zu erobern, plante der sowjetische Stabschef der Nordwestfront, Generalleutnant N. F. Vatutin, eine enge Zusammenarbeit mit der 2. Leningrader Partisanenbrigade unter dem Kommando von Oberstleutnant N. G. Vassiljev. Diese sollte die Stadt in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar besetzen und bis zum Eintreffen der regulären Truppen halten. Nach sowjetischen Angaben beteiligten sich an der folgenden Aktion acht Partisanen-Abteilungen mit ungefähr 800–1000 Mann aus einem Umkreis von 80 Kilometern.

Am Abend des 17. Januar gingen diese in Bereitstellung und sperrten alle Zufahrts- und Verbindungswege zum Ort. Am Morgen des 18. Januar um 4:00 Uhr griffen sie schliesslich aus drei Richtungen an, wobei der Hauptstoss von Westen erfolgte, weil dort die Stadt am wenigsten befestigt war. Der Angriff war stark genug, um das OKW aufmerksam zu machen. „Starker Partisanenangriff gegen Cholm“ wurde im Kriegstagebuch notiert, während die sowjetische Geschichtsschreibung später betonte, dass es sich um die bis dahin grösste sowjetische Partisanen-Operation gehandelt habe. Die deutschen Soldaten waren davon überrascht und zogen sich bis 11:00 Uhr ins Zentrum der Stadt zurück. Dort leisteten sie von der Kirche und dem GPU-Gefängnis aus erfolgreich Widerstand. Die sowjetische 33. Schützendivision, welche die Partisanen eigentlich erreichen sollte, wurde durch deutsche Truppen östlich von Cholm aufgehalten. Ohne Unterstützung und Munition mussten sich die Partisanen schliesslich am frühen Abend zurückziehen. Vereinzelte Kämpfe mit den Partisanen dauerten noch bis zum 21. Januar an.

Einschliessung der Stadt

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03_04/Offensive der Roten Armee südlich des Ilmensees, 7. Januar – 21. Februar 1942

In der Nacht zum 19. Januar 1942 traf der Kommandeur der 281. Sicherungs-Division Generalmajor Theodor Scherer mit seinem Divisionsstab ein und übernahm den Gesamtbefehl über die im Raum Cholm stehenden Verbände. Die Division hatte bisher im rückwärtigen Gebiet der Heeresgruppe Nord Sicherungsaufgaben gegen Partisanen wahrgenommen und musste mit Teilen nunmehr die Fronttruppen verstärken.

Bis zur Einschliessung der Stadt war jedoch nur ihr Kommandeur Scherer in Cholm eingetroffen. Somit standen zur Verteidigung des Ortes nur wenige kleinere Einheiten verschiedener Verbände zur Verfügung. Im Wesentlichen waren dies drei Kompanien des Reserve-Polizei-Bataillons 65, drei Kompanien Infanterie, Teile des Infanterie-Regiments 385, Trosse und Angehörige der rückwärtigen Dienste, die sich im Raum Cholm befanden. Dies waren zunächst nur etwa 3500 Mann. Unter dem Druck des sowjetischen Vormarsches zogen sich weitere Wehrmachtverbände von Osten her auf Cholm zurück, welche in der Folge die „Kampfgruppe Scherer“ verstärkten. Ebenso gelangten noch Teile eines Infanterieregimentes und des Jagd-Kommandos 8 in den Kessel.

Bereits am 16. Januar hatte die sowjetische 3. Stossarmee des Generals M. A. Purkajev den Befehl zur Einnahme Cholms bis zum 19. Januar erhalten. Am 17. Januar, dem Vorabend des Partisanenüberfalls, standen ihre Verbände 20–25 km östlich der Stadt in der Nähe des Ortes Krasnij Klin. Purkajev konnte nur die 33. Schützendivision (Oberst A. K. Makarjevs) von Osten her auf Cholm ansetzen, denn die Panzer des 146. Panzerbataillons waren wegen Treibstoffmangels zurückgeblieben. Allgemein gestaltete sich die Versorgung auch auf sowjetischer Seite schwierig. Die Division erreichte den Stadtrand erst am 20. Januar, während die 257. Schützendivision und die 31. Schützenbrigade die Stadt im Süden umgingen. Bis zum 22. Januar hatten diese drei Verbände den Ort eingeschlossen.

Noch am 21. Januar begannen das 73. und 82. sowjetische Schützenregiment der 33. Schützendivision von Süden und Südwesten her einen ersten Grossangriff, der zur Eroberung des Westteiles der Stadt und der Lovat-Brücke führte. Für die deutschen Truppen gestaltete sich die Lage dabei schwierig, da es im Kessel bereits an Granaten und sonstiger Munition fehlte und sich der Gefechtsstand der Kampfgruppe selbst schon fast in der vordersten Linie befand.

Am folgenden Tag, dem 23. Januar, erhielten die sowjetischen Verbände schliesslich Verstärkung durch das 146. Panzer-Bataillon mit dreizehn Panzern (2 T-34, 11 T-60), nachdem dieses mit Treibstoff versorgt worden war. Die T-34 kamen aus ungeklärten Umständen nicht zum Einsatz, während die elf T-60 noch am gleichen Tag zum Angriff auf den östlichen Stadtteil angesetzt wurden. Diese aufzuhalten, bereitete den Verteidigern grosse Schwierigkeiten, da kaum Panzerabwehrwaffen zur Verfügung standen. Nur unter Einsatz von sechs Minen in Strassenbarrikaden und geballten Ladungen konnte dieser Angriff abgewehrt werden. Am 25. Januar verschlechterte sich die Lage für die deutsche Besatzung weiter durch den Verlust des Verpflegungsdepots, welches in Brand geschossen wurde und von dessen Beständen nur die Hälfte gerettet werden konnte. Unterdessen sammelten sich westlich der Stadt erste Kräfte der eintreffenden 218. Infanterie-Division und anderer deutscher Verbände. Sie wurden unter dem Kommandeur der Division Generalmajor Horst Freiherr von Uckermann zusammengefasst und als „Kampfgruppe Uckermann“ zum sofortigen Entsatz von Cholm angesetzt. Am 26. Januar gelang diesen Kräften aus südwestlicher Richtung ein Durchbruch durch die Linien des sowjetischen 73. Schützenregiments, das von einer Abteilung des 44. Artillerieregiments unterstützt wurde. Ungefähr 200 Infanteristen (vom MG-Bataillon 10) gelangten als Verstärkung in den Kessel, bevor dieser von der Roten Armee wieder geschlossen werden konnte. Später gelang auf dem gleichen Weg noch einmal die Zuführung einiger Sturmgeschütze. Mit Hilfe dieser Verstärkungen gelang der „Kampfgruppe Scherer“ die Rückeroberung des nordwestlichen Teils der Stadt, der, neben dem Flugfeld gelegen, unentbehrlich für eine mögliche Luftversorgung war. Bei diesen Kämpfen wurde das sowjetische 162. Schützenregiment bis auf 312 Mann aufgerieben. Noch Ende Januar gingen die Kämpfe um einen Entsatz Cholms weiter. Von aussen trat noch einmal die „Kampfgruppe Uckermann“ an und drang bis zum 31. Januar 10–15 Kilometer in Richtung des Kessels vor, während Generalmajor Scherer einen Stosstrupp zur Vereinigung ansetzte. Dagegen führte das Kommando der 3. Stossarmee aus seiner Reserve die 45. Schützenbrigade heran, welcher es gelang, eine Vereinigung der deutschen Stosskeile zu verhindern.

Nachdem die Verbände der Roten Armee diesen Entsatzangriff abgewiesen hatten und dabei bereits seit zehn Tagen Cholm selbst angriffen, waren auch sie am Ende ihrer Kräfte. Die Regimenter der 33. Schützendivision zählten wegen der hohen Verluste nur noch je 200–300 Soldaten. Deshalb stellten sie ab dem 1. Februar die Angriffe vorläufig ein. Insgesamt hatte die Besatzung von Cholm in den Tagen vom 18. bis zum 28. Januar 1942 sechs Angriffe und 15 Gegenstösse sowie 20 Stoss- und Spähtruppunternehmungen durchgeführt. Dabei hatte sie 27 feindliche Angriffe, von denen 7 mit Panzerunterstützung stattfanden, abgewehrt. Diese heftigen Kämpfe hatten bereits zu hohen Ausfällen geführt. Allein 30 Offiziere, 250 Unteroffiziere und etwa 1000 Mannschaften sollen zu diesem Zeitpunkt gefallen oder verwundet worden sein. Nachdem die Entsatzversuche des deutschen XXXIX. Armeekorps (mot.) mit der „Kampfgruppe Uckermann“ wegen Kräftemangels nur noch „Stosstruppcharakter“ gehabt hatten und gescheitert waren, war die Besatzung von Cholm seit dem 27./28. Januar endgültig abgeschnitten.

Kämpfe um den Kessel
Die genaue Stärke der verschiedenen Einheiten, die sich nach und nach in Cholm zusammenfanden und dann die „Kampfgruppe Scherer“ bildeten, ist nicht bekannt. Wie bereits angegeben findet sich in der Literatur die Angabe von etwa 3.500 Mann zum Zeitpunkt der Einkesselung. Zu diesen kamen noch diverse kleinere Truppenteile und Verstärkungen unbekannter Grösse durch die ersten Entsatzversuche oder auf dem Luftweg. Da auch die Zahlen über die Verluste im Verlauf der Kämpfe ungenau sind, kann keine Aussage hinsichtlich der konkreten Truppenstärke der Kampfgruppe in den verschiedenen Phasen der Kämpfe gemacht werden. Einen Hinweis liefert jedoch die bekannte Zahl von 5.500 nach der Schlacht verliehenen Cholm-Schilden. Neben der Schwierigkeit, die Zahl der Soldaten zu ermitteln, lässt sich auch die Ausrüstung und Kampfkraft der zusammengeworfenen Kampfgruppe kaum bewerten. Nach den Kämpfen bis Ende Januar 1942 bestanden die deutschen Truppen in Cholm im Kern wahrscheinlich aus Teilen des Infanterie-Regiments 397 der 218. Infanterie-Division, des Infanterie-Regiments 553 der 329. Infanterie-Division sowie Teilen der 123. Infanterie-Division. Hinzu kamen zahlreiche kleinere Verbände und Trosseinheiten, sogar eine Flussschifferabteilung der Kriegsmarine. Insgesamt standen nach dem Einfliegen von Verstärkungen unter dem Kommando des Stabes der 281. Sicherungs-Division Angehörige von etwa 60 verschiedenen Formationen.

Mit diesen Kräften wurde eine Fläche von etwa 1½ bis 2 Quadratkilometern (je nach Lage der Hauptkampflinie) gehalten. Dabei war die geringe räumliche Ausdehnung des Kessels auch ein Vorteil, der es den Verteidigern ermöglichte, die wenigen Verteidigungskräfte effektiv einzusetzen und schnell an Brennpunkten zusammenziehen zu können. Allerdings bedeutete es auch, dass das gesamte Gebiet in der Reichweite sowjetischer Artillerie lag und jeder tiefe Einbruch eine unberechenbare Gefahr der Zerschlagung des Kessels darstellte und oft durch verlustreiche Gegenangriffe wieder wettgemacht werden musste.

Auch für die sowjetische Seite besteht Unsicherheit über die Stärke der eingesetzten Truppen. Theoretisch verfügten die um Cholm eingesetzten Verbände über eine Stärke von etwa 23.000 Mann, doch ist nicht überliefert in welchem Zustand sich die Einheiten beim Erreichen der Stadt befanden. Ausserdem überliefert die sowjetische Literatur nur unvollständige Angaben über die Verluste, den Personal- und Materialersatz sowie Verstärkungen. Sicher ist, dass die sowjetischen Truppen bei Cholm mit begrenzten Mitteln agieren mussten, da die Masse der 3. Stossarmee nach Süden gegen Velikije Luki angesetzt wurde, während ein anderer Teil an der Einschliessung der deutschen Truppen im Raum Demjansk beteiligt war (→ Kesselschlacht von Demjansk). So kamen zwar bei Cholm einige Panzer zum Einsatz, welche aber die Infanterie im Kampf in Ortschaften nur bedingt unterstützen konnten und nach Beginn des Tauwetters im sumpfigen Gelände nur noch beschränkt einsetzbar waren. Auch mangelte es dem zur Unterstützung des Kampfes um Cholm herangeführten 44. Artillerieregiment an ausreichend Munition. Somit mussten sich auch Purkajevs Truppen auf einen vor allem infanteristischen Kampf einlassen.

Luftversorgung
Ab Anfang Februar lief die Luftversorgung der eingeschlossenen Besatzung von Cholm an. Es gab zwar ein kleines Flugfeld von ungefähr 200 × 500 Metern Grösse westlich der Stadt, doch dieses lag unter ständigem sowjetischen Artilleriebeschuss. Zunächst konnten dort in den ersten Februartagen noch Transportmaschinen vom Typ Ju 52 des Kampfgeschwaders z. b. V. 172 (teilweise auch der Kampfgruppe z. b. V. 4) landen, um Truppen und Güter auszuladen. Allerdings erlitten diese dabei hohe Verluste. Allein am 3. Februar wurden drei Flugzeuge am Boden durch sowjetische Bomber zerstört. Insgesamt verlor das Geschwader fünf von seinen sieben eingesetzten Maschinen. Deshalb mussten diese Versorgungsflüge nach knapp einer Woche am 9. Februar wieder eingestellt werden. Nach Angaben des sowjetischen Chefs der Operationsabteilung der 3. Stossarmee, General G. G. Semjonov, leitete der Kommissar des Artillerieregiments 44 Oberleutnant Podkovyrkin mit zwei 76-mm-Geschützen und wenig Munition den Beschuss des Flugfeldes aus einem Wald östlich davon. Stattdessen verlegte man sich auf das Abwerfen von Versorgungsbomben (V-Bomben) mittels Bombern des Typs Heinkel He 111 der Kampfgeschwader 4 und 53 und später zusätzlich auf den Einsatz von Lastenseglern vom Typ Gotha Go 242 und DFS 230. Die Versorgung der Besatzung konnte auf diese Weise durch die Luftwaffe jedoch nicht sichergestellt werden. Die Versorgungslage wurde schnell so prekär, dass trotz der damit verbundenen hohen Verluste Ende Februar und Mitte März sporadisch wieder Ju 52 eingesetzt werden mussten, um die gröbsten Versorgungsengpässe zu überwinden und Verstärkungen heranzubringen.

Die Methode der Luftversorgung mittels V-Bomben hatte Nachteile, denn viele von ihnen landeten vom Wind abgetrieben im Fluss oder im sowjetischen Feuerbereich. Um diese Versorgungsgüter zu bergen, mussten jeweils am Abend Stosstruppunternehmen durchgeführt werden. Die sowjetischen Truppen versuchten ihrerseits, die Bergung durch Schrapnellfeuer zu behindern. Problematisch war es auch, dass diese Methode der Versorgung sehr wetterabhängig war. Besonders im März erreichte deshalb nur ein Bruchteil der benötigten Versorgungsgüter die eingeschlossenen Verbände. Manchmal explodierte die transportierte Munition beim Aufprall auf den Boden. Insgesamt erreichten während der Belagerung um die 7000 V-Bomben die Besatzung von Cholm. Um die V-Bomben ins Ziel zu bringen, waren die He 111 gezwungen, unter 400 Meter Tiefe zu fliegen, und erlitten dabei hohe Verluste. Anfang Februar 1942 mussten drei Bomber hinter den sowjetischen Linien notlanden. Insgesamt gingen bei der Versorgung von Cholm 55 Flugzeuge verloren (27 Ju 52 und 28 He 111).

Der Einsatz von Lastenseglern erwies sich aufgrund ihrer höheren Ladekapazität als effektiver, doch auch sie waren stark wetterabhängig. Mit ihrer Hilfe konnte wichtiges Material und Verstärkung in die Stadt gebracht werden, so unter anderem eine Panzerabwehrkanone (Pak) mit Bedienung, eine Flugabwehrkanone (Flak), ein schwerer Ladungswerfer, eine Funkstelleneinrichtung, ein Sanitätsoffizier, ein Artillerieoffizier sowie 19 Mann Verstärkung. Insgesamt landeten 80 Lastensegler mit mehr als 200 Tonnen Material. Da mit jedem einzelnen Segler auch drei Mann Flugzeug-Besatzung im Kessel eintrafen, die nicht wieder ausgeflogen werden konnten, wurde die Kesselbesatzung auch personell verstärkt. Als das Vorgelände und das Flugfeld des Kessels zeitweise verlorengingen, landeten die Lastensegler auf den breiteren Strassen der Stadt. Nachdem auch ein Teil des Stadtgebietes von der Roten Armee erobert worden war, blieb für die grösseren Gotha-Lastensegler keine geeignete Strasse mehr. Nur die kleineren DFS230-Lastensegler konnten noch auf einer Strasse landen, weswegen der Hauptteil der Versorgung über V-Bomben erfolgte.

Bedingungen im Kessel
Die Besatzung des Kessels von Cholm litt vor allem unter zwei Missständen: Zum einen unter den harten Witterungsbedingungen und zum anderen unter der völlig unzureichenden Versorgung. Im Februar wurden −40 °C bis −46 °C gemessen, was zu erheblichen Erfrierungen führte, zumal Winterbekleidung nur in geringem Umfang zur Verfügung stand und weitere erst eingeflogen werden musste. Selbst Mitte März betrugen die Temperaturen noch bis zu −30 °C mit häufig auftretenden Schneestürmen. Da auch die Verpflegung mittels V-Bomben herangeschafft werden musste, waren die täglichen Rationen nur gering. Auch wenn Reserven in Lagern angelegt werden konnten, fielen diese oft dem sowjetischen Artilleriefeuer zum Opfer. Bis Ende März waren bereits fast alle Zugtiere geschlachtet worden, bevor ein Befehl den Verzehr der letzten 50 Pferde verbot, da diese für die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes (Ziehen von Lastenseglern und Kanonen) unentbehrlich waren. Im April sanken die Brotrationen auf lediglich 300 Gramm pro Tag.

Die hygienischen Umstände waren schlecht, da die Menschen, Zivilisten wie Soldaten, in den Kellern und Unterständen auf engstem Raum lebten und es kaum Waschgelegenheiten gab. In der Folge breitete sich Fleckfieber aus; da Impfstoffe erst eingeflogen werden mussten, stieg die Anzahl der Erkrankten bis Anfang April auf etwa 400 Menschen an. Bis zum 8. Februar konnten mehr als 500 Verwundete und Kranke mit Ju 52 ausgeflogen werden, dann wurden diese Flüge eingestellt. Danach versuchte man die Verwundeten in Verbandsplätzen zu sammeln. Da diese jedoch häufig unter Beschuss gerieten und verlegt werden mussten, entschied man sich dafür, die leichter Verwundeten in den Kellern und Quartieren ihrer jeweiligen Einheiten unterzubringen. Nur der Hauptverbandsplatz in der „Haarnadelkurve“ mit 18 zerstörten Häusern wurde als zentrale Sammelstelle für Schwerverwundete beibehalten. Die Zahl der Verwundeten und Kranken erhöhte sich schliesslich auf etwa zwei Drittel der gesamten Kesselbesatzung. Die Gefechtsstärke der 300 Mann zählenden Truppe im Nordabschnitt betrug am 15. März nur 160 einsatzfähige Soldaten. Um die Stellungen zu verteidigen, wurde es deshalb notwendig, die Verwundeten zum Dienst heranzuziehen. Ganze Reservegruppen, die ausschliesslich aus Verletzten bestanden, nahmen an den Gefechten teil.

Kampfverlauf
Die sowjetische 3. Stossarmee führte ihren Angriff in südlicher Richtung auf Toropez und Welikije Luki weiter. Bis Mitte Februar dehnte sich ihre Frontbreite somit auf über 200 Kilometer aus und ihr Angriffsschwung ging verloren. Sie war deshalb gezwungen, in der erreichten Linie zur Verteidigung überzugehen. Obwohl Cholm als Verkehrsknotenpunkt für die sowjetische Führung von Bedeutung war, musste sich diese gleichzeitig auch auf die Kämpfe um den weit grösseren Kessel von Demjansk konzentrieren, in dem seit dem 8. Februar sechs deutsche Divisionen eingeschlossen waren. Die geplante Zerschlagung dieser deutschen Verbände erhielt daher Priorität, so dass die sowjetischen Truppen um Cholm mit den eigenen Mitteln auskommen mussten.

Nach den Kämpfen Ende Januar kehrte in den folgenden Tagen relative Ruhe ein, auch wenn der Kessel unter ständigem Artillerie-Beschuss lag. General Purkajew führte zur Verstärkung der 33. Schützendivision auch die 391. Schützendivision heran. Am Freitag dem 13. Februar begannen die sowjetischen Belagerer mit diesen Kräften einen erneuten konzentrischen Grossangriff. Im Mittelpunkt der Abwehr stand das GPU-Gefängnis, das als eines der wenigen festen Gebäude der Stadt einen wichtigen Stützpunkt darstellte. In den folgenden Tagen mussten die deutschen Verteidiger sich abschnittsweise aus dem Nordwestteil und aus einem Stück des Ostteils der Stadt zurückziehen. Ursächlich dafür war vor allem, dass die Besatzung zu diesem Zeitpunkt kaum über panzerbrechende Waffen verfügte. Nur ein erbeutetes sowjetisches Geschütz ohne Visier, geballte Ladungen und Panzerbüchsen standen zur Verfügung. Erst später konnten weitere schwere Waffen eingeflogen werden. Am 19. Februar forderte Generalmajor Scherer deshalb dringend Unterstützung und die Zuführung einer Fallschirmjäger-Kompanie an. Ohne diese Kräfte meinte er die Stellung nicht länger halten zu können. Da eine solche Einheit nicht zur Verfügung stand, entschied sich das OKH trotz des damit verbundenen Risikos dazu, das III. Bataillon des Luftwaffen-Feld-Regiments 1 mit Ju 52 in den Kessel einzufliegen. Durch die Zuführung dieser Verstärkungen war es den deutschen Verteidigern möglich, alle sowjetischen Angriffe bis zum 26. Februar abzuwehren.

Während der folgenden Wochen kam es zu keinen Grossangriffen, doch andererseits verging auch kein Tag, an dem nicht an der Kesselfront Gefechte geführt wurden, entweder durch sowjetische Angriffe, deutsche Gegenangriffe oder bei der Bergung von Versorgungsgütern. Hinzu kam der ständige Beschuss der Stadt durch sowjetische Artillerie. Demgegenüber wurde die Besatzung des Kessels durch Kampfverbände der Luftwaffe unterstützt, deren Sturzkampfflugzeuge über Funk eingewiesen wurden. Auch die in zwölf Kilometer Entfernung stehende deutsche Artillerie der Entsatzkräfte wurde oft um Unterstützung gebeten. Fliegern wie Artillerie fiel dabei die Aufgabe zu, erkannte sowjetische Truppenbereitstellungen und deren Artillerie zu bekämpfen. Auch hier erfolgte die Feuerleitung aus dem Kessel heraus.

Durch den Bodenfrost war es weitgehend unmöglich, Schützengräben und Feldstellungen anzulegen (einige Unterstände und Keller liefen zudem mit Tauwasser voll). Stattdessen diente lediglich der meterhohe Schnee zum Verschanzen der Linien. Die Bestattung von Gefallenen war aufgrund des hart gefrorenen Bodens nicht möglich. Gleichzeitig erleichterte der Schnee den sowjetischen Soldaten die Annäherung an die deutschen Stellungen und der gefrorene Boden erlaubte den Einsatz von Kampfpanzern in dem ansonsten sumpfigen Gelände. Bis Mitte März 1942 eroberten die sowjetischen Soldaten neun Steinhäuser und den Friedhof im Nordosten der Stadt. Als Ende März schliesslich Tauwetter einsetzte, schmolz der Schnee, während der Boden zunächst gefroren blieb. Damit verloren die Truppen beider Seiten ihre Stellungen und Deckungsmöglichkeiten. Hinzu kam auf deutscher Seite der Nachteil, dass die Flüsse nun (unter anderem durch Treibeis) für Melder und Truppen schwieriger zu passieren waren, was den Kessel praktisch in mehrere Teile aufsplitterte.

Anfang bis Mitte April führte die Rote Armee erneut Grossangriffe durch, um die durch den Wetterumschwung entstandenen Nachteile für die Verteidiger auszunutzen. Bei diesen Angriffen gelang ihnen unter massivem Artillerie- und Panzereinsatz die Eroberung des Nord- sowie des Nordostteils der Stadt. Danach erlahmten die sowjetischen Angriffskräfte. Die „Kampfgruppe Scherer“ verlor allein in diesen Kämpfen etwa 500 Soldaten an Gefallenen und Verwundeten. Die zweite Aprilhälfte verlief vergleichsweise ruhig.

Entsatzangriff
Nach der Einschliessung von Cholm war das Oberkommando der Heeresgruppe Nord nicht in der Lage, sofort Gegenmassnahmen einzuleiten. Die sowjetischen Truppen waren entlang der gesamten Front zur Offensive übergegangen, so dass im Januar und Februar 1942 im Bereich der Heeresgruppe Nord ernste Krisen am Wolchow (→ Schlacht am Wolchow) und um Demjansk entstanden, welche die geringen Reserven der Heeresgruppe beanspruchten. Obwohl die „Kampfgruppe Uckermann“ weiterhin um den Entsatz von Cholm bemüht war, konnten ihr dafür nur kleine hastig zusammengezogene Einheiten zur Verfügung gestellt werden. Für den 5. März plante das Oberkommando der Heeresgruppe schliesslich einen weiteren grossen Entsatzangriff. Dieser scheiterte jedoch bei −40 °C durch die Witterungsumstände. Ausserdem erlitten die vorgesehenen Truppen schon während der Bereitstellung grosse Verluste durch sowjetische Artillerie. Nun strukturierte das in diesem Abschnitt kommandierende XXXIX. Panzerkorps unter General Hans-Jürgen von Arnim die Entsatzkräfte um. Der neu ernannte Kommandeur der 218. Infanterie-Division Oberst Viktor Lang übernahm am 20. März 1942 deren die Führung – nun als „Gruppe Lang“ bezeichnet. Ab Mitte April wurde Langs Kampfgruppe selbst von mehreren sowjetischen Bataillonen angegriffen und musste sich zunächst verteidigen. Erst Ende des Monats war ein weiterer Versuch zum Entsatz des Kessels möglich. Der neuerliche Entsatzangriff wurde mit der Masse der 218. Infanterie-Division, dem Infanterie-Regiment 411 der 122. Infanterie-Division und der Sturmgeschütz-Abteilung 184 durchgeführt. Hinzu kamen ausserdem 20 Panzer und eine gut ausgestattete Panzerjäger-Abteilung der 8. Panzer-Division. Der am 30. April begonnene Angriff („Operation Grün“) kam gegen den zähen Widerstand der 8. Garde-Schützendivision und der 71. Panzer-Brigade nur langsam voran, wurde aber zunehmend durch die Luftwaffe unterstützt.

Die sowjetische Führung reagierte darauf indem sie versuchte, den Kessel zu überrennen bevor die „Gruppe Lang“ ihn erreichen konnte. Am Abend des 30. April begann deshalb von sowjetischer Seite ein Trommelfeuer auf das gesamte Kesselgelände. Dies wiederholte sich am Morgen des 1. Mai um 3:45 Uhr erneut, bevor die Rote Armee gegen 5:45 Uhr einen konzentrischen Angriff begann. Sie stiess mit Infanterie und fünf Panzern aus dem „Panzernest“ (Bodenvertiefung, in der die sowjetischen Panzer vor Angriffen bereitgestellt wurden) heraus in den Ostteil der Stadt vor und griff mit weiteren fünf Panzern von der Gerberei her auch den Nordwestteil sowie mit Infanterie von Westen her das Flugfeld an. Währenddessen lag schweres Artilleriefeuer auf der „Roten Ruine“ und der Kirche sowie auf der „Haarnadelkurve“, wo das deutsche Hauptmunitionslager getroffen wurde und ausbrannte. Obwohl der Angriff im Nordwesten bis 7:00 Uhr gestoppt werden konnte, kam es im Osten zu einer Krise. Dort fiel zu Beginn des Kampfes das einzige Pak-Geschütz durch Feindeinwirkung aus. Bis 9:00 Uhr ging auch die Munition für die schweren Waffen aus, und gegnerische Panzer waren durch die Hauptkampflinie gebrochen. Generalmajor Scherer bat deshalb dringend um Luftunter-stützung und Verstärkung sowie den beschleunigten Durchbruch der „Gruppe Lang“. Tatsächlich erschienen nun stündlich Sturzkampfflugzeuge, und per Lastensegler wurde ein neues Pak-Geschütz eingeflogen, welches die Panzer im Ostteil der Stadt bekämpfte. Bereits um 12:45 Uhr meldete Scherer die Abwehr des gegnerischen Angriffs. Allerdings kostete das schwere Artilleriefeuer weiterhin schwere Verluste. Auf die kaum 2 km² grosse Fläche fielen an diesem Tag etwa 1.500 Granaten. Bei den Kämpfen fielen nach zeitgenössischen deutschen Schätzungen etwa 100 deutsche und 600 sowjetische Soldaten. Am 2. Mai erfolgten zwar wieder Angriffe und Bombardierungen, jedoch in geringerem Umfang als zuvor. An den beiden Tagen schossen die deutschen Verteidiger acht Panzer ab. Erst am 3. Mai setzte der sowjetische Grossangriff gegen Cholm wieder ein, wobei erneut Einbrüche in die Hauptkampflinie durch die Rote Armee erreicht wurden. Allerdings verlor sie dabei wiederum mehrere hundert Soldaten und 13 Panzer.

Am Abend dieses Tages waren bereits die ersten Fahrzeuge der „Gruppe Lang“ nahe dem zwei Kilometer entfernten Ort Kusemkino zu sehen. Doch auch am 4. Mai konnte die Verbindung trotz weiterer schwerer Kämpfe nicht hergestellt werden. Erst am Morgen des 5. Mai um 6:20 Uhr konnte ein Stosstrupp mit Sturmgeschützen unter Oberleutnant Freiherr von Hohenhausen Cholm erreichen. Bis 16:10 Uhr konnte eine Fernsprechleitung gelegt werden, und um 16:25 Uhr traf das erste vollständige Bataillon der „Gruppe Lang“ in der Stadt ein. Nach dem Entsatz des Kessels kamen zwar umgehend der Kommandierende General des XXXIX. Panzerkorps, General Hans-Jürgen von Arnim, und der Befehlshaber der 16. Armee, Generaloberst Ernst Busch, zur Inspektion nach Cholm, doch der Ort blieb nach wie vor umkämpft. Erst am 18. Mai zogen sich die sowjetischen Verbände aus dem Südostteil der Stadt zurück, während der Nordostteil erst am 8. Juni 1942 von deutschen Truppen eingenommen werden konnte. Die Stadt Cholm blieb danach unter deutscher Besatzung, bis sie schliesslich am 21. Februar 1944 kampflos geräumt wurde. Die 218. Infanterie-Division etablierte in diesem Bereich eine neue Front während die Angehörigen der „Kampfgruppe Scherer“ einen längeren Heimaturlaub erhielten. Insgesamt verloren 1550 deutsche Soldaten ihr Leben während der Kämpfe um den Kessel; etwa 2200 weitere wurden verwundet. Zusammen entspricht das etwa 60 % der ursprünglich eingeschlossenen Soldaten. Über die Gesamtzahl sowjetischer Verluste gibt es in der Literatur Unsicherheiten. Sie wurden 2012 von Robert Forczyk zuletzt auf 20.000 bis 25.000 Mann geschätzt.

Rezeption
Deutsche Seite
Während der Kämpfe war die deutsche Öffentlichkeit nicht über die Existenz des Kessels von Cholm unterrichtet worden. Im Wehrmachtbericht hiess es lediglich lapidar:

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„Im nördlichen Abschnitt der Ostfront wehrte vorgeschobene Kräftegruppe erfolgreich überlegene Feindkräfte ab“.

Ende März 1942 wurde bekanntgegeben, dass Generalmajor Scherer am 21. Februar das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen worden war, ohne jedoch konkrete Gründe anzugeben:

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„Generalmajor Theodor Scherer hat Ende Januar mit verhältnismässig geringen Kräften eine grössere Ortschaft gegen dauernde schwere Angriffe der Sowjets verteidigt. Obwohl er verwundet wurde, leitete er mit ungeschwächter Energie unter Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit Wochen hindurch die erfolgreiche Abwehr, die durch das Binden starker Feindkräfte für die Gesamtführung von ausschlaggebender Bedeutung war“.

Erst am 6. Mai, nach dem erfolgreichen Entsatz der Besatzung, teilte der Wehrmachtbericht mit, dass die „Kampfgruppe Scherer“ mehr als drei Monate lang eingekesselt gewesen war:

„Am nördlichen Abschnitt der Ostfront stellten deutsche Truppen in kühnem, planmässig vorbereiteten Angriff die Verbindung zu einem vom Feinde eingeschlossenen wichtigen Stützpunkt wieder her. Die unter dem Kommando des Generalmajors Scherer stehende Besatzung dieses Stützpunktes hat seit dem 21. Januar 1942 in hartem Abwehrkampf zahlreichen Angriffen überlegener feindlicher Kräfte mit hervorragender Tapferkeit standgehalten“.

In den folgenden Monaten wurde die Belagerung von Cholm propagandistisch verwertet. Während die beteiligten Soldaten mit dem Cholmschild und Generalmajor Scherer mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz ausgezeichnet wurden, erschienen einige Berichte von Kampfteilnehmern in der Zeitschrift Die Wehrmacht. Bald darauf erschien der Bildband Kampfgruppe Scherer – 105 Tage eingeschlossen des Kriegsberichterstatters Richard Muck. Dieser war Anfang März 1942 mit einem Lastensegler im Kessel eingetroffen und hatte etwa 2.500 Fotos gemacht, welche das Geschehen im Kessel von Cholm zu einem bis heute bildlich sehr gut dokumentierten Ereignis machen.

Unter den Gefallenen der Schlacht befanden sich auch 105 Angehörige des Reserve-Polizei-Bataillons 65. In Anerkennung des Beitrages der Einheit zur erfolgreichen Verteidigung des Kessels durfte sich das Bataillon folglich Reserve-Polizei-Bataillon 65 „Cholm“ nennen.

Im Jahre 1944 erschien dann ein weiterer Band von Otto Karsten in der Reihe Schriftenreihe zur Truppenbetreuung, der sich mit der Schlacht um Cholm beschäftigte. Dieses Buch war offensichtlich dazu gedacht, den Durchhaltewillen der soldatischen Leser zu stärken, indem ihnen jener „Heldenkampf der Gruppe Scherer“ als Beispiel dienen sollte. Danach blieb die Schlacht um Cholm eine Randnotiz in den Überblickswerken zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges, zumal es sich nur um einen kleinen Kessel gehandelt hatte. Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema steht noch aus. Die Quellenlage ist dabei schlecht, denn während der Kämpfe wurden umfangreiches Aktenmaterial, Teile des Kriegstagebuches, Lagekarten und Befehle vernichtet. Ein Forschungsinteresse besteht jedoch, wie zuletzt im März 2005 die öffentliche Suchanzeige des amerikanischen Historikers Dirk Burgdorf nach Zeitzeugen der Schlacht zeigte.

Sowjetische Seite

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03_16/Russische Frauen bergen Tote mit Schlitten

Noch wesentlich schwieriger ist die Quellen- und Literaturlage in der frühen sowjetischen Publizistik. Die Belagerung von Cholm fand zunächst praktisch in keiner Veröffentlichung eine Erwähnung. In der offiziellen Geschichte des Grossen Vaterländischen Krieges heisst es lediglich, dass im Raum Cholm die 218. Infanterie-Division eingeschlossen worden sei. Abgesehen davon, dass sich nur wenige Teile dieser Division im Kessel befanden, wurde auch nichts weiter zu den Kämpfen ausgeführt.

Auf Lagekarten zu Operationen der Roten Armee aus der sowjetischen Literatur verlief die eingezeichnete Frontlinie auch immer östlich von Cholm, so als ob die Stadt nie hinter den sowjetischen Linien gelegen hätte. In der Советская Военная Энциклопедия von 1980 findet man unter dem Eintrag Cholm lediglich eine Erläuterung des Partisanenangriffs vom 18. Januar 1942, ohne jedoch zu erwähnen, dass die Partisanen sich bereits nach wenigen Stunden zurückziehen mussten, wie dies von einem der Verantwortlichen, A. N. Asmolov, schon 1969 richtig dargestellt worden war. Erst in der Zeit der Perestroika erschien mit den Erinnerungen des ehemaligen Generalleutnants G. G. Semjonov ein detaillierter Bericht über die Kämpfe um die Stadt. In diesem wurden vor allem die besondere Intensität der Kämpfe und die hohen beiderseitigen Verluste hervorgehoben, ohne jedoch genaue Angaben zu machen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion erschienen vermehrt operative Analysen des Krieges, in denen dem ganzen Ablauf des Kampfgeschehens – auch der Schlacht um Cholm – Rechnung getragen wird.

Über die Zahl der in der Stadt während der Kämpfe verbliebenen Zivilisten, deren Lebensbedingungen und Opfer ist nichts bekannt.

Unternehmen Trappenjagd (08.05.1942 – 19.05.1942)

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03_17/Kartenausschnitt Halbinsel Kertsch

Unternehmen Trappenjagd (8. bis 19. Mai 1942) war der Deckname für ein deutsch-rumänisches militärisches Unternehmen zur Eroberung der Halbinsel Kertsch an der Ostseite der Krim während des Zweiten Weltkrieges.

Ausgangslage
Die deutsche Wehrmacht war nach der Eroberung der Halbinsel Krim mit mehrfachen Landungsunternehmen durch sowjetische Truppen im Winter 1941/42 zurückgeschlagen worden (Kertsch-Feodossijaer Operation). Die Landungen erfolgten dabei in Eupatoria, zu beiden Seiten der Stadt Kertsch und bei Feodossija. Deutschen Verbänden, die aus der Sewastopol-Front herausgelöst worden waren, gelang es, sowohl Eupatoria im Westen als auch Feodossija im Osten der Krim zurückzuerobern und die sowjetischen Truppen in die Parpatsch-Stellung zurückzudrängen. Mehrere Angriffe aus dieser Stellung wurden im Laufe des Winters zurückgeschlagen.

Für die geplante Sommeroffensive (Fall Blau) der Wehrmacht war es wichtig, dass eine mögliche Flankenbedrohung von der Krim beseitigt wurde. Aus diesem Grund sollte erst die Halbinsel Kertsch zurückerobert und danach die Festung Sewastopol eingenommen werden.

Beteiligte Verbände

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03_18/Aufmarsch zum Angriff auf die Halbinsel Kertsch

Insgesamt bestanden die sowjetischen Verbände aus 26 Grossverbänden der 44. (Gen. Lt. Stepan I. Tschernjak), 47. (Gen. Major K. S. Kolganow) und 51. Armee (Gen. Lt. W. N. Lwow) der Krimfront unter dem Oberbefehl von Generalleutnant D. T. Koslow mit 17 Infanterie-Divisionen, drei Infanteriebrigaden, zwei Kavalleriedivisionen und vier Panzerbrigaden.

Die 3:1 unterlegenen deutsch-rumänischen Truppen der 11. Armee unter dem Oberbefehl von Generaloberst von Manstein waren aufgeteilt in drei Korps. Das XXX. Korps (General der Artillerie Maximilian Fretter-Pico) bestand aus drei Infanterie-Divisionen (28. leichte Division, 132. und 50. Infanterie-Division). Für den Angriff wurde dem Korps zusätzlich die neu aufgestellte 22. Panzer-Division angegliedert.

Das XXXXII. Korps (General der Infanterie Franz Mattenklott) befehligte die 170. und 46. Infanterie-Division. Ergänzt wurde der Angriffsverband durch das rumänische VII. Korps (Gen. Lt. Florea Mitrănescu) mit der rumänischen 19. und 10. Infanteriedivision sowie der rumänischen 8. Kavalleriebrigade.

Unterstützung erfolgte durch das VIII. Fliegerkorps unter Generaloberst von Richthofen, verstärkt durch weitere Kräfte der Luftflotte 4, so dass insgesamt etwa 460 Maschinen zur Verfügung standen, aufgeteilt in elf Kampf-, drei Stuka-, zwei Schlachtflieger- und fünf Jagdgruppen.

Die Schlacht
Eine grossräumige Umfassungsaktion war aufgrund der schmalen Landenge bei Parpatsch (18 km) nicht möglich. Trotzdem wollte Manstein die sowjetischen Truppen nicht nur zurückdrängen, sondern auf der Halbinsel Kertsch vernichten.

Der Plan sah vor, dass nach dem Durchbruch im Süden die Truppen im nördlichen Abschnitt eingekesselt werden sollten. Parallel dazu sollte ein schneller Vorstoss in Richtung des Ortes Kertsch geführt werden, durch den der Rückzug der sowjetischen Truppen und der Aufbau einer neuen Verteidigungslinie unterbunden werden sollte.

Den Deutschen kamen dabei eklatante Fehler der sowjetischen Militärführung entgegen. So hatten sie den Grossteil ihrer Truppen im nördlichen Frontvorsprung Kiet-Korpetsch konzentriert. Die sowjetischen Truppen rechneten auf Grund ihrer zahlenmässigen Überlegenheit nicht mit einem Angriff der Deutschen. Deshalb unterliessen sie den Ausbau tiefgestaffelter Verteidigungsanlagen und Auffanglinien, zudem waren ihre Kommandostellen und Artilleriestellungen schlecht getarnt.

Der südliche Abschnitt der 44. Armee war noch weniger auf den Angriff vorbereitet, weil man dort glaubte, der sumpfige Küstenstreifen würde alle Angriffe unmöglich machen.

Der deutsche Überraschungsangriff begann am 8. Mai 1942 um 4:15 Uhr. Nach 3 ½ Stunden gelang der Durchbruch durch die zweite Verteidigungslinie, einen Panzergraben. Verstärkt wurde der Überraschungseffekt durch das Anlanden eines Bataillons des Infanterieregiments 436 (132. Infanterie-Division) mit zusammenfaltbaren Sturmbooten hinter der zweiten Verteidigungslinie. Gezieltes Artilleriefeuer und die Einsätze des VIII. Fliegerkorps auf die Kommandostruktur der Krimfront führten schnell zu einer Lähmung der sowjetischen Truppen.

Nach dem Überwinden des Panzergrabens wurde die 22. Panzer-Division nach vorn gezogen. Das Ziel war, zum Asowschen Meer vorzustossen und die Einschliessung der 51. Armee zu vollenden. Des Weiteren wurde eine motorisierte Vorausabteilung des Korps (Oberst Groddeck) nach Osten geschickt. Sie sollte die Verbindung mit dem Infanterieregiment 436 herstellen, feindliche Kommunikationsverbindungen zerstören, den Aufbau einer neuen feindlichen Verteidigungslinie hinter dem Tatarengraben verhindern und die durch eine Umfassung der sowjetischen 51. Armee entstehende Ostflanke sichern.

Nicht die sowjetische Gegenwehr stoppte vorerst die deutschen Truppen, sondern ein starkes Gewitter, das dazu führte, dass beide motorisierten Einheiten (22. Panzer-Division und Brigade Groddeck) komplett stecken blieben.

Am 11. Mai 1942 erreichte die 22. Panzer-Division die Küste, damit waren grosse Teile der sowjetischen 51. Armee eingeschlossen. Die schnell von Westen nachrückenden Korps (XXXXII. und VII. rum.) beseitigten den Kessel und verfolgten aus dem Kessel entkommene Truppenteile an der Nordküste und im Mittelabschnitt.

Damit trieben alle drei Korps der 11. Armee die sowjetischen Truppen vor sich her. Erst in Kertsch konnten die sowjetischen Verbände eine Verteidigung aufbauen und setzten sich zäh zur Wehr, denn sie wollten so viele Einheiten wie möglich über die Strasse von Kertsch evakuieren. Kertsch wurde gleichzeitig von Süden und Norden angegriffen, Hauptziel war die Einnahme des Hafens, was am 14. Mai 1942 dem Infanterieregiment 213 der 170. Infanterie-Division gelang. Die Kämpfe um die Eroberung von Kertsch dauerten noch bis zum 20. Mai 1942. Einige sowjetische Einheiten verschanzten sich noch wochenlang, zudem waren grosse Teile der Stadt bergwerksartig unterhöhlt und bildeten ein unterirdisches Labyrinth von Widerstandsnestern (siehe Belagerung der Steinbrüche von Adschimuschkai).

Ergebnis
Die Verluste der deutschen Truppen beliefen sich auf 3397 Soldaten (davon 600 Gefallene), 8 Panzer, 3 Sturmgeschütze und 9 Geschütze.

Die sowjetischen Verluste beliefen sich insgesamt auf etwa 28.000 Gefallene, 170.000 Gefangene, 1133 zerstörte Geschütze, 258 zerstörte Panzer und 417 zerstörte Flugzeuge.

Nur etwa 37.000 Soldaten konnten sich unter schweren deutschen Luft- und Artillerieangriffen auf die Taman-Halbinsel jenseits der Strasse von Kertsch retten.

In knapp 14 Tagen hatte die 11. Armee die Bedrohung an ihrer Ostflanke beseitigt und einen dreifach überlegenen Gegner vernichtend geschlagen. Die Festung Sewastopol war auf sich allein gestellt.

Schlacht bei Charkow (12.05.1942 – 28.05.1942)

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03_19/Kartenausschnitt Charkow

Die Schlacht bei Charkow, auch Zweite Schlacht um Charkow, war eine grössere Schlacht im Deutsch-Sowjetischen Krieg, die vom 12. bis 28. Mai 1942 in der Nähe von Charkow (heute ukrainisch Charkiw) stattfand und nach sowjetischen Anfangserfolgen zur Einkesselung eines grossen Teils der Angriffsverbände durch einen deutschen Gegenangriff führte.

Charkow war aufgrund seiner zentralen Lage bei Vormarsch und Rückzug der deutschen Wehrmacht mehrfach umkämpft. Es fanden während des Zweiten Weltkrieges in der Region insgesamt vier Schlachten statt. Die erste ereignete sich beim deutschen Vormarsch im Oktober 1941. Im Februar und März 1943 entbrannten erneut heftige Kämpfe um die Stadt, die als Dritte Schlacht um Charkow bekannt wurden; nach zwischenzeitlicher Rückeroberung durch die Rote Armee folgte eine erneute deutsche Einnahme. Im August 1943 wurde die Stadt im Rahmen der Belgorod-Charkower Operation von sowjetischen Truppen endgültig zurückerobert.

Vorgeschichte
Im Dezember 1941 kam das Unternehmen Barbarossa auf der Linie Leningrad, Moskau und Rostow zum Erliegen. Das sowjetische Oberkommando (Stawka) brachte neue Reserven auf und lancierte ab Dezember verschiedene Gegenoffensiven entlang der ganzen Front, welche als Sowjetische 1. Winteroffensive bekannt wurden. Im Norden versuchten die Leningrader Front und die Nordwestfront in der Schlacht am Wolchow, den Belagerungsring um Leningrad zu öffnen. Die Nordwestfront und die Kalininer Front versuchten ebenfalls, mit einer Zangenbewegung Richtung Ostrow vorzugehen. Diese Bewegung führte zur Kesselschlacht von Demjansk. Vor Moskau wurde mit Teilen der Kalininer Front und der Westfront die Schlacht um Moskau geschlagen. Im Schwarzmeergebiet startete die Kaukasusfront einen Versuch, die Krim zurückzuerobern. Im Süden hatte die 1. Panzerarmee unter Ewald von Kleist Rostow Ende November wegen starker sowjetischer Gegenangriffe wieder aufgeben müssen. Die Front an der südlichen Ostfront stabilisierte sich am Mius.

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03_20/Karte der Schlacht bei Charkow

Am 5. Januar 1942 war General Friedrich Paulus unter gleichzeitiger Beförderung zum General der Panzertruppe zum Oberbefehlshaber der deutschen 6. Armee ernannt worden. Nach dem Tod des General von Reichenau hatte Generalfeldmarschall von Bock den Oberbefehl der übergeordneten Heeresgruppe Süd übernommen. Ab 18. Januar 1942 versuchte die sowjetische Süd- und Südwestfront südlich von Charkow einen Angriff zwischen Balakleija und Slawjansk über den Donez, um in Richtung zum Asowschen Meer durchzubrechen und damit die 1. Panzerarmee abzuschneiden und zu vernichten.

Die Front zwischen den inneren Flügeln der deutschen 6. und 17. Armee brach innerhalb weniger Tage zusammen. Der nördliche auf Krasnograd gerichtete Vorstoss durch die sowjetische 6. Armee (General Gorodnjanski) konnte von Alarmverbänden erst am Oriel-Abschnitt gestoppt werden. Der mittlere auf Dnepropetrowsk gerichtete Vorstoss durch die 57. Armee (General Podlas) drängte das XI. Armeekorps auf Losowaja zurück. Der südliche, von der 9. Armee (General Charitonow) und dem 5. Kavalleriekorps getragene Vorstoss auf Stalino (heute Donezk), drängte das deutsche XXXXIV. Armeekorps nach Südosten auf Kramatorsk ab, befreite am 24. Januar Barwenkowo und bedrohte das Hinterland der 1. Panzerarmee. Die Bahnlinien von Charkow nach Süden und von Poltawa nach Slawjansk waren durch den sowjetischen Durchbruch abgeschnitten. Mit Mühe führte die deutsche 6. Armee unter Einbeziehung starker rumänischer Kräfte taktische Gegenschläge durch, welche weitere Erfolge der Sowjets erst Ende Februar eindämmen konnten, die Lage aber nicht völlig entspannten. Der sowjetische Angriffsplan führte nicht zum vollen Erfolg, aber der gewonnene Frontbogen von Isjum brachte die nötigen Voraussetzungen für eine baldige Wiederaufnahme der Offensive.

Strategie und Planung
Sowjetische Strategie und Planung
Nach dem Ende der Winteroffensive wollten Stalin und die Stawka die Initiative nicht aus der Hand geben. Der Stawka war bewusst, dass die deutsche Wehrmacht für den Sommer eine erneute Offensive plante. Die Stossrichtung war jedoch unbekannt. Nach den starken Bemühungen der deutschen Wehrmacht im Herbst 1941 vermutete die Stawka eine Fortführung der Offensive in Stossrichtung Moskau. Gemäss der im Jahre 1941/42 üblichen strategischen Denkweise der Roten Armee wollte Stalin die deutsche Vorbereitung mit mehreren Offensiven entlang der gesamten Ostfront stören, anstatt die Kräfte für eine grosse Offensive zu konzentrieren.

Im nördlichen Sektor befahl Stalin am 9. April der Leningrader Front und der Wolchow-Front einen Entsatzangriff zur Befreiung der eingeschlossenen sowjetischen 2. Stossarmee. Am 22. April 1942 befahl er der Nordwestfront einen weiteren Angriff auf das seit Januar im Demjansker Kessel eingeschlossene deutsche II. Armeekorps. An der Westfront wurde bei Wjasma die eingeschlossene Gruppe Below verstärkt, damit diese sich freikämpfen konnte. Auf der Krim erhielt die Krimfront den Befehl, den Brückenkopf auf der Halbinsel Kertsch zu erweitern, um den Belagerungsring bei Sewastopol zu brechen. Anfang Mai wurde im Norden der Leningrader Front eine Offensive gegen die finnischen Truppen befohlen.

Die Offensive im Raume Charkow war dabei die grösste. Sie wurde geplant und durchgeführt durch die Südwestfront mit Hilfe der Brjansker Front und der Südfront.

Marschall Timoschenko, Kommandeur der Südwestfront, plante zwei Offensiven, welche sich in einer Zangenbewegung westlich von Charkow vereinigen sollten: Eine südliche Offensive aus dem Frontbogen von Isjum in Richtung Nordwesten, bis westlich von Charkow, und eine nördliche Offensive aus dem kleinen Brückenkopf bei Stary Saltow, westlich des nördlichen Don in Richtung Charkow. Die beiden Gruppenteile sollten sich westlich von Charkow verbinden, die Stadt einnehmen und die dann eingekesselten deutschen Truppen vernichten. Marschall Timoschenkos weiterer Plan sah vor, mit den vereinigten Truppen in einer weiteren, gemeinsamen Offensive, den wichtigen Knotenpunkt Dnipropetrowsk einzunehmen. Bei einem Erfolg wären die Nachschublinien der Heeresgruppe Süd ernsthaft gefährdet gewesen.

Deutsche Strategie und Planung
Nach den Kämpfen im Winter 1941/1942 wollte Hitler den Russlandfeldzug im Jahr 1942 zu Ende bringen. Im Gegensatz zum Unternehmen Barbarossa, bei welchem in drei strategischen Stossrichtungen angegriffen wurde, konzentrierte sich das OKH aufgrund der bereits erlittenen hohen Verluste nun auf eine einzelne strategische Stossrichtung: Die Offensive sollte im Süden weitergeführt werden, um die wirtschaftlich wichtigen Regionen im Donezbecken und im Kaukasusraum einzunehmen. Aufgrund der erwarteten wirtschaftlichen Schwächung der Sowjetunion durch diese Operationen sollte es, so die Hoffnung der deutschen Generäle, in der Folge möglich sein, mit einem Richtungswechsel der Heeresgruppe Süd nach Norden Moskau einzunehmen. Daraus entstand der Plan Fall Blau.

Im Vorfeld zum Fall Blau wurden zwei weitere Operationen zur Vorbereitung geplant. Die Operation Kreml war ein Ablenkungsmanöver, welches eine grössere Offensive der Heeresgruppe Mitte auf Moskau vortäuschen sollte und in der Tat zur sowjetischen Fehleinschätzung der strategischen Lage beitrug. Die Operation Fridericus hatte hingegen zum Ziel, den Frontbogen von Isjum zu vernichten, denn die Heeresgruppe Süd hatte Bedenken, dass sich der sowjetische Brückenkopf negativ auf die geplante Sommeroffensive im Süden auswirken könnte. Geplant war ein Angriff der 6. Armee von Norden und von der 1. Panzerarmee von Süden Richtung Isjum. Für diesen Angriff wurden starke Verbände in Charkow und bei Slawjansk zusammengezogen. Diese Vorbereitungen, welche der Stawka unbekannt blieben, hatten starken Einfluss auf den Ausgang der sowjetischen Charkow-Offensive, da die deutschen Kräfte um Charkow aus diesem Grund deutlich stärker waren, als es die Rote Armee erwartet hatte.

Aufstellung
Sowjetische Aufstellung
Der Angriff sollte durch die Südwestfront und den nördlichen Flügel der Südfront geführt werden. Marschall Timoschenko und sein Stabschef Bagramjan setzten vier Armeen direkt zum Angriff an. Zu Beginn der Offensive konzentrierte die Stawka eine Panzer-gruppe mit 925 Panzern. Die Gruppe bestand aus drei Panzerkorps (21., 22. und 23.) und 9 separaten Panzerbrigaden. Das 22. Panzerkorps (Oberst Alexander Schamschin) wurde der 38. Armee unterstellt und auf die Schützendivisionen aufgeteilt. Das 21. (Generalmajor Grigori Kusmin) und 23. Panzerkorps (Generalmajor Jefim Puschkin) wurde dagegen zum Durchbruch konzentriert und bildeten zusammen mit dem 6. Kavalleriekorps (General A. A. Noskow) die mobile Armeegruppe Bobkin.

Nördlicher Sektor
Der Nördliche Sektor befand sich östlich von Charkow.

  • Armee (Generalmajor W. N. Gordow): am rechten Frontflügel östlich von Belgorod. Auftrag: Absicherung der Flanke
  • Armee (Generalleutnant D. I. Rjabyshew): nördlich von Stary Saltow. Auftrag: Angriff auf der Linie Petropawlowka–Russkije Tischki (Richtung Westen)
  • Armee (Generalmajor Kirill Moskalenko): südlich von Stary Saltow. Auftrag: Angriff auf der Linie Seredowka–Tsirkuny (Richtung Westen) / Sicherung der rechten Angriffsflanke bis Höhe Balakleja

Südlicher Sektor
Der Hauptangriff sollte aus dem südlichen Sektor kommen. Dieser befand sich im Norden des Frontbogen von Isjum und war dadurch stark exponiert.

  • Armee (Generalleutnant A. M. Gorodnjanski): südlich von Charkow. Auftrag: Sicherung der linken südlichen Angriffsflanke. Angriff in nordwestlicher Richtung.

Armeegruppe Bobkin (Generalleutnant L. W. Bobkin): Während der Planung wurde aus zwei Panzerkorps und Teilen der 6. Armee die Gruppe Bobkin gebildet. Diese wurde an der linke Flanke der 6. Armee zum Hauptangriff angesetzt. Auftrag: Angriff in nordwestlicher Richtung und Sicherung des linken Flügels der Südwestfront.

Mitten im Frontbogen übernahm die Südfront die Sicherung der südlichen Frontlinien. Der Kommandeur, Generaloberst R. I. Malinowski, stellte in diesen Abschnitt zwei Armeen.

  • Armee (Generalleutnant K. P. Podlas): südwestlicher Abschnitt des Isjumer Frontbogen bis Barwenkowo. Auftrag: Sicherung der linken Flanke der Südwestfront
  • Armee (Generalmajor F. M. Charitonow): südöstlicher Abschnitt des Isjumer Frontbogen von Barwenkowo bis Slawjansk. Auftrag: Sicherung der linken Flanke der Südwestfront
  • Der 9. und 57. Armee standen zur Sicherung der 176 km langen Südgrenze des Isjumer Frontbogens nur 11 Schützendivisionen und eine Schützenbrigade zur Verfügung. Weitere Kräfte der Südfront waren vor Rostow und Woroschilowgrad für die Sicherung der restlichen Südfront gebunden. Diese Truppen sollten jedoch bei Bedarf an die linke Flanke der Südfront gebracht werden.

Deutsche Aufstellung
Raum Charkow
Die deutsche 6. Armee befand sich auf der linken Flanke der Heeresgruppe Süd und besetzte das Gebiet von Kursk bis zur südwestlichen Spitze des Isjumer Frontbogens. Im Raum Charkow befanden sich zum Zeitpunkt des Angriffes:

  • Armeekorps : Bei Belgorod, nördlich von Charkow
  • Armeekorps: Bei Tscheremeschnoje, zwischen Belgorod und Charkow
  • Armeekorps: Bei Tschugujew östlich von Charkow bis Smijew südlich von Charkow
  • Armeekorps: Von Smijew, südwestlich von Charkow

Südlicher Frontbogen
Der südliche Abschnitt der Heeresgruppe Süd wurde durch die deutsche 17. Armee und die 1. Panzerarmee verteidigt. An den rechten Flügel der 6. Armee fügten sich folgende Verbände:

  • Rumänisches VI. Armeekorps: Besetzte den östlichen Abschnitt des Frontbogens.
  • Armeekorps: Bei Pawlograd, im südwestlichen Frontbogen.
  • Armeekorps (mot.): Bei Stepanowka, vor dem südlichen Frontbogen.
  • und XXXXIV. Armeekorps: Im Raum Slawjansk
  • Weitere Verbände der 17. Armee besetzten die Front bis zum Asowschen Meer.

Die Schlacht
Timoschenkos Offensive
Der sowjetische Angriff, an dem rund 380.000 Soldaten teilnahmen, begann am 12. Mai 1942. Timoschenkos Grossoffensive zielte jetzt mit der Hauptmacht direkt auf Charkow. Aus dem Isjumer Frontbogen traten die Truppen der Südwestfront (6., 9., Teile 38. und 57. Armee, unterstützt von fünf Panzerkorps sowie 13 separate Panzerbrigaden) nach Nordwesten und Westen gegen die deutsche 6. Armee an. Die sowjetische 28. Armee führte nördlicher einen separaten Angriff gegen die Front des deutschen XVII. Armeekorps (General Hollidt) bei Woltschansk, der nach geglücktem Durchbruch ins nördliche Vorfeld von Charkow gelangen sollte. Die vorderen Verteidigungsstellungen des VIII. Armeekorps (General Heitz) fielen rasch, die Rote Armee gewann schnell an Raum. Die Front der 62. Infanterie-Division brach bei Lichatschewo unter dem Ansturm mehrerer Schützendivisionen und von mehr als 300 Panzern schnell zusammen. Ebenso wenig konnte die 294. Infanterie-Division bei Ternowaja den Ansturm der 28. Armee (General Rjabyschew) standhalten und musste zurückweichen. Die sowjetische 38. Armee schloss südlich davon an und hielt die Verbindung zwischen beiden Angriffsgruppen aufrecht, zudem deckte diese Armee den Donez-Abschnitt zwischen Stary Saltow und Balakeja gegenüber dem deutschen LI. Armeekorps. Moskalenkos Truppen kamen 6 km voran und kämpften an der Linie Nowo Alexandrowka und Tscherwona Rogana, als ein Gegenangriff der deutschen 3. Panzer-Division auf Stary Saltow die dort stehenden sowjetischen Truppen zum Rückzug auf das Ostufer der Bolschaja Babka zwang. Nach Süden verzeichneten die sowjetische 9. und 57. Armee keinen Raumgewinn, weil diesen Grossverbänden vorrangig die Deckung der Südflanke zufiel. Am 14. Mai brachen Truppen der sowjetischen 6. Armee den deutschen Widerstand bei Bischkin und Bereka und drangen an der Front des VIII. Armeekorps ein. Nur durch das Eingreifen des deutschen VIII. Fliegerkorps konnten die Spitzen des sowjetischen 21. (General Kusmin) und 23. Panzerkorps (General Puschkin), etwa 20–25 km von Charkow entfernt, entlang des südlichen Vorfeldes der Stadt gestoppt werden. Das am weitesten nach Westen durchgebrochene sowjetische 6. Kavallerie-Korps umfasste Krasnograd bereits von Norden, Osten und Süden. Ein deutscher Gegenstoss der neu herangeführten 305. Infanterie-Division in die Flanke der Armeegruppe Bobkin konnte die unmittelbare Bedrohung von Poltawa aufheben. Die von Timoschenko geplante Einkesselung des deutschen VIII., XVII. und LI. Armeekorps gelang nicht. Die sowjetische Stosskraft liess schneller nach als erwartet, gleichzeitig erhärtete sich der deutsche Widerstand.

Deutscher Gegenangriff
Am 17. Mai begann die deutsche Gegenoffensive durch die Armeegruppe Kleist: Das III. Panzerkorps (General von Mackensen) trat als Spitze des Angriffskeiles von Süden her mit stärkeren Panzerkräften (14. und 16. Panzer-Division, 60. mot. Division) gegen das Hinterland der sowjetischen Angriffsarmeen an. Das im Raum Losowaja stehende XI. Armeekorps, das beidseitig von zahlreichen verbündeten Truppen (rumänisches VI. Armeekorps) gedeckt war, versuchte sich dem Angriff am westlichen und südwestlichen Abschnitt des Frontvorsprunges anzuschliessen. Kleists Truppen stiessen von Slawjansk (LII. Armeekorps), Barwenkowo (III. Panzerkorps) und Losowaja (XI. Armeekorps) gemeinsam nach Norden vor. Vorsorglich hatte das Oberkommando der deutschen 6. Armee den eigenen gehaltenen Donez-Vorsprung von Andrejewka im Januar nicht aufgegeben, jetzt bot er General Paulus die Möglichkeit eines Flankenstosses gegen die nach Charkow durchgebrochenen Sowjetarmeen. Teile der den Raum Charkow sichernden 3. und 23. Panzer-Division versuchten von Norden her den Panzern Kleists entgegenzustossen. Am 19. Mai erreichten Kleists Verbände die Linie Südrand Isjum – Kamyshewaja, die Panzertruppen überschritten die Bereka bei Petrowskoje. Am Abend dieses Tages verdichteten sich vor dem VIII. Armeekorps der Eindruck, dass die sowjetische Angriffskraft in Richtung auf Charkow den Höhepunkt überschritten hatte, der drohende Durchbruch war zum Stehen gebracht. Am 20. Mai wurde der nördliche Stosskeil der Gruppe von Mackensen vom sowjetischen II. Kavalleriekorps an der westlichen Flanke bei Gawrilowka heftig angegriffen. Nachgezogene Infanterie der 1. Gebirgs-Division, der 389. und 384. Infanterie-Division übernahmen bereits den Schutz der Westflanke. Der 14. Panzer-Division gelang am 22. Mai die Einnahme von Gussarowka, damit war die Breite des westlichen sowjetischen Brückenkopfes am Donez mehr als halbiert. Die vier südlich der Stadt Charkow im Angriff stehenden sowjetischen Armeen wurden von der drohenden Einkesselung völlig überrascht. Beim VIII. Armeekorps begann die 305. Infanterie-Division ihren Übergang an der Berestowenka, die 113. Infanterie-Division ging bei Taranowka nach Süden vor. Am Nordabschnitt bei Ternowaja konnte das XVII. Armeekorps die verlorene Verbindung mit dem Südflügel des XXIX. Armeekorps am Murom wiederherstellen, ab 22. Mai musste die sowjetische 28. Armee in Abwehrstellung übergehen.

Am 23. Mai konnte sich die von Süden wirkende Angriffsgruppe von Mackensen (III. Panzerkorps) mit der über Andrejewka kommenden Korpsgruppe Breith (Teile 3. und 23. Panzer-Division, sowie 44. Infanterie-Division) vereinigen. Am 25. Mai verübten der Oberbefehlshaber der 57. Armee, General Podlas und sein Stabschef Selbstmord, am 26. Mai wurde General Bobkin nahe dem Dorf Krutojarka tödlich getroffen und am 27. Mai fiel General Gorodnjanski, der Oberbefehlshaber der 6. Armee, bei den Ausbruchsversuchen. Generalmajor A. A. Noskow, Kommandeur des eingeschlossenen 6. Kavallerie-Korps, wurde gefangen genommen. Die eingeschlossenen sowjetischen Truppen versuchten bis 27. Mai nach Südosten auszubrechen. Rund 240.000 sowjetische Soldaten gerieten in Kriegsgefangenschaft, etwa 1250 sowjetische Panzer wurden in den Kämpfen vernichtet oder erbeutet. Die für die sowjetische Frühjahrs- und Sommeroffensive vorgesehenen Kräfte waren nicht mehr vorhanden.

Bedeutung der Schlacht
Der Sieg bei Charkow war gleichzeitig eine der letzten siegreichen Kesselschlachten der Wehrmacht. Durch diesen Sieg erkämpften sich die Deutschen die strategischen Voraussetzungen für die Sommeroffensive 1942.

Belagerung der Steinbrüche von Adschi-Muschkai (13.05.1942 – 30.10.1942)

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03_21/Kartenausschnitt der Halbinsel Kertsch

Die Belagerung der Steinbrüche von Adschi-Muschkai war ein Ereignis des Deutsch-Sowjetischen Krieges auf der Krim im Jahr 1942. In den unterirdischen Katakomben leisteten 13.000 Rotarmisten 170 Tage lang erbitterten Widerstand gegen die Angriffe der deutschen Wehrmacht. Nachdem die Wehrmacht im Rahmen des Unternehmens Trappenjagd einen Sieg über die sowjetischen Truppen errungen hatte, zogen sich die noch intakten Teile der sowjetischen Krimfront auf die Halbinsel Taman zurück. Ein Verband von ca. 13.000 Mann unter dem Befehl von Oberst Pawel Jagunow deckte den Rückzug. Er verschanzte sich ab dem 13. Mai in den Steinbrüchen von Adschi-Muschkai (krimtatarisch Acı Muşqay), einem nördlichen Vorort der Stadt Kertsch. 

Der Kalksteinabbau in diesem Gebiet datiert bis zur Antike zurück, so dass dort weitverzweigte unterirdische Katakomben bestanden. Etwa 10.000 Mann fanden in den Grossen und etwa 3000 Mann in den Kleinen Katakomben einen Rückzugsraum.

Anfänglich konnten die Deutschen nicht nachvollziehen, woher die plötzlich in ihrem rückwärtigen Gebiet angreifenden Teile der Roten Armee kamen. Doch bald wurde das Versteck entdeckt und zusätzliche Wehrmachtsverbände angefordert. Durch intensive Angriffe konnten die deutschen Truppen die Rotarmisten ins Innere der unterirdischen Steinbrüche drängen, jedoch erwiesen sich jegliche Versuche, die Katakomben zu erstürmen, als erfolglos. Jagunows Truppen wehrten alle Angriffe ab.

Die Katakomben waren nicht für eine Langzeit-Belagerung ausgelegt. Es gab keine grossen Essens-, Medizin-, Waffen- und Munitionsvorräte und die Brunnen befanden sich ausserhalb. Jeder Ausfall, um ans Wasser zu kommen, wurde von Kämpfen begleitet. Später schrieben die Überlebenden, dass jeder Eimer Wasser mit einem Eimer Blut bezahlt werden musste. Bald konnten die Deutschen anhand der sowjetischen Ausfälle das Wasserproblem der Belagerten erkennen und schütteten die Brunnen zu.

Die Situation wurde für die Belagerten zunehmend kritisch, da es an Munition, Essen und Wasser fehlte. Deutsche Pioniere sprengten Stolleneingänge zu. Am 30. Oktober 1942 konnten die Deutschen die Katakomben schliesslich einnehmen und die wenigen noch überlebenden Verteidiger gefangen nehmen. Von den ca. 13.000 Rotarmisten, die sich in die Katakomben begeben hatten, überlebten nach einer 170-tägigen Belagerung nur 48. Einige von ihnen wurden von den Deutschen in Simferopol hingerichtet.

Die Verteidigung der Steinbrüche von Adschi-Muschkai wird in mehreren literarischen Werken behandelt. Seit 1966 besteht in den Katakomben ein Museum, seit 1982 eine oberirdische Gedenkstätte.

Schlacht von Bir Hakeim (26.05.1942 – 11.06.1942)

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03_22/Kartenausschnitt Nordafrika

Die Schlacht von Bir Hakeim (manchmal auch Bir Hacheim geschrieben) fand von 26. Mai bis 11. Juni 1942 während des Krieges in Nordafrika im Zweiten Weltkrieg statt. Im Verlauf des Unternehmens Theseus konnte bei der libyschen Wüstenoase Bir Hakeim eine Brigade französischer Truppen für die Befreiung Frankreichs (FFL) unter Brigadegeneral Marie-Pierre Kœnig den Vorstoss der Truppen von Generaloberst Rommel über zwei Wochen lang aufhalten.

Ausgangslage
Bir Hakeim war Teil des ausgedehnten Gürtels von Abwehrstellungen (sogenannte Boxen), den die Alliierten zur Abwehr eines gegnerischen Vorstosses angelegt hatten. Jede dieser sogenannten Boxen der Gazala-Linie wurde von einer alliierten Brigade gesichert. Die Box der Freifranzosen war als südlichster Punkt der Linie um eine ausgetrocknete Oase und ein verlassenes Fort herum errichtet. Die freifranzösische Brigade bestand aus zwei Bataillonen der Fremdenlegion, und je einem Bataillon Marine-infanterie, Marinefüsiliere, zentralafrikanischer Kolonialinfanterie und pazifischer Kolonialinfanterie. Am 26. Mai 1942 startete Generaloberst Erwin Rommel in der Kyrenaika das Unternehmen Theseus mit dem Ziel, Tobruk und El Alamein zu erobern und damit dem Krieg in Nordafrika eine für die Achsenmächte entscheidende Wendung zu geben. Zu Beginn der Offensive wurden die alliierten Truppen in der Mitte der Gazala-Linie geschlagen und zum Rückzug gezwungen. Nur die Boxen Bir Hakeim und Ualeb hielten dort noch stand.

Verlauf
Rommel liess die Pionierbataillone 33, 200 und 900 durch die Minenfelder zwischen Ualeb und Bir Hacheim von Norden nach Süden angreifen. Am 8. Juni standen die Pioniere ca. 6 km vor Bir Hacheim. Rommel verstärkte die Kampftruppe unter dem Kommando von Oberst Hecker mit der Gebirgsjägerkompanie, der Panzerjägerkompanie und dem Aufklärungszug des Sonderverbandes 288, ausserdem mit Teilen der Kampfstaffel Kiehl. Bis zum Abend focht sich die Kampftruppe bis auf 500 m an die Festung heran. In der Nacht gelang es, Maschinengewehrstellungen zu besetzen. Am 9. Juni wurde der Kampf fortgesetzt. Am Abend des 10. Juli war die Kampftruppe Hecker soweit in die Stellungen eingebrochen, dass die Alliierten versuchten auszubrechen.

Im Schutze der Dunkelheit brachen in der Nacht zum 11. Juni die französischen Truppen aus dem Fort aus und kämpften sich unter Verlust von 500 Mann zu den britischen Linien durch. Diese Ausbruchsversuche endeten mit hohen Verlusten für beide Seiten und mit Erfolg für die Franzosen. Als die Deutschen am nächsten Morgen die Stellung einnahmen, gerieten 500 Verwundete in ihre Gefangenschaft.

Folgen
Rommel hatte bei der Einnahme von Bir Hakeim wertvolle Zeit vertan, so dass der Grossteil der eigentlich geschlagenen 8. Armee einen geordneten Rückzug durchführen konnte. Dennoch ging Tobruk verloren, doch bei El Alamein konnte Rommels Vorstoss zum Stehen gebracht werden. Sein letzter Versuch, den Krieg in Nordafrika nachhaltig für die Achsenmächte zu entscheiden, war damit nicht zuletzt am entschlossenen Widerstand der freifranzösischen Truppen gescheitert.

Rolle in der Erinnerungskultur
Auch wenn die Schlacht letztlich nur eine Episode des Krieges in Nordafrika war, so gilt sie doch in Frankreich als Beginn der Wiederherstellung der militärischen Ehre des Landes nach der schmachvollen Niederlage von 1940. Sie wurde in der freifranzösischen Propaganda, aber auch in der deutschen stark herausgestellt und trug zum Entstehen des „gaullistischen Mythos“ bei.

In Paris erinnern daher unter anderem eine Metro-Station und eine Brücke über die Seine im XV. Arrondissement, der Pont de Bir-Hakeim, an sie. Auch das musée de l’armée im Invalidendom würdigt die Schlacht durch eine Ausstellung mit zahlreichen Exponaten. Eine Gruppe von Maquisards in den Cevennen führte bereits im Zweiten Weltkrieg zur Erinnerung an diesen Erfolg den Namen Bir Hakeim.

Kesselschlacht bei Kalatsch (25.06.1942 – 11.08.1942)

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03_23/Kartenausschnitt Kalatsch

Die Kesselschlacht bei Kalatsch vom 25. Juli bis 11. August 1942 war ein Teil der Kämpfe im Donbogen während der deutschen Sommeroffensive 1942 im Süden der Ostfront. Sie führte zu einem kleineren Erfolg der deutschen 6. Armee auf ihrem Vormarsch nach Stalingrad.

Hintergrund
Die Winteroffensive 1941/42 der Roten Armee wurde von der Wehrmacht unter enormen Verlusten aufgehalten und die Ostfront stabilisiert. Im Rahmen einer deutschen Gegenoffensive während der Schlacht bei Charkow wurden im Mai 240.000 Rotarmisten gefangen genommen. Im Vorfeld der geplanten deutschen Sommeroffensive im Süden der Ostfront wurde u. a. auch die Halbinsel Krim inklusive der belagerten Festung Sewastopol vollständig eingenommen. Mit dem Ziel, den Weg nach Stalingrad (heute Wolgograd) und den Kaukasus freizumachen, sollte nun der Donbogen erobert werden.

Die am 28. Juni begonnene Sommeroffensive der Heeresgruppe Süd unter dem Decknamen „Fall Blau“ zielte auf die Sicherung der Erdölvorkommen im Kaukasusvorland und die Eroberung Stalingrads an der Wolga. Um diese beiden Ziele gleichzeitig verfolgen zu können, wurde die Heeresgruppe Anfang Juli in die Heeresgruppen A und B aufgeteilt. Die der Heeresgruppe B unterstellte 6. Armee unter General der Panzertruppe Friedrich Paulus erhielt den Befehl, den Vormarschweg im Donezk-Gebiet freizukämpfen, während andere Teile der Heeresgruppe den wichtigen Knotenpunkt Woronesch einnahmen.

Da Hitler angesichts der Weite des geplanten Operationsgebietes Nachschubprobleme befürchtete, ordnete er an, dass, anstelle der weiträumigen Umfassungsoperationen des Jahres 1941 mit grossen Kesselbildungen, diesmal mittels kleiner Kessel operiert werden sollte. Infolge des raschen und geordneten Rückzugs der Roten Armee waren die Gebiete der zwei kleinen Kessel beinahe leer. Hinzu kam, dass die deutschen Verbände für eine Eroberung des stark verteidigten Woronesch letztlich unzureichend waren. Daher blieb der Vormarsch trotz Anfangserfolgen am Tim (Fluss durch Woronesch) stecken und der Verkehrsknotenpunkt weiterhin unter sowjetischer Kontrolle. Die späteren Truppenverschiebungen der sowjetischen Streitkräfte, welche schliesslich die von rumänischen und italienischen Verbänden gedeckte Nordflanke der deutschen Front zerschlugen, wurden dadurch ermöglicht.

Die Kesselschlacht
Die 6. Armee näherte sich Ende Juli 1942 dem Scheitelpunkt der Donschleife bei Kalatsch am Don, etwa 85 km westlich von Stalingrad. Das sowjetische Oberkommando entschied sich, die Donübergänge in diesem Gebiet zu verteidigen und konzentrierte seine Truppen, hauptsächlich die neu aufgestellte sowjetische 1. Panzerarmee und einen Grossteil der 62. Armee der Stalingrader Front, im hügeligen Gelände westlich von Kalatsch. Wegen des ab 23. Juli beginnenden sowjetischen Widerstandes sowie wegen Mangels an Betriebsstoff lag die 6. Armee für volle zwei Wochen fest.

Sowjetische Gegenangriffe
Die 16. Panzer-Division wurde am 23. Juli bei Kisilew von fast 200 Panzern angegriffen, die um Perelasowskij versammelte 113. Infanterie-Division musste vor sowjetischen Truppen, die ebenfalls von Panzern unterstützt wurde, in Verteidigung übergehen. Weiter nördlich konnte das XIV. Panzerkorps mit der 3. und 60. motorisierten Division in die Gegend 25 km nördlich von Kalatsch durchdringen, geriet dann in schwersten Abwehrkampf und musste sich in den Raum Lipologowskij zurückziehen.

Im Don-Bogen war das XI. Armeekorps mit der 100. Jäger-Division bis südlich von Kletskaja vorangekommen. Am 25. Juli konnte die Rote Armee die Rückzugslinie des XIV. Panzerkorps abschneiden, die deutsche Vorhut musste sich zurückziehen. Nur die massierte Unterstützung und die Notversorgung durch Einsatz des VIII. Fliegerkorps (General Martin Fiebig) konnte die schwer ringende Erdtruppe vor der Einkesselung retten. Am folgenden Tag konnte südlich des Tschir, das über Morosowskaja herankommende LI. Armeekorps mit der 71. Infanterie-Division den Don bei Nischne-Tschirskaja erreichten und mit der 297. Infanterie-Division den Tschir ostwärts der Liska-Mündung überschreiten. Schon am 28. Juli musste General von Seydlitz-Kurzbach das bereits gewonnene Werchne Tschirskaja vor feindlichen Panzerangriffen wieder aufgeben, nördlich davon lag die 44. Infanterie-Division am nördlichen Ufer des Tschir fest. Die deutsche Luftaufklärung stellte im westlichen Don-Brückenkopf von Kalatsch über 300 sowjetische Panzer fest, welche bei Skworin begann, das XIV. Panzerkorps an der Südflanke anzugreifen. Das Eingreifen des VIII. Armeekorps, das über Businowka nach Osten vorging, kämpfte an diesem Tag die Versorgungslinie des Panzerkorps frei.

Südlich des Tschir war das XXIV. Panzerkorps mit der 24. Panzer-Division vor Werchne Tschirskaja eingetroffen und entlastete das LI. Armeekorps, das den eigenen Schwerpunkt nach Norden verlagerte. Die im Westen bei Kalmykow angelangte 384. Infanterie-Division wurde durch überlegene Panzerkräfte mehrere Kilometer nach Norden zurückgedrängt. Am nördlichen Abschnitt wurde der sowjetische Don-Brückenkopf bei Serafimowitsch durch ein Infanterieregiment der 305. Infanterie-Division im ersten Anlauf genommen und an das nachgezogene XVII. Armeekorps (vorerst mit italienischer 3. Division „Celere“) übergeben.

Gegen die aus dem Don-Bogen zwischen Kletskaja und Golubinskaja angreifende sowjetische 4. Panzerarmee (General Krjutschenkin) baute das VIII. Armeekorps mit der 376., der 305., 113. und 384. Infanterie-Division allmählich eine neue Front nach Osten auf. Die Ankunft der 389. Infanterie-Division bei Manoilin verstärkte die 100. Jäger-Division bei den Abwehrkämpfen im Raum Businowka. Die von General Paulus angestrebte Umfassung über die zwischen den Tschir und den Don angreifende sowjetische 62. Armee zeichnete sich bereits ab.

Ausklang der Kämpfe
Am 4. August hatten im Süden die Angriffsspitzen der nach Nordosten gerichteten deutschen 4. Panzerarmee (14. Panzer-Division und 29. mot. Division) den Aksai-Abschnitt erreicht und bedrohten die tiefe offene Flanke der sowjetischen Verteidigung (51. Armee) von Stalingrad. Nachdem es den Deutschen gelungen war, die Bahnstrecke Lissitschansk-Millerowo herzurichten, waren die Transportkolonnen nicht mehr auf die weit längere Entfernung von Charkow angewiesen. Bis 6. August waren die Munitionsausstattung und die Vorräte an Betriebsstoff der 6. Armee wieder aufgefüllt, das Oberkommando der Wehrmacht befahl Paulus zur Umfassung anzusetzen.

Für den 7. August befahl Paulus den Angriff: Von Süden hatte das XXIV. Panzerkorps (mit 151 Panzern) vom Unterlauf des Tschir nach Norden und das XIV. Panzerkorps (mit 191 Panzern) aus dem Raum nordwestlich von Kalatsch nach Süden durchzubrechen und die dadurch eingeschlossenen Feindkräfte den Rückzug über den Don abschneiden. Das XI. Armeekorps hatte einen Ausbruch des Feindes nach Nordwesten zu verhindern, das VIII. Armeekorps die Nordostflanke zu sichern. Im Südwesten hatte die 44. Infanterie-Division den Kessel gegen den Dobrinka-Abschnitt einzuengen. Die 24. Panzerdivision, welche die 76. Infanterie-Division nachfolgte, erreichte die Höhen 12 km nördlich von Rytschow.

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03_24/SPW des Schützenbataillons 64 beim Vormarsch zum Don

Westlich davon begleitete die 297. Infanterie-Division das Vorgehen und drang in Buratskij ein. Von Norden gelang der 16. Panzerdivision bei weit stärkerer Abwehr seitens der Sowjets der Durchbruch östlich des Liska-Abschnittes auf Ostrow. Gegen 15 Uhr erreichte der nördliche Zangenarm die Höhen 6 km westlich von Kalatsch. Die 60. mot. Division drang über Skowrin nach Südwesten vor, während die 3. mot. Division gegenüber eingegrabenen Panzern nicht vorwärts kam. Das VIII. Fliegerkorps leistete den beiden Panzer-Korps unschätzbare Unterstützung aus der Luft. Starke sowjetische Gegenangriffe aus dem Don-Vorsprung von Kletskaja durch die sowjetische 21. Armee in den Rücken der deutschen 6. Armee, wurden rechtzeitig von der vorübergehend Paulus zugeteilten 22. Panzer-Division eingedämmt.

Am Morgen des 8. August trafen sich die Panzerspitzen der 16. und 24. Panzer-Division planmässig auf den Höhen westlich von Kalatsch. Der Ring um die sowjetische 1. Panzerarmee und 62. Armee war geschlossen. Bis zum 11. August kapitulierten nach deutschen Angaben 57.000 Rotarmisten.

Folgen
Die Kesselschlacht von Kalatsch bot die Voraussetzung für den anschliessenden deutschen Angriff auf Stalingrad. Die Rote Armee gewann aber durch ihren Widerstand wertvolle 18 Tage, welche zum Ausbau der noch unzureichenden Verteidigung von Stalingrad gewonnen wurden. Die 6. Armee bildete bei Kalatsch einen starken Brückenkopf über den Don, das letzte Hindernis vor Stalingrad war mit zwei Wochen Verspätung überwunden. So wurde Stalingrad durch die letzte erfolgreiche Kesselschlacht der Wehrmacht erst am 23. August erreicht.

Paulus erfolgreiches Vorgehen steigerte seinen Ruhm als Taktiker, und letztmals gab man sich auf deutscher Seite Hoffnungen auf einen baldigen sowjetischen Zusammenbruch hin, obwohl die Zahl der in Gefangenschaft geratener Rotarmisten relativ gering war, da die Rote Armee den Vorstoss der 6. Armee nicht aufhalten, sondern nur kurzzeitig stören sollte. Diese Taktik ermöglichte somit den Ausbau der sowjetischen Verteidigung in Stalingrad.